AMG-Novelle

Spahn fixiert Zyto-Honorar und streicht 15-Euro-Grenze bei Importen

Berlin - 16.11.2018, 11:15 Uhr

Jens Spahn legt sein erstes Gesetz im Arzneimittelbereich vor. (m / Foto: Schelbert)

Jens Spahn legt sein erstes Gesetz im Arzneimittelbereich vor. (m / Foto: Schelbert)


Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) legt seinen ersten Gesetzentwurf im Arzneimittelbereich vor. Als Reaktion auf den Fall Bottrop will das Bundesgesundheitsministerium regeln, dass es künftig einen festen Arbeitspreis für die Zyto-Herstellung in Höhe von 110 Euro geben soll. Die Preisverhandlungen finden dann zwischen Kassen und Herstellern statt. Außerdem will das BMG die Preisabstandsgrenze von 15 Euro bei Importen, zur Anrechnung auf die Quote, streichen. Und: Kassen und Apotheker sollen die Preise für die Abgabe von Medizinhalhanf aushandeln.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat einen ersten Entwurf zu einer Novellierung arzneimittelrechtlicher Regelungen vorgelegt. In dem „Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung“ (GSAV) reagiert das Ministerium in erster Linie auf jüngste Skandale, wie rund um den Brandenburger Arzneimittelhändler Lunapharm.

Was ändert sich im Apothekenmarkt?

Auch im Apothekenmarkt wird es einige Änderungen geben. So hieß es aus Kreisen des BMG, dass die Honorierung der Zyto-Apotheker neu geregelt werden soll. Der Arbeitspreis der Apotheker soll künftig als Fixhonorar in einer Höhe von 110 Euro gezahlt werden, also deutlich mehr als jetzt, wo für Zytostatika 81 Euro abgerechnet werden können, und für Antikörperzubereitungen 71 Euro. Das Ministerium schätzt, dass die Kassen pro Jahr so etwa 120 Millionen Euro mehr an die Zyto-Apotheker überweisen. Außerdem sollen die Apotheker künftig bei der Abrechnung mit den Kassen nur noch den tatsächlichen Einkaufspreis erhalten, anstelle des Listenpreises abzüglich Abschlag. Die Preisverhandlungen sollen künftig ausschließlich zwischen Kassen und Herstellern stattfinden. Geplant sind hier einheitliche regionale Rabattverträge für alle Kassen. Das BMG will damit etwa 300 Millionen Euro im Jahr einsparen.

Transparenz erhöhen, wirtschaftliche Fehlanreize verringern

Aus dem BMG hieß es zur Erklärung, dass es derzeit keine Trennung von Herstellung und Preisverhandlungen auf Apothekerebene gebe. Man wolle die Anreize zu wirtschaftlichem Fehlverhalten reduzieren und die Transparenz erhöhen.

Erst im vergangenen Jahr hatte der Gesetzgeber die Zyto-Versorgung und die dazugehörige Honorierung neu geregelt. Damals wurden die Verträge zwischen einzelnen Apotheken und den Kassen abgeschafft und die Hersteller und Kassen verpflichtet, Rabattverträge über Zytostatika abzuschließen. Außerdem sollten Kassen und Apotheker eine neue Hilfstaxe verhandeln. Und die Apotheker wurden verpflichtet, ihre tatsächlichen Einkaufspreise gegenüber den Kassen zu veröffentlichen. Die Verhandlungen landeten aber vor der Schiedsstelle, der Schiedsspruch wurde von den Apothekern beklagt. Kann das BMG das Parlament von seinen Vorschlägen überzeugen, wären die Preise der Schiedsstelle wohl ohnehin nichtig.

15-Euro-Grenze fällt, 15 Prozent Preisabstand bleiben

Auch mit Blick auf den Fall Bottrop will das BMG die Häufigkeit von unangemeldeten Inspektionen in Zyto-Apotheken erhöhen. Im Gesetz soll festgehalten werden, dass es künftig verpflichtende unangemeldete Kontrollen in Apotheken geben soll. Die Kontrollfrequenz soll aber in der Hand der Landesbehörden bleiben.

Auf den Lunapharm-Skandal reagiert das BMG unter anderem mit einer Änderung der Importförderklausel. So soll die gesetzlich festgelegte Regelung, nach der zur Anrechnung auf die Quote ein Abstand von mindestens 15 Euro zwischen inländischem Original und einem von der Apotheke bevorzugt abzugebenden Import-Medikament bestehen muss, fallen. Dass die Importe aber weiterhin 15 Prozent günstiger sein müssen, um auf die Importquote angerechnet zu werden, soll allerdings erhalten bleiben. Zur Begründung hieß es aus dem Ministerium, dass sich die 15-Euro-Grenze als ungeeignet erwiesen habe, Wirtschaftlichkeitsreserven zu heben. 

Neues Apotheken-Honorar für Cannabis-Abgabe

Während das BMG die Honorierung der Apotheker im Zyto-Bereich stärker regulieren will, setzt es bei der Versorgung mit Medizinalhanf auf Verhandlungslösungen. Mit dem GSAV will das Ministerium nämlich Kassen und Apotheker verpflichten, Apothekenzuschläge für die Abgabe von Cannabis und Cannabiszubereitungen zu vereinbaren. Die bisherige in der Arzneimittelpreisverordnung festgehaltene Preisbildung soll gestrichen werden. Dort ist bislang geregelt, dass die Apotheker einen Aufschlag von 100 Prozent bekommen, wenn sie die Blüten unbearbeitet abgeben. Bei Zubereitungen gibt es derzeit 90 Prozent Aufschlag. Aus dem BMG hieß es, dass man sich durch diese Lösungen Einsparungen von 25 Millionen Euro pro Jahr erhoffe.

In der Begründung des Entwurfs heißt es dazu, dass die geltende Regelung in der AmPreisV für die Krankenkassen „angesichts der Zahl der Genehmigungen zur Versorgung mit Cannabisarzneimitteln und der Zahl der Verordnungen von unverarbeiteten Blüten und Zubereitungen aus Blüten zu hohen Ausgaben geführt" habe. Deswegen sei die Verhandlungslösung erforderlich geworden. Nach Informationen von DAZ.online verhandeln der Deutsche Apothekerverband und der GKV-Spitzenverband aber ohnehin schon seit mehreren Monaten, um die Vergütung für die Cannabis-Abgabe neu zu regeln.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


6 Kommentare

Außerdem

von Redaktion DAZ.online am 16.11.2018 um 11:57 Uhr

Hallo Herr Müller,
zumindest könnte es in Zukunft schwer fallen, Hochpreiser zu finden, die auf die Importquote angerechnet werden können.
Viele Grüße
Ihre DAZ.online-Redaktion

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Außerdem

von Karl Friedrich Müller am 16.11.2018 um 11:43 Uhr

Wie soll das bei den Importhochpreisern aussehen? Mindestens 15% weniger? Da werden die Importeure ganz schön jaulen. Oder ist das nur die halbe Meldung? Oder versucht dich mal wieder jemand an einer Materie, von der er gar nichts versteht?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Schlaubis unter sich...

von Rolf Lachenmaier am 16.11.2018 um 11:38 Uhr

... dass im BMG nicht gerade die hellsten Kerzen brennen, ist mir klar. Aber kann mir vielleicht ein BMG-Schlaubi erklären, was der Valsartan-Skandal mit Importen zu tun haben soll? Dümmer geht wohl immer.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Schlaubis unter sich

von Redaktion DAZ.online am 16.11.2018 um 12:02 Uhr

Lieber Herr Lachenmaier,

das BMG ist unschuldig. Ein Dreher unsererseits. Richtig ist natürlich der Lunapharm-Skandal. Wahr wohl der Geschwindigkeit geschuldet. Tut uns sehr leid. Zum Glück haben wir so aufmerksame Leser.
Ein schönes Wochenende und viele Grüße
Ihre DAZ.online-Redaktion

Importe?

von Karl Friedrich Müller am 16.11.2018 um 11:33 Uhr

Das mit den 15€ kapiere ich nicht. Importe sind immer austauschbar.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Importe

von Redaktion DAZ.online am 16.11.2018 um 12:08 Uhr

Lieber Herr Müller,

entschuldigen Sie, das war missverständlich. Gemeint war 15 Euro Abstand, dass das Arzneimittel auf die Importquote angerechnet werden kann.
Herzliche Grüße und ein schönes Wochenende
Ihre DAZ.online-Redaktion

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.