Medikamente im Wasser

Richtige Arzneimittelentsorgung: Umweltministerium setzt auf Apotheker

Berlin - 07.11.2018, 15:00 Uhr

Still ruht der See – wie Gewässer von Arzneimittelrückständen entlastet werden können, dazu hat die Regierung noch wenig konkrete Ideen. (c / Foto: imago)

Still ruht der See – wie Gewässer von Arzneimittelrückständen entlastet werden können, dazu hat die Regierung noch wenig konkrete Ideen. (c / Foto: imago)


Apotheker als Entsorgungs-Coaches

Und was plant die Regierung gegen die Gewässerbelastung zu unternehmen? Aus der Antwort des Ministeriums geht hervor, dass die Pläne dazu erst konkretisiert werden müssen. Vor zwei Jahren sei der sogenannte Stakeholderdialog etabliert worden, der die „ Spurenstrategie des Bundes“ entwickeln soll, deren Maßnahmen bis zum Frühjahr 2019 in vier Arbeitsgruppen ausgearbeitet werden sollen. Dabei soll es unter anderem um Maßnahmen zur Umsetzung der Herstellerverantwortung und zu verstärkten Öffentlichkeitskampagnen zur fachgerechten Entsorgung gehen.

Was die Aufklärung der Bevölkerung betrifft, dazu verweist das Ministerium auf verschiedene Informationsmaterialen des Umweltbundesamtes, die schon jetzt zur Verfügung stehen sowie auf die Verantwortung der Apotheken. „Eine Information und Beratung in den Apotheken über die sachgerechte Entsorgung von Arzneimitteln ist grundsätzlich bereits vorgesehen (§ 20 Absatz 2 der Apothekenbetriebsordnung)“, schreibt der parlamentarische Staatssekretär Florian Pronold (SPD). Für diese Aufgabe sollen die Apotheker durch das Umweltbundesamt offenbar zusätzlich fit gemacht werden: „Darüber hinaus läuft aktuell ein Pilotprojekt, in dem die Apotheken hinsichtlich eines nachhaltigen Umganges mit Arzneimitteln informiert und sensibilisiert werden sollen.“ 

Arzneimittelrücknahmesysteme nicht erforderlich

Kernelemente der Öffentlichkeitskampagne des Umweltbundesamtes sind es, dass Arzneimittelreste nicht über die Toilette, Waschbecken oder Spüle entsorgt werden sollen, sondern über den Restmüll. Es sei denn, in der Packungsbeilage sind gesonderte Vorschriften genannt. Den allermeisten Apothekern dürfte dies bereits bekannt sein. Bis vor zwei Jahren gab es in Apotheken noch Arzneimittelrücknahmesysteme. Die Frage der FDP, ob diese Systeme wieder eingeführt werden sollen, verneinte das Ministerium. Die Entsorgung über den Restmüll ist aus Sicht der Bundesregierung sicher genug.

Falsche Medikamentenentsorgung nicht Hauptursache

Doch welchen Anteil macht eine unsachgemäße Arzneimittelentsorgung durch die Bürger eigentlich aus? Die im kommunalen Abwasser enthaltenen Arzneimittelwirkstoffe stammen zu annähernd 20 Prozent aus Gesundheitseinrichtungen und zu etwa 80 Prozent aus Haushalten. Die Gewässerbelastung durch hormonell wirksame Arzneimittel komme überwiegend durch metabolische Ausscheidungen zustande und nur in geringem Maße durch die nicht sachgerechte Entsorgung. 

„Als einziger Ansatz lässt sich lediglich die Öffentlichkeitskampagne zur richtigen Entsorgung von Arzneimitteln begrüßen. Aus diesem Eintragungspfad gelangt aber lediglich nur ein Bruchteil der Medikamente ins Wasser“, kommentiert Skudelny.

Biologisch abbaubare Wirkstoffe?

Die Liberalen fragten zudem, ob die Regierung plane, „nachhaltigere Arzneimittel“ zu fördern. Mit „nachhaltig“ meint die FDP in dem Zusammenhang, dass vermehrt biologisch abbaubare Wirkstoffe zum Einsatz kommen sollten und bekanntlich schädlichere Wirkstoffe wie Ethinylestradiol, Propranolol, Oxazepam, Diclofenac ersetzen sollten. Das Ministerium verweist hierzu darauf, dass bei der Zulassung von neuen Arzneimitteln die Umweltverträglichkeit der Wirkstoffe geprüft und falls erforderlich, Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden würden.

Beim medizinischen Einsatz bereits zugelassener Arzneimittel stehe jedoch die leitliniengerechte Patientenversorgung im Vordergrund, schreibt das Ministerium. In dem Zusammenhang ist anzumerken, dass biologisch abbaubare Arzneistoffe auch durch menschliche Enzyme rasch inaktiviert werden könnten. Dies könnte die Effektivität für den Menschen allerdings einschränken.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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