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DAZ.online-Interview mit Brandenburgs Gesundheitsministerin
Karawanskij hinterfragt Ausnahme-Regelung für Großhändler bei Securpharm
Brandenburgs Gesundheitsministerin Susanna Karawanskij (Linke) ist mit einem großen Arzneimittel-Skandal im Gepäck ins Amt gestartet. Doch die Linken-Politikerin ist tatkräftig: Im Bundesrat hat sie bereits eine Initiative zur Abschaffung der Importquote durchgesetzt. Kürzlich reiste sie nach Brüssel, um dort mit Top-(Gesundheits-)Politikern zu sprechen. Unter anderem ging es um mögliche Verbesserungen bei Securpharm, dem EU-Meldesystem und den Parallelhandel. Im Interview mit DAZ.online erklärte die Ministerin, auf welche Resonanz sie in Brüssel gestoßen ist.
Seit ihrem Amtsantritt bleibt Brandenburgs Gesundheitsministerin, Susanna Karawanskij (Linke), bei Lunapharm am Ball. Während die staatsanwaltlichen Ermittlungen noch im vollen Gange sind, setzt sich Karawanskij auch auf europäischer Ebene dafür ein, weitere Vorfälle dieser Art zu vermeiden.
In der vergangenen Woche reiste Karawanskij mit Finanzminister Christian Görke (Linke) nach Brüssel. Dort traf die Ministerin unter anderem den EU-Parlamentsabgeordneten Tiemo Wölken (SPD), den stellvertretenden Generaldirektor Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Martin Seychell, sowie Annika Nowak, die im Kabinett von Gesundheits-EU-Kommissar Vytenis Andriukaitis für Arzneimittelthemen zuständig ist. Um welche Themen es in Brüssel unter anderem ging, darüber sprach die Ministerin im Nachgang ihrer Reise mit DAZ.online.
DAZ.online: Sie haben sich seit Ihrem Amtsantritt intensiv mit dem Thema Arzneimittelsicherheit beschäftigt. Sehen Sie auf europäischer Ebene noch Verbesserungsmöglichkeiten bei der Arzneimittelüberwachung?
Karawanskij: In Brüssel ist der Blick derzeit auf die Umsetzung der Fälschungsschutzrichtlinie gerichtet, die Anfang Februar in Kraft tritt. Dieses Projekt wird durch die eindeutige Rückverfolgbarkeit auf Packungsebene die Arzneimittelüberwachung in Europa einen großen Schritt nach vorne bringen. In Brandenburg haben wir aus der Lunapharm-Affäre weitere Erkenntnisse gewonnen, die wir in Brüssel vorgetragen haben. Unsere Gesprächspartner haben diese sehr ernst genommen und unseren Vorschläge mit großem Interesse zugehört. Da das Fälschungsschutzprojekt allerdings in Kürze startet, wolle man auf EU-Ebene erstmal beobachten, wie die Umsetzung läuft und etwa nach zwei Jahren evaluieren. Unsere Vorschläge können dann gegebenenfalls miteinbezogen werden.
Geht Securpharm noch sicherer?
DAZ.online: Welche Erkenntnisse aus dem Lunapharm-Skandal könnten auf EU-Ebene noch umgesetzt werden?
Karawanskij: Bei Securpharm liegt eine End-to End-Verifikation vor. Großhändler als Zwischenstufe müssen im Gegensatz zu den Apotheken nicht jede einzelne Packung verifizieren. Dagegen würde ein Track-and-Trace-Verfahren, also ohne Ausnahmeregelung für den Großhandel, die Lieferkette noch genauer abbilden – ähnlich wie eine Sendungsverfolgung bei DHL. Ob sich diese Ausnahmeregelung für den Großhandel bewährt, wird sich zeigen.
Karawanskij: Ein weiterer Punkt betrifft die europaweite Meldung von Arzneimittelrisiken im Rapid-Alert-System (RAS). Unsere Erfahrungen zeigten, dass die Angaben der jeweiligen Länder in den Datenbanken uneinheitlich sind. Es gibt zwar ein Handbuch, welche Eingaben erforderlich sind, aber dieses ist nicht verpflichtend. Außerdem würde es strafrechtliche Ermittlungen erleichtern, wenn die Justizbehörden oder länderübergreifend auch Europol auf diese Datenbanken zugreifen könnten.
Keine Einschränkung des Parallelhandels zu erwarten
DAZ.online: Wegen des Brexits muss die EMA ja umziehen. Könnte dieser Umzug Auswirkungen auf die Arzneimittelüberwachung haben?
Karawanskij: Hier hat man uns beruhigt. Der Umzug der Europäischen Arzneimittelagentur von London nach Amsterdam werde koordiniert ablaufen, hat man uns in Brüssel versichert. Bei der Arzneimittelüberwachung seien keine Einschränkungen zu erwarten.
DAZ.online: Sie haben in den vergangenen vier Monaten auf Landes- und Bundesebene viel erreicht, wie zum Beispiel die Bundesratsinitiative zur Abschaffung der Importquote. Wie wird diese Maßnahme in Brüssel gesehen?
Karawanskij: Unser Engagement auf föderaler Ebene wurde grundsätzlich sehr positiv aufgenommen. So ist beispielsweise der stellvertretende Generaldirektor interessiert daran, bei der Umsetzung unserer Maßnahmen durch den Landtag auf dem Laufenden gehalten zu werden. Allerdings ist es eher unwahrscheinlich, dass der Parallelhandel auf EU-Ebene in naher Zukunft eingeschränkt oder eingestellt wird, um den europäischen Binnenmarkt nicht zu schwächen.
Nächster Schritt: Bund-Länder-Arbeitsgruppe
DAZ.online: Derzeit überschlagen sich in Deutschland die Entwicklungen bei der Importquote. So wurde diese in einem Gesetzentwurf gestrichen, der folgende Entwurf enthielt sie wieder. Wie ist diese Vorgehensweise zu erklären?
Karawanskij: Dem Brandenburger Gesundheitsministerium liegt bislang weder die in der Presse erwähnte überarbeitete Fassung des GSAV-Entwurfs noch deren offenbar nachgereichte Aktualisierung offiziell vor. Der geschilderte Verfahrensgang lässt aber vermuten, dass der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen ist. Sobald dies der Fall ist und uns ein offizieller Entwurf zugeht, werden wir dazu selbstverständlich Stellung nehmen, spätestens im Bundesrat.
Arzneimittelsicherheit
Ist der Großhandel die Sicherheitslücke bei Securpharm?
DAZ.online: Was sind die nächsten Schritte aus ihrem Lunapharm-Maßnahmenpaket auf Bundesebene?
Karawanskij: Im Februar steht das erste Treffen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe an. Dieses Gremium setzt sich aus Experten der Arbeitsebene zusammen und wird in regelmäßigen Abständen zusammenkommen mit dem Ziel, die Arzneimittelsicherheit länderübergreifend zu gewährleisten.
DAZ.online: Frau Ministerin, wir bedanken uns ganz herzlich für das Gespräch.
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