Vernetzte Versorgung

VdPP: „Pharmazie, wo sie gebraucht wird“

Berlin - 21.11.2018, 13:30 Uhr

Gemeinsam heilt es sich besser – auf der Herbstveranstaltung des VdPP ging es um vernetzte Versorgung. ( r / Foto: imago)

Gemeinsam heilt es sich besser – auf der Herbstveranstaltung des VdPP ging es um vernetzte Versorgung. ( r / Foto: imago)


Miteinander statt nebeneinander: Welchen Beitrag die Pharmazie zur vernetzten Versorgung leisten kann, war Thema der Herbstveranstaltung des Vereins demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP) am vergangenen Donnerstag. Dabei ging es um das Modellprojekt ARMIN mit Apothekern sowie zwei soziale Projekte, bei denen bislang keine Apotheker involviert sind. In der Diskussion kam auch die Frage auf, wie eng der Apothekerberuf an die Offizin gekoppelt sein muss.

Synergien zwischen den Heilberufen könnten noch stärker genutzt werden, finden viele Apotheker und Ärzte. Der praktischen Umsetzung stehen manchmal Kompetenzgerangel aber auch rechtliche Vorschriften im Weg. Wie könnte eine engere interdisziplinäre Zusammenarbeit aussehen und welche Rolle spielen die Apotheker dabei?

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Einmal mit und einmal ohne Pharmazie – auf dem Herbstseminar des Vereins demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP) wurden am vergangenen Donnerstag zwei Varianten zur vernetzten Versorgung näher beleuchtet: Zum einen die Arzneimittelinitiative in Sachsen und Thüringen (ARMIN), bei der Ärzte und Apotheker die Medikation ihrer gemeinsamen Patienten optimieren, und zum anderen die sozialen Projekte „Gesundheitskollektiv Berlin“ und die Hamburger „Poliklinik Veddel“, bei denen Apotheker derzeit keine aktive Rolle spielen.

ARMIN: digitale Vernetzung von Pharmazie und Medizin

Zur Erinnerung: Das Modellprojekt ARMIN läuft seit 2014, ist auf acht Jahre angelegt und ein gemeinsames Projekt der Ärzte und Apotheker Sachsens und Thüringens sowie der AOKplus. Das zentrale Element, das Medikationsmanagement, ging im Juni 2016 an den Start. Dabei handelt es sich um das dritte Modul von ARMIN, bei dem Ärzte und Apotheker gemeinsam einen elektronischen Medikationsplan ihrer Patienten optimieren. Dazu müssen sich die beiden Fachdisziplinen digital vernetzen. Im Interview mit DAZ.online hatte AOK-Arzneimittelchef Dr. Ulf Maywald die Funktionsweise von ARMIN erklärt. Im Gegensatz zur Realversorgung werden bei diesem Projekt auch die Apotheker für ihre Leistungen beim Medikationsplan honoriert.

Bisher ist die Resonanz bei den Apothekern größer als bei den Ärzten, erklärte Andreas Fuchs, Beratungsapotheker bei der AOKplus, der auf der Herbstveranstaltung das Projekt vorstellte. So seien derzeit in Thüringen 136 Apotheken, jedoch nur 81 Ärzte an die IT-Infrastruktur angebunden, in Sachsen seien es 168 Apotheken und 106 Ärzte (Stand 1. Oktober 2018). Manche Projektteilnehmer klagten über technische Probleme, so Fuchs. Doch wenn die Vernetzung funktioniere, seien die Apotheker und Ärzte mit dem digitalen Austausch überwiegend zufrieden. Wie wichtig der pharmazeutische Beitrag zur Arzneimitteltherapiesicherheit sei, könne mit der Evaluierung nach Projektabschluss dargestellt werden. Außerdem können wertvolle Erkenntnisse über die Praktikabilität des elektronischen Medikationsplanes gewonnen werden.

Soziales Engagement – ohne Apotheker

Soweit die Wissenschaft und Versorgungsforschung. Im zweiten Beitrag nahm die Ärztin Patricia Hänel die Teilnehmer mit auf eine Reise in die Praxis. Hänel engagiert sich ehrenamtlich in zwei sozialen Projekten: Der „Poliklinik Veddel“ in Hamburg und dem „Gesundheitskollektiv Berlin“, das bis zur Fertigstellung des Gebäudes in Neukölln auf mobiler Basis sozial benachteiligten Patienten Hilfe leistet.

In beiden Projekten arbeiten die Disziplinen Medizin, Pflege, Gesundheitswissenschaften und soziale Arbeit eng zusammen. „Es geht nicht nur darum, eine Krankheit zu behandeln, sondern auch an den Lebensbedingungen zu arbeiten“, verdeutlichte Hänel. Käme beispielsweise ein Patient wiederholt mit Asthma, der durch Schimmel bedingt sei, sei es mit der Medikation nicht getan, sondern genauso wichtig, sich an den Vermieter zu wenden.

Die Teilnehmer des VdPP zeigten sich für eine Zusammenarbeit mit dem „Gesundheitskollektiv Berlin“ offen. Einige der Anwesenden erinnerten sich noch an ein früheres Projekt aus den 70er Jahren in Berlin-Gropiusstadt, bei dem Apotheker und Ärzte eng zusammenarbeiteten. 

„Entscheidend ist die Profession“

Pharmazeutische Beratung wäre für beide Projekte ein großer Vorteil, so Hänel. Eine eigene Apotheke bräuchten die beratenden Apotheker dazu nicht. Beim Gesundheitskollektiv Berlin sei zwar ein Gebäude geplant, das einem medizinischen Versorgungszentrum ähnlich sei. Aber aufgrund des Zuweisungsverbotes könne man die Patienten ohnehin nicht exklusiv zu einem Apotheker schicken. „Entscheidend ist doch die Profession“, erklärte VdPP-Vorstandsmitglied Dr. Udo Puteanus. Der Apothekerberuf sei nicht an Besitz gebunden, sondern Pharmazie solle dorthin gelangen, wo sie gebraucht werde. Puteanus verwies auf das Beispiel Großbritannien, wo Pharmazeuten als „Praxisapotheker“ direkt in eine Hausarztpraxis integriert werden können. Außerdem solle der „kommunale Gedanke“ bei der Gesundheitsversorgung gestärkt werden.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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