Ab Januar 2019

Doxylamin für Kinder wird verschreibungspflichtig

Stuttgart - 19.12.2018, 16:45 Uhr

Sedaplus gibt es ab 1. Januar nur noch auf Rezept. (Packshot: CNP | Foto: WavebreakmediaMicro / stock.adobe.com)

Sedaplus gibt es ab 1. Januar nur noch auf Rezept. (Packshot: CNP | Foto: WavebreakmediaMicro / stock.adobe.com)


Ab dem 1. Januar 2019 ist Doxylamin zur Behandlung von Schlafstörungen bei Kindern verschreibungspflichtig. Betroffen ist das Präparat Sedaplus®. Der Hersteller ruft nun die Packungen mit der Kennzeichnung „apothekenpflichtig“ zurück. Hintergrund der Änderung waren Sicherheitsbedenken. So scheinen insbesondere Säuglinge und Kleinkinder unter  einem Jahr manchmal besonders empfindlich auf Anticholinergika zu reagieren.

Bereits im Sommer 2017 empfahl der Sachverständigen-Ausschusses für Verschreibungspflicht, dass Doxylamin für Kinder unter 18 Jahren zukünftig nicht mehr in der Selbstmedikation angewendet werden und dafür der Verschreibungspflicht unterstellt werden soll. Ende September dieses Jahres stimmte der Bundesrat der entsprechenden Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) und der Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel (AMVerkRV) zu. Zwei Tage später wurde sie im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Andere Punkte der Änderung, zum Beispiel die Entlassung von Ibuprofen plus Coffein aus der Verschreibungspflicht, sind bereits seit Oktober in Kraft, die Neuerungen bei Doxylamin gelten ab 1. Januar 2019. Das heißt, mit Beginn des neuen Jahres ist Doxylamin zur Behandlung von Schlafstörungen bei Kindern bis zum Alter von 18 Jahren verschreibungspflichtig.

In Deutschland ist ein Präparat davon betroffen, der Doxylamin-Saft Sedaplus®. In der Lauer-Taxe ist er bereits seit dem letzten Änderungsdienst zum 15. Dezember mit als „rezeptpflichtig“ markiert. Allerdings sind anscheinend noch alte Packungen mit der Kennzeichnung „apothekenpflichtig“ im Markt. Wie die AMK mitteilt , ruft der Hersteller diese nun zurück. Konkret geht es um die Chargen 2687600, 2724700 und 2777200 Sedaplus® Saft in den Packungsgrößen 100 g und 200 g. Apotheken sollen zum Stichtag 31. Dezember 2018 eventuell noch vorhandene Bestände der genannten Chargen an den Hersteller zur Gutschrift zurücksenden. Die Firma weist darauf hin, dass Sedaplus® Saft, der als „verschreibungspflichtig“ gekennzeichnet ist, von diesem Rückruf nicht betroffen ist.

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Manche Säuglinge und Kleinkinder reagieren empfindlich

Die Anwendung von „alten“ Anti-Histaminika wie Doxylamin bei Kindern wird schon länger diskutiert. Immer wieder wurden Sicherheitsbedenken laut. So scheinen insbesondere Säuglinge und Kleinkinder unter einem Jahr manchmal besonders empfindlich auf Anticholinergika, zu denen diese Wirkstoffe zählen, zu reagieren. Das birgt das Risiko von Schlafapnoen bereits bei normaler Dosierung. Zudem können paradoxe Reaktionen wie Unruhe auftreten. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat bereits 2012 empfohlen, dass die entsprechenden Präparate nur unter strenger Beachtung der Produktinformationen bei Säuglingen und Kleinkindern eingesetzt werden sollten.

2017 auch neue Vorgaben für Vomex, Vomacur und Emesan

Seit 2017 gibt es auch neue Vorgaben für die die antiemetischen Wirkstoffe Dimenhydrinat oder Diphenhydramin, die zur gleichen Wirkstoffklasse wie Doxylamin gehören. Hintergrund für die Entscheidung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte sind 39 Meldungen über schwerwiegende Nebenwirkungen wie Krampfanfälle unter Dimenhydrinat und Diphenhydramin. Fünf Kinder im Alter von 29 Tagen bis drei Jahren starben. Pharmazeutische Unternehmer mussten Warnhinweise in ihre Gebrauchs- und Fachinformationen aufnehmen, die betonen, dass Überdosierungen mit Dimenhydrinat/Diphenhydramin bei Kindern unter drei Jahren lebensbedrohlich sein können. Als Höchstdosis dürfen Kinder bis drei Jahren maximal 5 mg/kg KG Dimenhydrinat pro Tag erhalten.

Diese Maßnahmen seien notwendig gewesen, „um ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis für diese Arzneimittel aufrechtzuerhalten“, begründete das BfArM diesen Schritt.

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Was Apotheker tun können

Auch Apotheker können zur sicheren Therapie mit Vomacur®, Vomex® und Emesan® beitragen und bei ihrer Arzneimittelberatung zu Übelkeit und Erbrechen bei Kleinkindern den Eltern konkrete Höchstdosierungen auf die Packungen schreiben. Liegt nur eine einfache Gastroenteritis vor, zeigt eine antiemetische Behandlung mit dimenhydrinat- oder diphenhydraminhaltigen Zäpfchen oder Säften keinen Vorteil zu einer ausschließlichen Substitution von Flüssigkeit und Elektrolyten. Besonders aufmerksam sollten Apotheker sein, wenn Eltern über gleichzeitiges Fieber ihrer Kinder berichten: Kleinkinder neigen zu Fieberkrämpfen. Die gleichzeitige Gabe von krampfauslösenden Wirkstoffen wie Dimenhydrinat oder Diphenhydramin kann die Krampfanfälligkeit zusätzlich erhöhen.

Erst vor wenigen Tagen berichtete die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) über die Anpassungen und riet, um Überdosierungen zu vermeiden, insbesondere bei Kindern unter drei Jahren nur die für diese Altersgruppe zugelassenen dimenhydrinat- und diphenhydraminhaltigen Arzneimittel anzuwenden.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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