Das Ende des Schweigens

Schmidt: Versand-Regulierung oder Strukturhonorar

Kiel - 29.11.2018, 11:00 Uhr

Friedemann Schmidt bricht sein Schweigen: Bei der gestrigen Kammerversammlung in Kiel erklärte der ABDA-Präsident, welche Optionen die ABDA mit dem Bundesgesundheitsministerium analysiert hat. ( r / Foto: Schelbert)

Friedemann Schmidt bricht sein Schweigen: Bei der gestrigen Kammerversammlung in Kiel erklärte der ABDA-Präsident, welche Optionen die ABDA mit dem Bundesgesundheitsministerium analysiert hat. ( r / Foto: Schelbert)


Diese Optionen sind im Gespräch

Sozialrechtliche Regulierung des Versandes: Zur Regulierung des Versandes nannte Schmidt insbesondere den Ansatz, die Preisbindung im SGB V als Zugangsvoraussetzung zur Versorgung festzuschreiben. Einige Politiker würden hoffen, der EuGH würde eine solche sozialrechtliche Regelung anders werten als die bisherige Preisbindung. Doch für die ABDA erklärte Schmidt dazu: „Wir waren immer dagegen, weil es vom EuGH genauso angegriffen wird.“ Dennoch hält Schmidt es für möglich, dass Spahn eine solche Regelung anbieten wird.

Kompensation durch neues Honorar: Viel ausführlicher ging Schmidt auf den Kompensationsansatz ein. Dabei sollten die Gemeinwohlaufgaben, die nur vor Ort wahrgenommen werden können, durch ein strukturgebendes Vergütungsmodell finanziert werden. „Wenn der Versand bleibt, bleiben die Aufgaben“, erklärte Schmidt und diese müssten finanziert werden. Die Arbeit für das Gemeinwohl bleibe, auch wenn die Umsätze sinken. Schmidt ließ erkennen, dass innerhalb der ABDA viel daran gearbeitet worden sei.

Auf die Frage aus der Kammerversammlung, ob eine Honorierung mit regelmäßiger Anpassung sowie Struktur- und Regionalkomponenten wie bei den Ärzten denkbar sei, ging Schmidt ausführlich ein. Er erklärte, damit habe sich die ABDA beschäftigt. Denn die Politik wolle „keine Honorarverbesserung mit der Gießkanne“. „Ich sehe in der Politik momentan keine Unterstützung für eine signifikante Erhöhung des Fixums“, erklärte Schmidt und folgerte: „Wir müssen über eine Vergütungsmechanik mit ganz anderen Mechanismen reden.“ Als Beispiel nannte Schmidt sogar eine morbiditätsbezogene Honorierung. Dies führe schnell zur Idee einer Kassenapothekerlichen Vereinigung. Doch dies wolle niemand, weil dabei Zerwürfnisse drohen würden. Doch möglicherweise seien solche Honorierungen auch ohne neue Institutionen möglich. Außerdem könne er sich eine solche Honorierung nur additiv vorstellen. Teile des bisherigen Honorars wegzunehmen, erzeuge bei den Apothekern Angst, mahnte Schmidt. Doch „als Lösung für Teilhonorare ist es charmant“, folgerte Schmidt. Es gehe darum, es zu machen wie die Ärzte, aber ohne die Fehler, die die Ärzte gemacht hätten. „Mal sehen, ob Spahn es aufnimmt“, fasst den Schmidt den Stand zu diesem Punkt zusammen.

Dritter Weg. Ein neuer Regulierungsansatz: Die oben genannte dritte Option für ganz neue Wege ergab sich aus einem Diskussionsbeitrag von Dr. Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein. Froese hatte eine neue Leistungsbeschreibung für die Apotheken als Versorger vorgeschlagen. Dazu äußerte sich Schmidt eher zurückhaltend. Denn Froeses Vorschlag würde ein stärkeres Bekenntnis zu einem regulatorischen Auftrag bedeuten und es sei nicht klar, ob Minister Spahn so weit gehe.

Am Ende Risikoeinschätzung nötig

Aus den vielfältigen Äußerungen Schmidts lässt sich nun erkennen, dass die sozialrechtliche Regulierung des Versandes oder ein neues Strukturhonorar als Kompensation für abwandernde Umsätze offenbar intensiv diskutiert wurden. Boni in Deutschland waren dagegen offenbar kein Thema. Welche Konzepte der Minister aufnimmt und wie er sie möglicherweise mit eigenen neuen Ideen kombiniert, wird er bei der ABDA-Mitgliederversammlung am 11. Dezember erläutern.

Zum Abschluss der Diskussion in Kiel wurde Schmidt gefragt, ob er diese Entwicklung als „Ablasshandel“ empfindet. Dies verneinte Schmidt mit dem Hinweis, er verspreche nicht das Paradies, wie es beim Ablass geschehen sei. Doch die Apotheker sollten sich darauf einstellen, dass sie nach dem 11. Dezember nicht vor einer Situation stehen, die nach naturwissenschaftlichen Maßstäben eindeutig bewertet werden könne. „Am Schluss ist es eine Risikoeinschätzung“, erklärte Schmidt. Es werde eher um eine Abwägung wie in der Medizin gehen, bei der viele Aspekte der Lebensqualität und die Lebenserwartung betrachtet würden.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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9 Kommentare

EUGH

von Torben Schreiner am 30.11.2018 um 3:19 Uhr

Ich bin zwar kein Jurist und vielleicht zu naiv,
Aber warum sollte man die Begründung des Europäischen Parlamentes zur Erlassung des VV von Tierarzneimitteln nicht vor dem EUGH anführen und verwenden können, um die Geschichte von 2016 anzufechten und für „nichtig“ zu erklären?
Man bräuchte doch nach solch einem Beschluss keinen Spahn mehr, der mit uns den LangeNase-Tanz aufführt.
Sondern Eier in der Hose, um aufzuzeigen wie hanebüchen das EUGH-Urteil jetzt spätestens jetzt noch rüberkommt, oder sehe ich das wirklich zu naiv?
Wie sehen das die Experten?

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„Es wird eng ... für viele ... zu eng.“

von Christian Timme am 30.11.2018 um 2:10 Uhr

Körpersprache eines Präsidenten. („Stellt euch nicht so an ... macht endlich die „Buden“ dicht“.)

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Welches Ziel gilt eigentlich?

von Reinhard Rodiger am 29.11.2018 um 22:12 Uhr

Ich frage mich, warum Positionen bereits vor einer Forderung aufgegeben werden mit dem Argument der Gegenpart möchte sie nicht.Das ist doch klar. Jeder weiss, man muss 150% fordern, um etwas in der Nähe von 100% zu bekommen.

Dazu gehört ein schlüssiges Konzept, das das Missverhältnis von Staatsauftrag und Umsetzbarkeit transparent macht.Da hilft kein Rumeiern um Spahnwünsche.Wo ist zB die Auseinandersetzung um die Ungleichbehandlung, Rabatte nicht bekommen zu dürfen, aber welche geben zu müssen ? Einfacher und für jeden plausibel geht es nicht.Ich habe nichts gehört.Genauso wenig vom Umgehen des Fremdbesitzverbots. Natürlich,Spahn mag das nicht.usw.

Das ist die weisse Fahne bevor geschossen wird.Es geht um die Lebensfähigkeit einer sozialen Dienstleistung im Kontrast zur Ausdünnung und der Konzentration auf die Zahlungsfähigen und Ballungsgebiete. Denn nur die bringen Ertrag.Wo ist die Debatte zu gesellschaftlich notwendigen , aber nicht in den Rahmen von Renditen fallenden Dienstleistungen.? Das sind Themen zur Gerechtigkeit mit höchster Aktualität. Was sind die Determinanten der Flächendeckung? Sicherheit , Umsicht und Spezialaufgaben sind intrinsisch nicht rentabel.Wieviel davon ist aber notwendig ? Wo sind die Forderungen? Nicht nur Geld, sondern Achtung fehlt. Wird das geltend gemacht? Wo? Jedenfalls zu leise.Weshalb wird die Stärkung der Macht der KK so locker anvisiert, kein Wort zum laufenden Missbrauch.Der trifft ja nur die Mehrheit.

Ich weiss, es geht nur um Leben oder Tod wie Kollege Mallach sagt. Aber warum Leben für 25% und Tod für 75% ?

Wer darf dann noch in den Genuss der besonderen Leistungen kommen, wer wird fehlender Rentabilität ausgegrenzt?

Kurz gesagt,ich vermisse die argumentative Umfeldarbeit und das Bemühen, die Debatte zu führen. Stoff genug gibt es.
Welches Ziel gilt eigentlich wirklich? Die Todgeweihten sollen noch grüßen?

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Eins ist klar :

von gabriela aures am 29.11.2018 um 14:43 Uhr

es wird eine „Lösung“ geben, die den Aüotheken nicht einen einzigen cent mehr bringt , sonst wäre das längst von „interessierten Kreisen“ durchgesickert an die Presse.
Wäre ja nicht das erste Mal ( erinnert Euch an das Pfingstopfer unter Ulla Schmidt !).

Also irgendwas, bei dem wir selber zusehen müssen, wie wir das gleiche Geld wie heute verteilen .
Vielleicht noch SGB V , da wird Herr Spahn sich sicher im Vorfeld mit seinem Kumpel besprochen haben, ob man in den NL was dagegen hätte.

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von der Wirklichkeit längst überholt

von in dubiis am 29.11.2018 um 13:31 Uhr

Es wäre zum Verzweifeln, wenn man nicht schon so abgestumpft wäre. Bei möglichst neutraler Betrachtung (die uns naturgemäß schwerfällt, denn wir sitzen mitten drin im zerfallenden Haus der bisherigen pharmazeutischen Versorgung) kann man doch, selbst als wohldotierter ABDA-Präsident, die wichtigsten Eckpunkte nicht übersehen:

1) Es gibt genügend Szenarien, wie eine Arzneimittelversorgung ohne inhabergeführte Apotheken in Deutschland stattfinden kann (ich rede nicht davon, dass es gut oder auf nennenswertem pharmazeutischem Niveau passiert). Das diese Szenarien zu deutlich höheren Kosten, vermehrten und länger dauernden Erkrankungen und kürzerer Lebenserwartung der Bevölkerung führt.... egal. Wenn das die Gesamtbevölkerung wirklich interessieren würde, gäbe es keine Raucher, Trinker, Drogenabhängige und auch keine Legalisierungsbestrebungen für Cannabis.
Das von seinen Influenzern abhängige Volk interessiert nur panem et circensis und später laut jammern, wenn das persönliche SHTF-Szenario eintritt.

2)Herr Spahn hat keinerlei Interesse, irgendetwas für die niedergelassenen Apotheker in Deutschland zu tun. Das Interesse Herrn Spahn gilt ausschließlich sich selbst und seinen dicken Freunden.
Er hat uns am 10.10. mit aller Deutlichkeit zu verstehen gegeben, dass wir ihm gar nichts Wert sind; genau das wird er auch am 11.12. so machen. Von diesem Menschen ist genau so viel zu Erwarten wie von den hochdotierten ABDA-Ehren- und Hauptamtlichen. Nichts! Gar nichts!

3) Alle gesetzlichen Regelungen werden auch in Zukunft von GKV und Auslandsversendern schlicht ignoriert; bei Klagen stehen die Sozialgerichte mit ihren GKV-Beisitzern immer auf Seiten der GKV. Übrigens wird auch ein Versandverbot nur wieder dazu führen, dass die Kunden der Versender den Kurierdienst beauftragen, ihre Medis in Limbourg und Brabant abzuholen. War alles vor 2004 schon mal da. Und die GKV hat trotzdem die Rezepte erstattet. Denn sie kann ja die IK nicht zuordnen und auch nicht gegen den Willen des EuGH agieren....
Minister Bruins, Ministerie van Volksgezondheid, und der Inspectie Gezondheidszorg en Jeugd ist der ständige Verstoß gegen diverse NL-Vorschriften der NL-Versender seit fast 20 Jahren nachweislich völlig egal.

Meine Prognose:
-Offizinzahl in 5 Jahren < 10.000
dann, als Sofortmaßnahme zur Rettung der Versorgung der Bevölkerung
-Fremdbesitzverbot fällt, ApoBetrO wird geändert, so dass Rx-Abgabestellen in Verbrauchermärkten eingerichtet werden können
-Studienordnung wird auf Bachelor / Master geändert, wobei BA dann Abgabestellen führen dürfen, Apotheken brauchen einen Master
-Nur sehr gut aufgestellte Apotheken werden als Schwerpunkte erhalten bleiben (schätzungsweise 1 pro 50.000 Einwohner).

Absurde Vorstellung? Ich finde, immer noch realistischer, als die von FS.

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Die Tiere machen es vor

von Jürgen Hauck am 29.11.2018 um 12:53 Uhr

Es war zu befürchten. Wer nach anderen Lösungen als RX Versandverbot /Gleichpreisigkeit sucht, lässt sich mal wieder blenden und mit Peanuts abspeisen. Ich bin entsetzt, dass man das an der Spitze nicht kapiert hat, nachdem uns schon so oft übel mitgespielt wurde.

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Vermischung

von Anita Peter am 29.11.2018 um 12:22 Uhr

"Schmidt: Versand-Regulierung oder Strukturhonorar"

Was hat eine Honorarerhöhung, die wir uns schon lange verdient haben, mit der Wiederherstellung von gleichen Bedingungen von Versandapotheke mit vor Ort Apotheke zu tun?
Spahn muss im Dezember einen Plan vorlegen, wie der Versand und die Vor Ort Apotheke in allen Punkten wieder gleich behandelt werden:
- Fremdbesitzverbot
- defizitäte Aufgaben
- Preisbindung
- NN
- kostenlose Beratung

usw usw usw

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AW: Vermischung

von Anita Peter am 29.11.2018 um 12:23 Uhr

- freie Einkaufskonditionen bei RX habe ich natürlich noch vergessen!

Genau

von Mathias Mallach am 29.11.2018 um 11:18 Uhr

Es geht um Leben und Tod. Ganz einfach.

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