GKV-Finanzen

Rücklagen der Krankenkassen wachsen auf 21 Milliarden Euro

Berlin - 05.12.2018, 11:30 Uhr


                                
                                        


                                        Die Sparsäcke der Krankenkassen sind gut gefüllt. (m / Foto: yurchello108 / stock.adbobe.com)

Die Sparsäcke der Krankenkassen sind gut gefüllt. (m / Foto: yurchello108 / stock.adbobe.com)


Die Krankenkassen haben in den ersten neun Monaten dieses Jahres einen Überschuss von rund 1,86 Milliarden Euro erzielt. Die Reserven der Kassen sind nunmehr auf einen Wert von rund 21 Milliarden Euro gestiegen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) fordert die Kassen daher nachdrücklich auf, alle Spielräume zur Senkung ihrer Zusatzbeiträge konsequent zu nutzen.

Die Finanzpolster der Kassen wachsen und wachsen. Wie das Bundesgesundheitsministerium (BMG) am heutigen Mittwoch bekanntgab, haben sie im 1. bis 3. Quartal 2018 einen Einnahmenüberschuss von rund 1,86 Milliarden Euro erzielt. Einnahmen in Höhe von rund 180,6 Milliarden Euro standen Ausgaben von rund 178,7 Milliarden Euro gegenüber. Damit habe sich der Überschuss im Vergleich zum 1. Halbjahr, in dem die Krankenkassen ein Plus von 720 Millionen Euro verbuchten, mehr als verdoppelt. Die Betriebsmittel und Rücklagen der Krankenkassen sind bis Ende September auf einen Wert von rund 21 Milliarden Euro gestiegen. Das sind im Schnitt etwa 1,1 Monatsausgaben – und damit mehr als das Vierfache der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve, wie das BMG betont.

Mit dem GKV-Versichertenentlastungsgesetz, das zum 1. Januar 2019 in Kraft treten wird, soll die Sparwut der Kassen gezügelt werden: Ab 2020 müssen die Kassen überhöhte Reserven schrittweise abbauen. Angesichts der jetzt veröffentlichten Zahlen ist Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) überzeugt: „Es war richtig, die Krankenkassen zum Abbau ihrer Rücklagen zu zwingen. Denn es gibt keinen Grund, warum sie Beitragsgelder weiter horten. Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Rentner müssen endlich an den Überschüssen beteiligt werden. Für das kommende Jahr sollten die Kassen alle Spielräume konsequent nutzen, um ihre Zusatzbeiträge zu senken.“ 

Mehr zum Thema

Schaut man sich die Krankenkassenarten genauer an, so zeigt sich folgendes Bild: Die AOKen verzeichneten im betrachteten Zeitraum einen Überschuss von rund 920 Millionen Euro, die Ersatzkassen von 534 Millionen Euro, die Betriebskrankenkassen (BKKen) von 190 Millionen Euro, die Innungskrankenkassen (IKKen) von 122 Millionen Euro und die Knappschaft-Bahn-See von 101 Millionen Euro. Lediglich die Landwirtschaftliche Krankenversicherung, die nicht am Risikostrukturausgleich teilnimmt, erzielte ein geringes Defizit von 2 Millionen Euro.

Der Gesundheitsfonds, der zum Stichtag 15. Januar 2018 über eine Liquiditätsreserve von rund 9,1 Milliarden Euro verfügte, verzeichnete im 1. bis 3. Quartal 2018 einen saisonüblichen Ausgabenüberhang von rund 3,26 Milliarden Euro. Daraus lassen sich laut BMG aber keine Rückschlüsse auf eine ähnliche Entwicklung im weiteren Jahresverlauf ziehen.

Arzneimittelausgaben steigen moderat um 3,5 Prozent

Während die Einnahmen der Kassen um 3,4 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum stiegen – bei einem Versichertenzuwachs von 0,8 Prozent – wuchsen die Ausgaben in den ersten neun Monaten dieses Jahres absolut um 3,8 Prozent. Je Versicherten stiegen die Ausgaben um 2,9 Prozent.

In den drei großen Ausgabenblöcken Krankenhaus, vertragsärztliche Behandlung und Arzneimittel lag der Zuwachs unter dem Schnitt, bei den Arzneimitteln war er dabei noch am höchsten: Absolut war hier ein Plus von 3,5 Prozent zu verzeichnen, je Versicherten waren es 2,7 Prozent mehr. Das BMG verweist auf die Entwicklungen im Bereich innovativer Arzneimittel, die hier „eine zentrale Rolle“ spielten. Im Gegenzug wurde nochmals mehr mit Rabattverträgen gespart. Hier nennt das Ministerium keine Euro-Summe, lässt aber wissen, dass sich das Erstattungsvolumen durch die Rabattvereinbarungen deutlich um rund 9 Prozent erhöht habe. Für Krankenhausbehandlungen gaben die Kassen in den ersten drei Quartalen 2018 absolut 2,9 Prozent mehr aus. Für die ambulante ärztliche Behandlung waren es rund 2,7 Prozent mehr.

BMG
In die Krankenhausbehandlung fließt mit 32 Prozent nach wie vor der Löwenanteil der GKV-Ausgaben. 17 Prozent werden für Arzneimittel aufgewendet.

Die Netto-Verwaltungskosten der Krankenkassen sind nach einer unterproportionalen Entwicklung in den Vorjahren nun wieder gestiegen – und zwar um 5,2 Prozent. Rechnet man die erhöhten Zuführungen zu den Alterungsrückstellungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum heraus, lag der Anstieg der Netto-Verwaltungskosten bei rund 3,9 Prozent.

Und was sind die Perspektiven?

Das BMG geht nun davon aus, dass die GKV auch das Gesamtjahr 2018 mit einem deutlichen Überschuss in einer Größenordnung von rund 2,5 Milliarden Euro abschließen wird. Nach einer Auswertung der Schätzerkreisergebnisse für 2019 hat es den durchschnittlichen zur Deckung der Ausgaben erforderlichen Zusatzbeitragssatz von 1,0 auf 0,9 Prozent abgesenkt. Derzeit erheben die Krankenkassen durchschnittlich einen Zusatzbeitragssatz von 1,07 Prozent. Diese Differenz verdeutliche den Spielraum, den die Krankenkassen haben, um ihre Versicherten durch Absenkungen der Zusatzbeiträge zu entlasten, betont das Ministerium. Der schrittweise Abbau überhöhter Finanzreserven ab 2020 sei dabei noch nicht berücksichtigt. Ab dem neuen Jahr können sich gesetzlich Versicherte zudem darüber freuen, dass sie den Zusatzbeitrag nicht mehr alleine schultern müssen – er wird dann wieder paritätisch von Arbeitnehmer wie Arbeitgeber finanziert.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


Diesen Artikel teilen:


4 Kommentare

@Herr Barz

von Karl Friedrich Müller am 06.12.2018 um 12:18 Uhr

ich verstehe Ihre Antwort nicht. Was wollen Sie sagen?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Einsparung

von Stefan Haydn am 06.12.2018 um 9:25 Uhr

Wenn die Rabattvertäge noch einmal 9 Prozent mehr Einsparung gebracht haben, spricht dies Bände.

Erfüllt und eingetrieben nur dank der Apotheken.
Zum Ausgleich diskutiert man nur über angeblich zu hohe Honorare und negiert jegliche Beteiligung am Einspareffekt.

Ich gebe Herrn Müller Recht bzgl. der Niedertracht der Beteiligten.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Niedertracht

von Karl Friedrich Müller am 05.12.2018 um 16:10 Uhr

Wenn ich in der Zeitung lese, wie Gebährende, Notfälle und Kranke stundenlang nach Krankenhäusern suchen müssen,
Wie Kranke ewig auf einen Termin beim Arzt warten müssen,
Wie Patienten, deren Hausarzt in Rente ist, kaum noch in Praxen angenommen werden,
Dass Kinderarztpraxen hoffnungslos überfüllt sind, die Ärzte am Limit und dann auf vorsindflutlicher Verteilung von Arztsitzen (weil viel zu wenig) beharrt wird, in dem Glauben, dass ein Arzt nur Kosten erzeugt (obwohl der Bedarf vorhanden ist)
Und die Krankenkassen auf einem Sack voll Geld mit 21 Mrd hocken,
Ist das schon eine ganz besondere Niedertracht von Kassen, Politik.
Dass man dann noch Krankenhäuser verklagt, Apotheken, Physiotherapeuten und andere Leistungserbringer mit windigen Begründungen um ihr Geld betrügt, Kranken Leistungen verweigert, auf die sie Anspruch haben, ist schier jenseits jeder Vorstellungskraft. Das wirft ein Licht auf den Charakter der Beteiligten.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Niedertracht

von Heiko Barz am 06.12.2018 um 11:15 Uhr

Über das Wort „Charakter“ müssen wir dann nochmal reden!

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.