Statistik

Positiver HIV-Schnelltest – wie wahrscheinlich ist die Infektion?  

Berlin - 14.01.2019, 17:30 Uhr

Test positiv - HIV-positiv? Statistik-Experten zufolge ist das bei den Schnelltests eher unwahrscheinlich. (s/ Foto: Imago)

Test positiv - HIV-positiv? Statistik-Experten zufolge ist das bei den Schnelltests eher unwahrscheinlich. (s/ Foto: Imago)


„Sie sind wahrscheinlich positiv“ – unwahrscheinlich!

In den Gebrauchsinformationen steht bei einem positiven Ergebnis: „Sie sind wahrscheinlich HIV-positiv“. Bei unserem Rechenbeispiel wäre das Gegenteil der Fall. Denn ein korrektes Testergebnis von 13 entspricht einer Wahrscheinlichkeit von acht Prozent, tatsächlich mit dem HI-Virus infiziert zu sein. Dies liegt nicht daran, dass die Tests schlecht sind, sondern an der Natur der Statistik und an der Indikation.

Außerdem raten die Hersteller den Betroffenen, sich bei einem positiven Ergebnis rasch an einen Arzt zu wenden, um dieses zu bestätigen. Dies ist wiederum ein guter Rat. Sofern die Betroffenen nicht eine gefährliche und falsche Schlussfolgerung gezogen haben. „In ähnlichen Situationen haben Menschen über Suizid nachgedacht und auch begangen ­­­– obgleich sie tatsächlich nicht infiziert waren ­– um Stigma und sozialer Diskriminierung zu entgehen, die immer noch mit AIDS verbunden sind“, mahnt das Team von „Unstatistik des Monats“.

Aufklärung gehört dazu

Die Experten betonen, dass HIV-Schnelltests zwar sinnvoll sein können, es jedoch zum verantwortungsvollen Umgang gehöre, die Menschen verständlich darüber aufzuklären, was ein positives Testergebnis wirklich bedeutet. Denn nicht jeder weiß, wie Gesundheitsstatistiken zu interpretieren sind.

Apotheker können dies allerdings. Unter anderem deshalb hatte sich die ABDA im Vorfeld der Freigabe der HIV-Tests für deren Apothekenpflicht eingesetzt. „Denn bei Tests kann es zu falsch-positiven Ergebnissen kommen und der Anwender meint, HIV-positiv zu sein, obwohl er nicht infiziert ist“, erklärte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt in seiner Stellungnahme ans Bundesgesundheitsministerium (BMG) vergangenen Juni. Aufgrund ihrer wissenschaftlichen Kompetenz und Beratungserfahrung können Apotheker Ratsuchenden verständlich machen, welche Limitationen bei den Tests bestehen und was im Falle eines positiven Ergebnisses zu tun ist. Dies ist bei einem Kauf im Netz nicht gewährleistet.

Status: nicht apothekenpflichtig 

Das Bundesgesundheitsministerium hatte die Forderung der ABDA im August jedoch abgelehnt. „Das ausdrücklich gewünschte niedrigschwellige Angebot, das auch einen Bezug über das Internet ermöglicht, würde mit der Apothekenpflicht konterkarieren.“ Die Notwendigkeit zur persönlichen Beratung bei dieser hochsensiblen Fragestellung sieht das BMG offenbar nicht.

Ende September, kurz bevor der Verkauf der Tests beginnen konnte, verwies das BMG in einer Pressemittelung auf gemeinsame Informationsseiten mit dem Paul-Ehrlich-Institut. Dort befinden sich in der Tat einige hilfreiche Tipps für die Anwender. Beispielsweise werden Ratsuchende darauf hingewiesen, dass ein Selbsttest erst zwölf Wochen nach einer vermuteten Infektion aussagekräftig ist. Und dass man sich ein positives Testergebnis unbedingt durch einen Labortest bestätigen lassen soll. Doch die Frage ist, ob dieses passive Informationsangebot eine aktive Beratung ersetzen kann. 



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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