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Das Urteil im Zyto-Prozess (Teil 3)
So begründen die Richter die zwölf Jahre Haftstrafe für Peter S.
Das Landgericht Essen verurteilte den Bottroper Zyto-Apotheker Peter S. wegen langjähriger Unterdosierungen und wegen Betrugs. Sie machten sein „einwandfreies Vorleben“, mangelnde Aufsicht sowie mediale Vorverurteilung strafmildernd geltend – doch insgesamt überwiegen die strafschärfenden Momente erheblich.
In mehr als 14.000 Fällen hat der Bottroper Zyto-Apotheker Peter S. Krebsmittel erheblich unterdosiert – und die Krankenkassen um geschätzt gut 17 Millionen Euro betrogen, urteilte die 21. Strafkammer das Landgerichts Essen im Juli. Im nun vorliegenden schriftlichen Urteil begründen die Richter die Haftstrafe von zwölf Jahren ausführlich, wie auch das lebenslange Berufsverbot.
Für den Apotheker spreche sein „einwandfreies Vorleben“: Er sei nicht vorbestraft und bislang ein respektierter Bürger seiner Heimatstadt Bottrop gewesen. „Die Taten selbst sind ihm durch mangelnde Aufsicht der Behörden leicht gemacht worden“, erklären die Richter. Im Laufe einer Tatserie entstehe überdies regelmäßig ein Gewöhnungseffekt, der die Hemmschwelle für das Fortsetzen des Tuns senke. Strafmildernd machten sie auch Umstände des Strafverfahrens geltend, wie die lange Verfahrensdauer von insgesamt 44 Hauptverhandlungsterminen, während der er wie auch seine Familie einer besonderen Belastung ausgesetzt seien. „Diese Belastung wurde intensiviert durch eine umfangreiche, teilweise vorverurteilende Medienberichterstattung, nicht selten unter voller Namensnennung und/oder mit unverpixelten Fotos“, schreiben die Richter.
Das Urteil im Zyto-Prozess Teil 1 und 2
Das Urteil im Zyto-Prozess (Teil 1)
Das „perfekte Verbrechen“ für den Bottroper Zyto-Apotheker
Das Urteil im Zyto-Prozess (Teil 2)
Warum wurde Peter S. nicht wegen Totschlag oder Mord verurteilt?
Vorverurteilende Überschriften wie „Der Todesapotheker“
Schon bald nach der Festnahme sei es zu umfangreicher Berichterstattung über die Ermittlungen gekommen. Dabei seien die Berichte in Bezug auf die „vermeintlich verwirklichten Delikte“ über den Ermittlungsstand hinausgegangen. So hieß es in einem Artikel der „BILD“ auf der Titelseite: „Der Todesapotheker – 1000 qm Protzbau für sich und seinen Hund“, und neben einem unverpixelten Foto: „Für sein Luxus-Leben ließ er Krebskranke sterben.“ In der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ sei die Überschrift „Die Gier des Apothekers“ zu lesen gewesen. „Tausende Krebskranke waren auf ihn angewiesen“, hieß es dort – „Er aber setzte ihr Leben aufs Spiel. Die Geschichte eines Verbrechens, das auch ein Medizinskandal ist.“ Vergleichbare Berichte seien auch in anderen Medien erschienen.
Zugunsten des Angeklagten berücksichtigen die Richter auch, dass Peter S. durch das ausgesprochene lebenslange Berufsverbot seine berufliche und wirtschaftliche Lebensgrundlage verlieren werde. Wirtschaftlich einschneidend sei auch die angeordnete Einziehung in Höhe von 17 Millionen Euro, die aller Wahrscheinlichkeit nach in eine Insolvenz münden werde. Außerdem sei S. in geringem Maße „gesteigert haftempfindlich“, wegen Erkrankungen und dem verlorenen Geruchssinn. Außerdem sei er im Vergleich zu anderen Inhaftierten im fortgeschrittenen Alter.
Dass der Apotheker gegenüber einem Sachverständigen wörtlich angegeben hat, er fühle sich in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wuppertal-Vohwinkel wie in einer „Kloster-Reha-Maßnahme“, ließ die Kammer außer Acht: Dies sei eine Momentaufnahme. „Die Haftbedingungen in der JVA Essen, wo der Angeklagte zunächst inhaftiert war, hat er denn auch als weniger günstig empfunden“, schreibt sie.
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