Sachverständigen-Gutachten

„Wirtschaftsweise“: Online-Apotheken schützen, Rx-Versandverbot vermeiden

Berlin - 16.11.2018, 07:00 Uhr

Unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (ebenfalls CDU) nahmen Anfang November das Jahresgutachten der „fünf Wirtschaftsweisen“ entgegen. (m / Foto: imago)

Unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (ebenfalls CDU) nahmen Anfang November das Jahresgutachten der „fünf Wirtschaftsweisen“ entgegen. (m / Foto: imago)


Online-Apotheken können Patientenzufriedenheit steigern

Der Digitalisierung und ihrer Bedeutung für das Gesundheitswesen widmen sich die Wirtschaftsweisen in einem nachfolgenden Kapitel noch intensiver. Die Experten sehen die Digitalisierung als „Innovationsmotor“. Die digitale Transformation im Gesundheitssektor verspreche, „effizientere Strukturen“ zu schaffen. Insbesondere in dünner besiedelten Gebieten gebe es „Potenziale für den Ausbau der Telemedizin“, heißt es weiter. Und im Unterkapitel „Wandel annehmen, nicht behindern“, heißt es dann mit Bezug auf den Apothekenmarkt schließlich:


Weiterer Handlungsbedarf besteht beim Wettbewerb unter Apotheken. Der Koalitionsvertrag sieht vor, Apotheken vor Ort durch ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu stärken. Dies ist ein Schritt in die falsche Richtung. So sind Online-Apotheken mit Risiken, wie Fehlanwendungen durch Selbstmedikation, fehlende Notdienste und mögliche längere Lieferzeiten, verbunden. Allerdings dürften sie den Wettbewerb erhöhen und eine stärkere Spezialisierung  erlauben. Zudem können Online-Apotheken einen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten und die Konsumentenzufriedenheit durch geringere Preise erhöhen. Ein Versandverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel dürfte auf Grundlage eines EuGH-Urteils vom Oktober 2016 zudem  europarechtlich zumindest fraglich sein (EuGH, 2016).“

Gutachten der fünf Wirtschaftsweisen 2018


Die fünf Wirtschaftsweisen sind nicht das erste Expertengremium, das im Arzneimittel- und Apothekenmarkt Handlungsbedarf sieht. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen hatte im September dieses Jahres sein diesjähriges Gutachten in einem Symposium der Öffentlichkeit vorgestellt. Gleichzeitig forderte der Rat aber auch, dass Ärzte zu Notdienstzeiten auch Arzneimittel abgeben können sollten. Eine weitere klare Forderung hat der Rat jedoch auch: Apotheken sollten als gleichberechtigte Partner in besonderen Versorgungsformen zugelassen werden.

Schon zuvor hatte die Monopolkommission der Bundesregierung im Juli dieses Jahres ein weiteres Gutachten vorgelegt, das den Apothekern nicht gefallen dürfte. In ihrem knapp 500-seitigen Hauptgutachten 2018 widmen die Wettbewerbshüter ein ganzes Kapitel der Arzneimittelpreisverordnung. Ihr Fazit: Den Apothekern sollte ermöglicht werden, Rabatte auf Rx-Arzneimittel zu gewähren, außerdem sollten alternative Abgabemöglichkeiten wie Arzneimittelautomaten ausgebaut und das Apothekenhonorar reformiert werden.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Sog. Wirtschaftsweise

von ratatosk am 16.11.2018 um 18:51 Uhr

Ja wenn man sich selbst so nennen will. Leider in eigenen Primitivmodellen gefangen. Flächendeckende Versorgung etc. sind denen immer noch zu hoch.
Deshalb auch grauselig das Beispiel mit der Lieberalisierung von Taxen und Transport, dort herrschen heute bei den so tollen digitalen Unternehmen ja für den Einzelnen Bedingungen die schlechter als die für Tagelöhner vor 200 Jahren waren. Stört staatlich alimentierte Menschen natürlich nicht, zusätzlich kann man ja schöne Gutachten schreiben.

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Vergebliche

von Stefan Haydn am 16.11.2018 um 13:07 Uhr

Liebesmühe der Dame und den Herren etwas Licht ins Dunkel bringen zu wollen.
Die wollen nicht verstehen und ich spreche ihnen nach der jahrelangen Resistenz gegenüber überzeugenden Sachverhalten auch die dazu nötige Intelligenz ab.

Der einzige Schluß den man ziehen kann ist:
Man muss nicht weise sein um sich Weise zu nennen.

Aber so Titel ohne Bedeutung, nur zum Bauchpinseln sind doch etwas Schönes.

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alle Jahre wieder

von Dr. Ralf Schabik am 16.11.2018 um 8:30 Uhr

Alle Jahre wieder sondern "Experten" (nicht gleichbedeutend mit Fachleuten) Theorien ab, die sie mit grossem Brimborium überreichen - und hinterher kräht kein Hahn danach, ob die Theorien eintreten oder nicht oder welche Kollateralschäden entstehen. Diese "Gutachten" sind nichts weiter als ein aufgeblasener Popanz ohne volkswirtschaftlichen, geschweige den soziokulturellen Nutzen.
Besonders perfide: All diese Leute sitzen in Lehrstühlen, die vom Staat hoch alimentiert, aber nie auf effiziente Arbeit überprüft werden.
Aber für die Schulen, die der Daseinsvorsorge dienen, ist seit Jahren zu wenig Geld da ...



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Online-Apotheken für Versorgungssicherheit

von Dr. Detlef Eichberg am 16.11.2018 um 8:02 Uhr

Komme heute Morgen aus einem Notdienst, in dem ich im Stunden-Takt dringend erforderliche Notfall-Medikationen über Nacht mit entsprechenden Hinweisen zur Beachtung an dankbare PatientInnen abgegeben habe. Wo ist da die Versorgungssicherheit der Onliner? Man darf klug und gerissen nicht mit weise verwechseln. Ich wünsche den Wirtschaftsweisen mal solch eine private Situation, wo sie in einem fämiliären Notfall bezüglich DocMorris auf dem Trockenen sitzen...Schönen Tach noch.

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