Wikipedia-Einträge zu Arzneimittelthemen

Pharmaziestudenten korrigieren Fehler

Remagen - 04.12.2018, 09:00 Uhr

Pharmaziestudenten finden Fehler bei Wikipedia. (c / Foto: Pixsooz / stock.adobe.com)

Pharmaziestudenten finden Fehler bei Wikipedia. (c / Foto: Pixsooz / stock.adobe.com)


Pharmaziestudenten können die Qualität von Wikipedia-Einträgen zu Arzneimitteln erhöhen, indem sie selber solche Texte bearbeiten. Das zeigt eine Forschungsarbeit, die an der Universität von Kalifornien durchgeführt wurde. In Australien sollen Pharmaziestudierende jetzt für diese spezielle Aufgabe ausgebildet werden.

Es ist davon auszugehen, dass auch Pharmaziestudenten häufig Wikipedia konsultieren. Und sie nehmen das, was sie dort lesen, sicher oft für bare Münze. Dabei wäre eine kritische Haltung wohl eher angebracht, meinen die Pharmazieprofessorinnen Tina Brock von der australischen Monash-Universität in Melbourne und Dorie Apollonio von der Universität von Kalifornien in San Francisco. Sie wollen die angehenden Apotheker dafür einspannen, die Qualität arzneimittelbezogener Inhalte in dem Online-Lexikon besser zu machen und haben dafür auch schon ein Ausbildungsprogramm parat. Näheres dazu ist in der Fachzeitschrift BMC Medical Education nachzulesen.

Fehlinformationen beeinflussen Patienten

Angehörige der Gesundheitsberufe seien besorgt, wenn sie sähen, dass Patienten durch medizinische Fehlinformationen beeinflusst werden, noch dazu, wenn man die potenziell verheerenden gesundheitlichen Auswirkungen bedenke, so begründen die Autorinnen die Motivation für ihre Initiative.

Ausbilder seien frustriert, wenn sie sähen, wie Studenten während ihre Ausbildung auf Informationsquellen niedriger Qualität zurückgreifen. Darüber hinaus seien viele, nachdem sie ihre Ausbildung abgeschlossen haben, nicht in der Lage dazu, hochwertige Informationen über Arzneimittel an das Verständnisniveau der Patienten anzupassen.

Wikipedia als „Trampelpfad“

Die Sorgen beziehen sich im Wesentlichen auf Wikipedia, die weltweit am häufigsten verwendete Online-Quelle für Gesundheitsinformationen. Die Internet-Enzyklopädie enthält mehr als 10.000 Pharmakologie- und Medizin-Artikel, die nach Einschätzung der Expertinnen teilweise eine schlechte Qualität haben. Wikipedia habe sich als etwas etabliert, das Transportwissenschaftler als „Trampelpfad“ bezeichneten, der kürzeste Weg, um an sein gewünschtes Ziel zu kommen. Dieser Trampelpfad sei ausgetreten, meinen die zwei Pharmaziedozentinnen, und Pharmaziestudenten könnten ihn besser machen, zu ihrem eigenen Vorteil und für die Patienten, die in Wikipedia Rat suchen.

Tests mit Medizin- und Pharmaziestudenten

Der Plan geht zurück auf ein Projekt an der Universität von Kalifornien in San Franzisco, an dem Brock seinerzeit beteiligt war. Im Jahr 2013 hatten zunächst rund zehn Medizinstudenten im vierten Studienjahr im Rahmen eines Spezialkurses versuchsweise Wikipedia-Seiten zu Krankheiten und zur Diagnostik bearbeitet. Dies wurde dann ein Jahr später in einem größeren Rahmen auch für die Pharmaziestudierenden umgesetzt. In zwei Pilotprojekten wurden mehr als 230 Studenten in kleinen Gruppen anhand von 144 Wikipedia-Seiten intensiv für die Aufgabe geschult.

Nach guten Erfahrungen damit wurde im Herbst 2016 eine prospektive Kohorten-Methodik dafür entwickelt. 119 Studenten aus dem dritten Studienjahr bearbeiten in Vierergruppen 30 pharmakologische Themen in Wikipedia, die von der Essential Medicines List (WHO EML) ausgewählt worden waren. Diese wiesen hohe Zugriffsraten auf und waren von minderer Qualität.

Zahlreiche Fehler ausgemerzt

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Nach der Auswertung wurden auf den arzneimittelbezogenen Seiten zahlreiche Änderungen vorgenommen. Alle Versuchsgruppen fügten neue Quellen hinzu (im Schnitt knapp neun). 80 Prozent der Studentengruppen löschten qualitativ schlechte Quellen und solche, die kaum zugänglich waren, und ersetzten sie durch neue verfügbare Alternativen. Insgesamt, so stellen die Autoren fest, habe sich die Qualität der Seiten deutlich erhöht. Sie seien richtiger und verständlicher geworden. Die Studenten verbesserten auch ihre Kommunikationsfähigkeit. Sie fühlten sich durch die Ausbildung besser vorbereitet auf ihre Aufgabe und hatten mehr Selbstvertrauen. Außerdem änderte sich ihre Einstellung zu Wikipedia und sie lernten mehr über die interne Arbeitsweise des Internet-Lexikons.

„Wir müssen dies tun“

Im nächsten Jahr sollen nun die Pharmaziestudenten an der Monash-Universität direkt im Rahmen ihres Studiums lernen, wie man Wikipedia-Seiten über Arzneimittel bearbeitet, ein Novum in Australien. „Ich habe das Gefühl, wir müssen dies tun", sagt Brock. „Wikipedia ist ein Ort, von dem Studenten, die Öffentlichkeit und sogar Gesundheitsexperten zunehmend ihre Informationen beziehen. Wenn wir unseren Studenten beibringen, diese besser zu machen, dann werden sie lernen, wie man das macht. Das nutzt ihnen selbst, und auch das Endprodukt ist sehr nützlich für eine Vielzahl von Menschen auf der ganzen Welt."



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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