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Mehr Wettbewerb, Prävention und nationale Souveränität
Das sind die gesundheitspolitischen Schwerpunkte der AfD
14 Monate nach der Bundestagswahl ist es soweit: Am vergangenen Freitag stellte die AfD ihre gesundheitspolitische Agenda vor. Das Zehn-Punkte-Programm enthält konservative, soziale und liberale Elemente. So soll bei den Krankenversicherungen der Wettbewerb gefördert werden, im ärztlichen Bereich sollen die Fallpauschalen und die Budgetierung fallen. Die „Zwei-Klassen-Medizin“ soll abgeschafft und medizinische Prophylaxe vermehrt zur Kassenleistung werden.
Bislang dominierten bei der AfD-Bundestagsfraktion andere Themen als die Gesundheitspolitik. 14 Monate nach der Bundestagswahl ist nun aber der erste Aufschlag zur Gesundheitspolitik erfolgt: Am vergangenen Freitag stellten die Gesundheitspolitiker Professor Axel Gehrke (gesundheitspolitischer Sprecher), Dr. Robby Schlund, Jörg Schneider und Detlev Spangenberg erstmals mit der „Berliner Erklärung“ ihre gesundheitspolitische Agenda vor.
Die zehn Punkte der „Berliner Erklärung“
Das Zehn-Punkte-Papier der AG Gesundheit ist ein thematischer „Rundumschlag“ über stationäre und ambulante Versorgung, Pflege, Prävention und Digitalisierung. Über die Pläne der AfD zum Apothekenmarkt berichtete DAZ.online bereits vergangene Woche. Die Schwerpunkte der AfD sind im Einzelnen:
1. Nationale Souveränität: Die AfD fordert eine gesetzgeberische Klarstellung, dass die Gesundheitspolitik in Deutschland ausschließlich in den Zuständigkeitsbereich der nationalen Gesetzgebung fällt. Damit solle einer zu großen „EU-Bevormundung“ vorgebeugt werden, so Gehrke. Schneider nannte das EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung von 2016 als Negativbeispiel für eine europarechtliche Einmischung in die nationale Gesundheitsversorgung.
2. Wettbewerb statt Planwirtschaft im Versicherungssystem: Die AfD lehnt sowohl Kopfpauschalen als auch eine Bürgerversicherung ab. Stattdessen soll der Wettbewerb in den gesetzlichen (GKV) und privaten Krankenversicherungen (PKV) gefördert werden. So soll die GKV verschiedene Vertragsmodelle anbieten können, in der PKV soll die Mitnahme der Altersrückstellungen ermöglicht werden.
DRG-System und Budgetierung abschaffen
3. Gegen „Zwei-Klassen-Medizin“: Im
ärztlichen Bereich soll die Budgetierung abgeschafft werden. Das Honorarsystem
für GKV und PKV solle für die Ärzteschaft einkommensneutral angeglichen und die
sektorenübergreifende Versorgung mit einem gemeinsamen Gebührensystem für
ambulante Leistungen gestärkt werden.
Außerdem will die AfD die Fallpauschalen (DRG-System) abschaffen. „Das DRG-System wirkt ökonomisch aber nicht medizinisch“, begründete Gehrke. Die Fallpauschalen-orientierte Medizin führe beispielswiese dazu, dass Patienten nach einem Eingriff zu früh vom Akutkrankenhaus in eine Rehabilitationseinrichtung verlegt werden („blutige Verlegung“). Stattdessen sollen in Krankenhäusern Vergütungssysteme wie im ambulanten Bereich eingeführt werden.
Rx-Versandverbot, Abschaffung von Importquote und Rabattverträgen
4. Arzneimittel- und Versorgungssicherheit anheben: Wie DAZ.online bereits vergangene Woche berichtete, will die AfD den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln verbieten und dafür die Botendienste der Vor-Ort-Apotheken ausbauen. Als Reaktion auf die Arzneimittelskandale des Sommers will die AfD die Rabattverträge sowie die Importquote abschaffen.
Zur Kontrolle der Arzneimittelkosten, schlägt die AfD vor, das Festbetragssystem zu stärken. Außerdem solle die Nutzenbewertung auf den patentgeschützten Bestandsmarkt ausgedehnt werden und die Ergebnisse der „Frühen Nutzenbewertung“ sollen rückwirkend gelten.
Pflegekräfte und pflegende Angehörige stärken
5. Pflege: Das Prinzip „Marktwirtschaft statt Planwirtschaft“ will die AfD auch für den Pflegebereich umsetzten. So sollen Pflegeeinrichtungen die Preisgestaltung ausschließlich im freien Wettbewerb vornehmen. Die Pflegekassen sollen keine Pauschalen, sondern bestimmten Prozentsätze zahlen. Die Übernahme der Investitionskosten durch die Länder sollte – anders als zurzeit – verbindlich festgelegt sein.
Außerdem will sich die AfD für pflegende Angehörige einsetzten. Als Beispiel wurde am vergangenen Freitag genannt, den Zugang zu Rehabilitationsmaßnahmen zu erleichtern. Um dem Pflegenotstand entgegenzuwirken, sollen die Arbeits- und Ausbildungsbedingungen in der Pflegebranche verbessert und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefördert werden. Pflegekräfte aus dem Ausland anzuwerben, hält die AfD für den falschen Weg, ebenso wie eine Akademisierung des Pflegeberufs. „Wir brauchen nicht nur Häuptlinge, sondern auch Krieger“, so Gehrke.
Digitalisierung, Reha-Medizin und flächendeckende Versorgung
6. Rehabilitation: Die Rehabilitationsmedizin kommt in Deutschland zu Unrecht zu kurz, findet Gehrke. Der Kardiologe, der am bundesweit einzigen Lehrstuhl für Rehabilitationsmedizin lehrte, will die Frührehabilitation schon in den Krankenhäusern ausbauen, um der „blutigen Verlegung“ entgegen zu wirken.
7. Digitalisierung: Bei diesem umfassenden Themenkomplex fokussiert sich die AfD auf den Datenschutz. Dieser müsse für die Patientendaten bei der Nutzung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) nachhaltig sichergestellt werden. „Wir sollten da nicht mitspielen, wenn die Lösung nicht ausgegoren ist“, so Gehrke.
8. Flächendeckende Versorgung: Um die medizinische Versorgung in infrastrukturschwachen Regionen zu gewährleisten, müssen Anreize für Ärzte geschaffen werden, sich auch auf dem Land niederzulassen. Dabei seien auch die Bundesländer, Landkreise und Kommunen gefordert. Auf dem Land müsse die Versorgung möglicherweise vermehrt institutionalisiert werden. „Die jungen Ärzte sind anders, sie wollen nicht mehr so viele Überstunden machen“, kommentiert Gehrke.
9. Gesundheitswirtschaft: Die Gesundheitswirtschaft ist der stärkste Wirtschaftsfaktor Deutschlands solle mehr gefördert und nicht nur als Kostenfaktor betrachtet werden.
Prävention soll in der Kita beginnen
10. Prävention stärken: Prävention sei kein Werkzeug zur Kostendämpfung, sondern diene der Verbesserung der Lebensqualität. Dafür müsse Prävention bereits in der Kita beginnen. Routineuntersuchungen und medizinische Prophylaxe sollen leichter zugänglich und Kassenleistung sein. Die AfD will die deutschen Kurorte zu medizinischen Präventionszentren ausbauen.
Um gesunde Ernährung zu fördern sei das „Strafprinzip“ wie etwa durch eine Zuckersteuer jedoch der falsche Weg. Wichtiger als einen „Veggie-Day“ einzuführen sei es, die Jugend vor den negativen Folgen von Alkohol, Zigaretten und Drogen zu schützen. In diesem Zusammenhang lehnt die AfD auch strikt die Legalisierung von Cannabis ab.
Das Programm enthält viele konservative, beispielsweise das Festhalten an der Cannabis-Prohibition, sowie wirtschaftsliberale Aspekte, beispielsweise die Betonung der Marktwirtschaft im Kassen- und Pflegesystem. Einige Vorschläge sind bereits von anderen Parteien bekannt wie beispielsweise die Forderung nach der Streichung der Budgetierung von der FDP. Die Forderung, die Nutzenbewertung auszuweiten, wendet sich gegen die Interessen der Pharmaindustrie und wurde in ähnlicher Form auch von den Linken gestellt. Neu und charakteristisch für die AfD ist die Betonung der nationalen Souveränität.
10 Kommentare
Wo ist das Papier?
von Joseph Kuhn am 01.01.2019 um 20:54 Uhr
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Gute Basis
von Karl-Heinz Hans am 09.12.2018 um 13:45 Uhr
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Schizophren
von Patrick Mages am 04.12.2018 um 9:39 Uhr
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... „was die AfD wirklich ist“ ... von Karl Friedrich Müller ...
von Christian Timme am 04.12.2018 um 9:24 Uhr
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warum
von Karl Friedrich Müller am 03.12.2018 um 17:23 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 5 Antworten
AW: warum
von Redaktion DAZ.online am 03.12.2018 um 17:43 Uhr
AW: Demokratie
von Dr. Ralf Schabik am 03.12.2018 um 19:29 Uhr
AW: Feindbeobachtung als Bürgerpflicht. ...
von Christian Timme am 03.12.2018 um 19:44 Uhr
AW: warum
von Karl Friedrich Müller am 04.12.2018 um 7:15 Uhr
AW: Werbung für die AFD
von Pharmix am 04.12.2018 um 9:37 Uhr
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