Schweiz

Verteuern Apotheker und Großhändler die Arzneimittelabgabe?

Remagen - 23.11.2018, 12:45 Uhr

In Schweizer Medien wird der Vorwurf erhoben, dass Apotheker und Großhändler die Arzneimittelversorgung verteuern? Was ist dran? ( r / Foto: Imago)

In Schweizer Medien wird der Vorwurf erhoben, dass Apotheker und Großhändler die Arzneimittelversorgung verteuern? Was ist dran? ( r / Foto: Imago)


Schweizer Apotheken und Pharma-Großhändler wollen den Vertrieb für Medikamente massiv verteuern. So lautet ein aktueller Vorwurf in der Schweizer Presse. Sie machten damit ein großes Sparpotenzial zunichte. Worum geht es konkret?

Derzeit ist in der Schweiz eine Änderung der Vertriebszuschläge für erstattungsfähige Arzneimittel in der Beratung. Hiermit sollen negative Anreize bei der Abgabe und beim Verkauf von Medikamenten vermindert und die Abgabe preiswerter Generika gefördert werden. Zudem werden die Parameter für die Berechnung des Vertriebsanteils aktualisiert. Die Anhörung zur Änderung der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) läuft noch bis zum 14. Dezember 2018.

Preisbezogener Zuschlag und Fixzuschlag

Seit der Einführung der leistungsorientierten Abgeltung (LOA) im Jahr 2001 wird die Leistung der Apotheker in der Schweiz nicht mehr primär über die Handelsmarge abgegolten. Sie soll primär die Infrastruktur- und Logistikkosten abdecken. Der Vertriebsanteil, mit dem die Apotheken auch die Großhändler bezahlen müssen, wird vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) festgelegt. Er besteht aus einem preisbezogenen Zuschlag auf den Fabrikabgabepreis (FAP, Prozentmarge) und einem Zuschlag je Packung (Fixmarge). Derzeit liegt der preisbezogene Zuschlag für Arzneimittel mit einem FAP bis 879,99 Franken bei zwölf Prozent, zwischen 880 und 2569,99 Franken gibt es sieben Prozent und bei darüber liegenden FAP entfällt der Zuschlag.  Die Fixzuschläge je Packung sind progressiv gestaffelt und reichen von vier Franken (FAP bis 4,99 Franken) bis 240 Franken (FAP ab 2570 Franken).

Preisbezogener Zuschlag neu kalkuliert

Für die geplante Anpassung des preisbezogenen Zuschlags wurden die Parameter zu dessen Berechnung, darunter auch die Grossistenmarge, neu kalkuliert. Sie soll höher veranschlagt werden, meinen die Verbände der betroffenen Distributoren Pharmalog und pharmaSuisse. Kumuliert ergibt sich nach Neuberechnung der Parameter durch das BAG ein neuer preisbezogener Zuschlag von neun Prozent auf den Fabrikabgabepreis. Die bestehenden Preisklassen für die Packungszuschläge sollen von sechs auf fünf verringert und neu strukturiert werden. Es wird vorgeschlagen, die unteren drei zusammenzufassen und bis zu einem Fabrikabgabepreis von 24.99 Franken auszuweiten. Damit würden in Zukunft mengenmäßig 68 Prozent des Arzneimittelverkaufs in der gleichen Preisklasse abgegolten. Außerdem soll die Grenze der höchsten Preisklasse erhöht werden und erst ab einem FAP 3070 Franken gelten. 

Zwei Varianten

Interessanterweise hat das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) zwei Varianten in die Anhörung geschickt:

Variante I sieht den betriebswirtschaftlich ermittelten preisbezogenen Zuschlag von neun Prozent einheitlich für die gesamte Preisspanne bis 3069.99 Franken (FAP) vor. Er läge also niedriger als bisher. Der Packungszuschlag für die tiefpreisigen Arzneimittel fiele in dieser Variante mit neun Franken dagegen durchschnittlich höher aus, womit sich diese relativ deutlich verteuern würden.

Variante II würde für die tiefpreisigen, umsatzstarken Arzneimittel einen höheren preisbezogenen Zuschlag einführen (25 Prozent des FAP) und sieht für dieses Segment gleichzeitig einen leicht tieferen packungsbezogenen Zuschlag von sieben Franken vor. Der Nachteil aus Sicht des BAG wäre hierbei der mögliche Fehlanreiz, in dieser Preisklasse eher ein teureres Arzneimittel abzugeben als ein günstigeres.

Schwellenwerte würde es bei beiden Varianten zwar immer noch geben, doch hätten diese in Relation zum Fabrikabgabepreis der jeweiligen Preisklasse eine weitaus geringere Hebelwirkung auf den Umsatz der Leistungserbringer als bisher, meint das BAG.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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