Und auch bein den deutschen Verbänden läuten die Alarmglocken. Ohne
Übergangsphase oder Regelungen für die komplexen Lieferketten für Arzneien
könne die Versorgung in Großbritannien und der übrigen EU „empfindlich“ gestört
werden, mahnte der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH).
Großbritannien und die EU müssten dringend Maßnahmen ergreifen, damit gerade schwer
kranke Patienten weiter ihre Medikamente bekämen.
Fast jedes vierte Arzneimittel für die EU werde in
Großbritannien freigegeben und dort in den Verkehr gebracht, so der BAH.
Entsprechend groß sind die Sorgen vor einem ungeordneten Brexit: „Medikamente,
die für ganz Europa in Großbritannien zugelassen wurden, dürfen von jetzt auf
gleich nicht mehr in Europa vertrieben werden“, warnte auch der Bundesverband
der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Im Falle eines Brexits ohne Abkommen
werde Großbritannien im Handel zum Drittstaat, inklusive damit verbundener
Zölle und anderer Beschränkungen, sagte Vorstandschef Martin Zentgraf.
vfa: UK könnte es härter treffen als Europa
Jährlich wird laut dem Verband Forschender
Arzneimittelhersteller (vfa) eine Milliarde Arzneimittelpackungen zwischen
Großbritannien und der übrigen EU gehandelt. Von möglichen Arznei-Engpässen
wäre aus vfa-Sicht aber in erster Linie Großbritannien betroffen. Das Land
könne einen „Stresstest für das Gesundheitssystem“ wesentlich schwerer
wegstecken als die EU, sagte Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer.
Pharma-Firmen hätten zwar ihre Arzneivorräte auf der Insel erhöht. Ob das aber
für einen Brexit ohne Deal genüge, sei ungewiss.
VCI: Arzneimittelhandel eingebrochen
Der Handel der deutschen Chemie- und Pharmabranche mit
Großbritannien ist derweil eingebrochen. 2018 sank das Handelsvolumen mit dem
Vereinigten Königreich um fast 10 Prozent auf 16 Milliarden Euro, zeigen Zahlen
des Branchenverbands VCI, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen. 2017
wurden noch Chemieprodukte und Arzneien im Wert von 17,7 Milliarden Euro
zwischen Deutschland und Großbritannien ausgetauscht.
Der Einbruch im Handel hänge stark mit Arzneien zusammen,
erklärte der VCI. Möglicherweise hätten deutsche Pharmafirmen weniger
Medikamente von der Insel importiert und stattdessen zur Sicherheit Verträge
mit anderen Zulieferern in Europa als Ersatz für britische Produkte
abgeschlossen. Bei den Pharma-Exporten nach Großbritannien wiederum habe sich
der Rückgang seit 2016 fortgesetzt.
Die Sorgen der Pharmabranche sind auch deshalb so groß, weil
die EU-Arzneimittelagentur bisher in London verankert war. Die EMA siedelt
wegen des Brexits nach Amsterdam über. Der Umzug mit 850 Mitarbeitern begann
jüngst.
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