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Access to Medicine Index 2018
Welche Pharmafirmen sich am meisten für ärmere Länder engagieren
Nur eine Handvoll Pharmaunternehmen entwickelt den Großteil neuer und dringend benötigter Arzneimittel für die Menschen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Außerdem adressieren sie viel zu wenige Krankheiten, bei denen schnelle Hilfe gebraucht würde. Das zeigt der neue Access to Medicine Index 2018.
Die größten, meist weltweit tätigen Pharmaunternehmen machen vorwiegend mit Neuentwicklungen von sich reden, die sie in den reichen Industrienationen nicht nur kostendeckend, sondern auch gewinnbringend vermarkten wollen. Tun sie auch etwas dafür, um den Zugang zu Medikamenten in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen und deren besonderer Krankheitslast zu verbessern? Darüber gibt der sechste „Access to Medicine Index“ Aufschluss, der alle zwei Jahre von einer unabhängigen Non-Profit-Organisation veröffentlicht wird, unterstützt von der britischen Regierung (UK AID), dem niederländischen Außenministerium, dem niederländischen Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Sport sowie der Bill & Melinda Gates Stiftung.
Der Access to Medicine Index analysiert zwanzig der größten forschenden Pharmaunternehmen, die Produkte gegen die hohe Krankheitslast in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen entwickeln oder in ihrem Portfolio haben. Die Analyse deckt die sieben Bereiche Medikamentenversorgung, Markteinfluss, Forschung und Entwicklung, Preise und Vertrieb, Patente und Lizenzen, Aufbau von Kapazitäten und Arzneispenden ab, allesamt Faktoren, die für den verbesserten Zugang zu Medikamenten wichtig sind. So erkennt er Fortschritte und Schwachstellen relativ differenziert.
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Wer bringt sich nach dem aktuellen Access to Medicine Index 2018 am stärksten in die Unterstützung der Arzneimittelversorgung in ärmeren Ländern ein? An der Spitze des Rankings steht zum sechsten Mal in Folge GlaxoSmithKline. Das britische Pharmaunternehmen hat in vier der sieben analysierten Kategorien die Nase vorn. Zweiter ist Novartis, gefolgt von Johnson & Johnson und der deutschen Merck KGaA. Einen großen Sprung um zehn Plätze nach oben hat Takeda auf Rang fünf gemacht. Boehringer Ingelheim findet sich auf Rang 14, und Bayer rutschte um vier Plätze auf Rang 16 ab. Das Schlusslicht unter den Top 20 mit der niedrigsten Bewertung ist Eli Lilly.
Eine Handvoll Unternehmen trägt die Hauptlast
Woran forschen die Unternehmen? Insgesamt laufen nach dem neuen Index derzeit rund 1300 F&E-Projekte. Knapp 300 davon gehören zu der Kategorie, die die WHO und andere Organisationen im Hinblick auf den Bedarf der Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen als besonders prioritär erachten („priority R&D). Die oben genannten Top 4 Unternehmen stemmen derzeit zusammen mit der französischen Sanofi (Rang 6), fast zwei Drittel der Entwicklungsprojekte für diese Krankheiten, „Die Tatsache, dass eine Handvoll Unternehmen den Großteil dieser Forschung und Entwicklung trägt, zeigt, wie fragil die Situation ist “ sagt die Geschäftsführerin der Access to Medicine Foundation Jayasree K. Iyer. „Ein Rückzug von nur einem dieser Unternehmen hätte erhebliche Auswirkungen.“
Nur fünf Krankheiten im Fokus
Als weiteres Manko kommt hinzu, dass das Engagement der Industrie sich lediglich auf fünf Krankheiten konzentriert, obwohl die Kategorie der „priority R&D“ insgesamt 45 Krankheiten umfasst. Diese fünf stünden im Fokus globaler Gesundheitsinitiativen und hätten internationale Geldgeber hinter sich, betont die Access to Medicine Foundation in ihrer Pressemitteilung. Das zieht offenbar bei den Unternehmen, sich hier zu engagieren. „Wenn es einen Aufruf zum Handeln oder Spendengelder gibt, werden sich mehr Unternehmen engagieren, insbesondere in Bereichen mit geringem kommerziellem Potenzial“, hofft deswegen Danny Edwards, Forschungsleiter des Index.
Konkret zielt über die Hälfte aller Aktivitäten (144 Projekte) auf die Bekämpfung von Malaria (53 Projekte), HIV/AIDS (32), Tuberkulose (31), der Chagas-Krankheit (16) und Leishmaniose (14) ab. Krankheiten wie einige Arten von hämorrhagischem Fieber, bestimmte Wurmerkrankungen, Syphilis oder auch Cholera und Durchfall durch E. coli fänden demgegenüber wenig Beachtung, beklagen die Autoren des Berichts zu dem Index. Immerhin sind seit dem letzten Index von 2016 mindestens 66 neue Produkte auf den Markt gekommen. Sie betreffen 14 Krankheiten. Die Hälfte davon zielt auf Krebserkrankungen ab. Ein weiteres Beispiel sind drei neue Medikamente, die alle sechs Haupt-Genotypen von Hepatitis C heilen können. Gilead soll freiwillige Lizenzvereinbarungen mit elf indischen Generika-Produzenten geschlossen haben, die die Herstellung und den Vertrieb von zwei dieser Produkte in 105 Entwicklungsländern ermöglichen sollen.
Mehr Planung und sensiblere Preisstrategien
Hinsichtlich der Einführung fairer Preisstrategien der Planung für die spätere Vermarktung, hat sich die Situation nach Meinung der Experten von der Access to Medicine Foundation seit dem letzten Index positiv entwickelt. Drei Unternehmen hätten seitdem neue Strategien festgelegt oder bestehende untermauert. Fünf bauten Absatzmodelle auf, die explizit auf einen besseren Zugang für Menschen in unterversorgten Gemeinschaften abzielen. Außerdem werde bei der Konzeption unterschiedlicher Preise für die verschiedenen Bevölkerungsgruppen eines Landes mehr darauf geachtet, was sich die Menschen tatsächlich leisten können. In einigen Bereichen werde jedoch immer noch zu wenig getan. So passten die Unternehmen beispielsweise ihre Preisstrategien hauptsächlich in Schwellenländern an. Die ärmsten Länder bleiben dabei wohl weiterhin auf der Strecke.
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