Landgericht Berlin

Bellartz-Verteidiger macht Druck im Datenklau-Verfahren

Berlin - 23.11.2018, 15:30 Uhr

Apotheke-Adhoc-Herausgeber Thomas Bellartz (li.) und sein Verteidiger Dr. Carsten Wegner wollen das sogenannte Datenklau-Verfahren zum Ende bringen. Wegner will sein Plädoyer vortragen. (c / Foto: Külker)

Apotheke-Adhoc-Herausgeber Thomas Bellartz (li.) und sein Verteidiger Dr. Carsten Wegner wollen das sogenannte Datenklau-Verfahren zum Ende bringen. Wegner will sein Plädoyer vortragen. (c / Foto: Külker)


Im sogenannten Datenklau-Verfahren gegen Ex-ABDA-Sprecher Thomas Bellartz und einen ehemaligen externen IT-Experten des Bundesgesundheitsministeriums will die Verteidigung möglichst bald die Schlussplädoyers vortragen. Bellartz‘ Verteidiger Dr. Carsten Wegner wies die Richter und die Staatsanwaltschaft nochmals darauf hin, dass sich der Prozess seit Wochen inhaltlich nicht weiterbewegt. Die Richter lassen sich aber weiter nicht in die Karten schauen.

Der Datenklau-Prozess ist am heutigen Freitag in den 29. Verhandlungstag gegangen. Zur Erinnerung: Dem ehemaligen ABDA-Sprecher und heutigen Apotheke-Adhoc-Herausgeber Thomas Bellartz wird vorgeworfen, einen ehemaligen externen IT-Mitarbeiter des Bundesgesundheitsministeriums dafür bezahlt zu haben, politisch brisante Informationen aus dem BMG an ihn weiterzuleiten. 38 der ehemals 40 Anklagepunkte wurden inzwischen fallengelassen, trotzdem dreht sich der Prozess seit Monaten im Kreis: Während die Verteidigung versucht, zahlreiche neue Zeugenbefragungen zu beantragen, ist das Gericht damit beschäftigt, die Anträge der Bellartz-Verteidiger abzulehnen.

Bellartz-Prozess

„Datenklau“-Verfahren

Bellartz-Prozess

Und so verlief auch der heutige Prozesstag zunächst nach dem gewohnten Muster. Es ging um eine Gegendarstellung von Bellartz‘ Verteidiger Wegner, in der der Anwalt darauf hingewiesen hatte, dass sein Mandant kein Lobbyist sei. Diese Gegendarstellung wies das Gericht zurück. Auch die Vernehmung zweier Redakteure des rbb lehnte das Gericht ab. Wegner wirft der Staatsanwaltschaft seit Monaten vor, einzelne Details aus den Prozessakten Journalisten gegenüber preisgegeben zu haben. Die Richter meinten heute aber, dass die Vernehmung dieser Redakteure die Beurteilung einer eventuellen Schuld nicht beeinflussen könne. Ebenso lehnte das Gericht Anträge ab, in denen die Verteidigung forderte, mehrere ehemalige Pressesprecher des BMG zu vernehmen. Und auch Mitarbeiter des Verfassungsschutzes und des Bundesamtes für Informationstechnik wollte die Verteidigung vorladen, aber auch damit scheiterte Wegner.

In seinen heutigen Ausführungen konzentrierte sich Bellartz‘ Verteidiger auf technische Details: Konkret erklärte Wegner dem Gericht, dass es sich aus seiner Sicht gar nicht um ein Verbrechen nach Paragraf 202a des Strafgesetzbuches handeln kann, in dem es um das „Ausspähen von Daten“ geht, das Bellartz vorgeworfen wird. Dort heißt es:


(1) Wer unbefugt sich oder einem anderen Zugang zu Daten, die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zugangssicherung verschafft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

§ 202a StGB


Mussten Sicherheitsschranken überwunden werden?

Wegner erklärte, dass nicht nur der beschuldigte IT-Administrator, sondern auch andere (externe) IT-Mitarbeiter im BMG „technisch in der Lage“ waren, auf private E-Mail-Postfächer zuzugreifen. Insofern treffe § 202a nicht zu, weil ja eben keine „Überwindung“ stattgefunden habe. Mit Bezug auf diesen Hinweis beschwerte sich Wegner nochmals bei den Richtern, dass nach wie vor unklar sei, um was es in dem Verfahren überhaupt noch geht: Er bitte um einen gerichtlichen Hinweis zum technischen Ablauf der Vorwürfe gegen seinen Mandanten.

Insgesamt ist die Verteidigung unzufrieden damit, dass sich der Prozess ergebnislos hinzieht. Wegner zitierte Berichte der Pharmazeutischen Zeitung und von DAZ.online, in denen zum Ausdruck gekommen sei, dass sich das Verfahren im Kreis drehe und wie ein „PingPong“-Spiel ablaufe. „Das ist wohl wahr“, kommentierte Wegner die Berichte. Und so kam es dazu, dass Wegner dem Gericht erklärte, dass die Verteidigung jetzt die Schlussplädoyers vortragen möchte. „Wir sind dafür bereit“, so Wegner. Sollte das Gericht weiterverhandeln wollen, beantragte Wegner aber vorsorglich die Lesung einer E-Mail des LKA-Ermittlers an die damals zuständige Staatsanwältin aus dem Jahr 2014. Damit will der Verteidiger beweisen, dass der beschuldigte IT-Experte gar keine Sicherheitshürden überwinden musste, um an die sensiblen Informationen zu gelangen, was aus Wegners Sicht wiederum zeigt, dass die Angeklagten nicht wegen Diebstahls verurteilt werden können.

Die Staatsanwaltschaft wollte zu den Äußerungen des Verteidigers nicht Stellung beziehen. Der nächste Termin ist für den 30. November vorgesehen. Ob sich das Verfahren nun dem Ende nähert, ist ungewiss. Die Richter äußerten sich inhaltlich nicht dazu. Rein theoretisch kann aber bis tief ins nächste Jahr weiterverhandelt werden – die Sitzungen dafür sind bereits terminiert.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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