Rote-Hand-Brief

Neue Nebenwirkung unter Gliflozinen

Berlin - 21.01.2019, 16:30 Uhr

Eine neue, seltene, aber schwerwiegende Nebenwirkung unter Gliflozinen: Fournier-Gangrän:  (m / Foto: stockfotos MG / stock.adobe.com)

Eine neue, seltene, aber schwerwiegende Nebenwirkung unter Gliflozinen: Fournier-Gangrän: (m / Foto: stockfotos MG / stock.adobe.com)


In den USA wurde bereits gewarnt

Bei starken Schmerzen, Druckschmerzen, Erythemen oder Schwellungen im Genitalbereich oder im Bereich des Perineums, die mit Fieber oder Unwohlsein einhergehen, sollen Patienten an ihren Arzt verwiesen werden. Dieser sollte bei Verdacht auf eine Fournier Gangrän, den SGLT2-lnhibitor absetzen und unverzüglich die Behandlung einleiten, empfehlen die Behörden. Dazu gehören Antibiotika und Wunddebridement.

Fournier-Gangrän: als Nebenwirkung aufgenommen

Interessant ist, dass im Zusammenhang mit der Anwendung von SGLT-2-Inhibitoren auch eher Frauen eine Fournier-Gangrän zu entwickeln scheinen. Die Produktinformationen werden dahingehend geändert, dass Fournier-Gangrän als Nebenwirkung in Abschnitt 4.8, Warnhinweise entsprechend der Zusammenfassung oben in Abschnitt 4.4 der Fachinformation aufgenommen werden. 

Was ist eine Fournier-Gangrän?

Bei einer Fournier-Gangrän handelt es sich um eine sehr seltene, aber potenziell lebensbedrohliche bakterielle Infektion des Genitalbereichs und/oder des Perineums, dem Bereich zwischen Anus und äußeren Geschlechtsorganen. Dabei kommt es zu einer nekrotischen Entzündung der Unterhaut und der Faszien, die rasch fortschreitet. Bei Verdacht auf solch eine Infektion muss schnellstmöglich mit einem Breitspek­trum-Antibiotikum behandelt werden, gegebenenfalls ist eine chirurgische Entfernung des nekrotischen Gewebes erforderlich.

Erste Anzeichen einer Fournier-Gangrän sind Schmerzempfindlichkeit, Rötung oder Schwellung im Genitalbereich oder Perineum. Im Gegensatz zu vergleichsweise harmlosen Pilzinfektionen treten auch Fieber und allgemeines Unwohlsein auf. Entwickeln Patienten unter SGLT-2-Inhibitoren solche Symptome, sollten sie umgehend einen Arzt konsultieren. In Absprache mit dem Arzt sollte der SGLT-2-Hemmer gegebenenfalls abgesetzt und der Patient auf ein anderes Antidiabetikum umgestellt werden.

FDA warnte bereits 2018 vor Fournier-Gangrän

Das Risiko einer Fournier-Gangrän unter antidiabetischer Therapie mit Canagliflozin, Dapagliflozin, Empagliflozin und Ertugliflozin ist nicht gänzlich neu. Auch die FDA hatte seit geraumer Zeit ein Auge auf die unerwünschte Arzneimittelwirkung unter Gliflozinen. Sie warnte Ende August 2018 vor der schweren Nebenwirkung und verwies auf insgesamt zwölf Fälle (sieben Männer und fünf Frauen), die zwischen März 2013 und März 2018 die FDA erreichten.

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Alle zwölf Patienten mussten im Krankenhaus behandelt werden und wurden operiert, ein Patient verstarb letztendlich. Mit Ausnahme von Ertugliflozin traten Fournier-Gangräne bei allen Gliflozinen bislang auf. Allerdings ist Ertugliflozin auch der jüngste Vertreter – Steglatro gibt es erst seit einem Jahr. Die FDA erteilte Ertugliflozin im Januar 2018 die Zulassung. Auch unter anderen Diabetika sei es zu einer Fournier-Gangrän gekommen, erklärte die FDA im Sommer letzten Jahres – allerdings waren dies lediglich sechs Fälle in den letzten 30 Jahren. Wohingegen der erste SGLT-2-Inhibitor erst vor sechs Jahren, 2013, die Zulassung erhielt.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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