Engpass bei Grippeimpfstoff 2018/19

PEI erweitert Indikation: Influvac Tetra auch für Kinder

Stuttgart - 28.11.2018, 11:30 Uhr

Influvac® Tetra darf bei Kindern ab drei Jahren geimpft werden. (m / Foto: DAZ.onine)

Influvac® Tetra darf bei Kindern ab drei Jahren geimpft werden. (m / Foto: DAZ.onine)


Die Grippeimpfstoffe 2018/19 sind knapp, insbesondere für Kinder könnte der Engpass kritisch werden, denn nicht alle Influenzavakzine sind für Kinder zugelassen. Das Paul-Ehrlich-Institut hat auf den Versorgungsengpass bei Grippeimpfstoffen reagiert und die Zulassung von Influvac® Tetra erweitert: Ab sofort dürfen Kinder ab drei Jahren mit Mylans Grippevakzine geimpft werden. Bisher war Influvac® Tetra nur für Erwachsenene zugelassen.

Die Versorgungslage mit Grippeimpfstoffen für die aktuelle Saison 2018/19 ist angespannt. Das Bundesgesundheitsministerium hat bereits in der vergangenen Woche reagiert und nach § 79 Abs. 5 Arzneimittelgesetz (AMG) erlaubt, dass Grippeimpfstoffe aus dem EU-Ausland importiert werden dürfen und sich Ärzte und Apotheker untereinander mit Grippeimpfstoffen versorgen dürfen. Doch vor allem für Kinder könnten die Influenzavakzine knapp werden.

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In Deutschland sind in der Grippesaison 2018/19 fünf Impfstoffe im Handel: Fluad® (adjuvantiert, trivalent, ab 65 Jahren), Fluenz® Tetra, Influsplit® Tetra, Influvac® Tetra und Vaxigrip® Tetra. Allerdings sind nicht alle Vakzine auch für alle Altersgruppen oder Indikationen zugelassen. Von den drei – theoretisch verfügbaren – Totimpfstoffen, beziehungsweise exakter Spaltimpfstoffen, dürfen nur Influsplit® Tetra von Glaxo Smith Kline und Vaxigrip® Tetra von Sanofi-Pasteur bei Kindern ab sechs Monaten geimpft werden. Influvac® Tetra von Mylan hatte ausschließlich für Erwachsene ab einem Alter von 18 Jahren die Zulassung – das hat das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) nun geändert. Grund sind die derzeit herrschenden Engpässe und Verteilungsprobleme bei den diesjährigen Influenzavakzinen 2018/19.

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Influvac Tetra für Kinder ab  drei Jahren

Die Indikationserweiterung von Influvac® Tetra erlaubt, Mylans Grippeimpfstoff ab sofort auch bei Kindern ab einem Alter von drei Jahren einzusetzen und nicht wie bislang erst ab 18 Jahren. Die Fachinformation zu Influvac® Tetra ist bereits aktualisert. Somit ist Influvac® Tetra jedoch immer noch nicht indikationsgleich mit den beiden konkurrierenden Influenzavakzinen Influsplit® Tetra und Vaxigrip® Tetra, die Babys ab sechs Monaten als Grippeschutz erhalten dürfen. Kinderärzte sollten somit bei Kindern ab drei Jahren wohl Influvac® Tetra bevorzugen, um Influsplit® Tetra und Vaxigrip® Tetra für kleinere Kinder aufzusparen.

Besonderes Impfschema für Kinder

Kinder erhalten bei der Grippeimpfung in aller Regel die gleiche Dosis wie Erwachsene. Es gibt bei Influsplit® Tetra, Vaxigrip® Tetra oder Influvac® Tetra keine speziellen Kinderdosierungen, wie man es beispielsweise beim Schutz vor FSME kennt (Encepur® Kinder enthält die halbe Menge Antigen wie Encepur® Erwachsene). Dennoch gibt es eine Besonderheit bei Grippeimpfungen für Kinder im Alter von sechs Monaten bis neun Jahren, und zwar, wenn es die allererste Grippeimpfung für das Kind ist. In diesem Fall empfehlen die Fachinformationen zu Influsplit® Tetra, Vaxigrip® Tetra ein spezielles Impfschema und eine Wiederholungsimpfung: Die Kinder sollen vier Wochen nach einer ersten Impfdosis noch eine zweite erhalten.

Fluenz Tetra: Lebendimpfstoff erst ab zwei Jahren

Neben den drei zugelassenen Totimpfstoffen gibt es noch einen Lebendimpfstoff: Fluenz® Tetra (AstraZeneca). Er enthält attenuierte Virusstämme, die jedoch weiterhin vermehrungsfähig sind. Die abgeschwächten Viren sind kälteadaptiert und thermosensitiv – das bedeutet, sie können sich nur bei Temperaturen, die den oberen Atemwegen entsprechen, vermehren. Es kommt daher zu keinem Befall der unteren Atemwege (Lunge). Der Lebendimpfstoff ist erst ab einem Alter von zwei Jahren zugelassen und darf bei Kindern bis 17 Jahren verabreicht werden. Für Kinder unter zwei Jahren eignet sich Fluenz® Tetra nicht, da man hier eine erhöhte Rate an Krankenhauseinweisungen – meist aufgrund von Infektionen des Magen-Darm-Traktes und der Atemwege – ebenso wie ein vermehrtes Auftreten von Giemen (krankhaftes Atemgeräusch) beobachtet hat.

Lebendimpfstoff: nicht für alle Kinder

Nicht für jedes Kind eignet sich ein Lebendimpfstoff wie Fluenz® Tetra. So dürfen Kinder und Jugendliche mit einer Immunschwäche aufgrund von Erkrankungen oder infolge einer Therapie mit Immunsuppressiva (bei zum Beispiel Leukämie, Lymphom) oder symptomatischer HIV-Infektion nicht mit dem Lebendimpfstoff geimpft werden. Auch für Kinder, die an Immundefekten leiden und hochdosiert Cortison einnehmen müssen, eignet sich Fluenz® Tetra nicht. Allerdings stellen inhalative Corticoide (beispielsweise in Asthmasprays) oder eine niedrig dosierte Corticoidbehandlung keine Kontraindikationen dar. Kindern mit schwerem Asthma rät die Fachinformation jedoch, Fluenz® Tetra nicht anzuwenden.

Ebenfalls dürfen Kinder unter Salicylat-Therapien kein Fluenz® Tetra erhalten, da Salicylate wie Acetylsalicylsäure (ASS) und eine Influenza-Infektion mit dem Reye-Syndrom in Verbindung gebracht werden. ASS ist ohnehin – ebenfalls aufgrund der Gefahr eines Reye-Syndroms – für Kinder unter zwölf Jahren kontraindiziert. Unter diesem Syndrom versteht man eine akute Erkrankung des Gehirns (Enzephalopathie) und der Leber. Meist trifft sie Kinder im Alter von vier bis neun Jahren und verläuft bei einem Viertel der Patienten tödlich. Bei etwa 30 Prozent der Erkrankten bleiben neurologische Störungen, wie Sprach- und Lernschwierigkeiten, zurück.

Die erwähnten Kontraindikationen kollidieren zum Teil mit den oben genannten Impfempfehlungen. Denn gerade immunsupprimierten Kindern wird unter anderem auch eine Grippeimpfung empfohlen, da bei ihnen die Grippe schwerwiegender verläuft als bei Gesunden. Daher müssen diese Kinder einen Totimpfstoff als Grippeschutz erhalten.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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