Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung

Kabinett bringt GSAV auf den Weg

Berlin - 30.01.2019, 12:50 Uhr

Nun geht es zur Beratung in den Bundestag: Das GSAV, das für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung sorgen soll. (c / Foto: Külker)

Nun geht es zur Beratung in den Bundestag: Das GSAV, das für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung sorgen soll. (c / Foto: Külker)


Das Bundeskabinett hat am heutigen Mittwoch dem Gesetzentwurf für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) zugestimmt. Für Apotheken von Bedeutung sind unter anderem die neuen Regelungen zu Importen, zum E-Rezept oder Fernverordnungen. Nun geht das Gesetzespaket ins parlamentarische Verfahren. Es ist im Bundesrat zustimmungspflichtig und soll voraussichtlich Mitte 2019 in Kraft treten.

In der jüngeren Vergangenheit gab es eine Reihe von Arzneimittelskandalen. Da waren die gestohlenen Arzneimittel, die der Brandenburger Pharmahändler Lunapharm in Deutschland weitervertrieben hat, es gab das mit NDMA verunreinigte Valsartan, den Bottroper Zyto-Apotheker, der Krebspatienten lange unbemerkt mit unterdosierten Arzneimitteln versorgt hat und den Heilpraktiker in Brüggen-Bracht, unter dessen Behandlung mit selbst hergestellter Arznei Patienten starben.

Auf diese Erfahrungen reagiert  Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit dem jetzt vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV): „Mit dem Gesetz ziehen wir schnell und entschlossen Konsequenzen aus den Arzneimittelskandalen in der letzten Zeit. Patienten müssen sich sicher sein können, dass Arzneimittel ihnen helfen und nicht schaden. Außerdem schaffen wir endlich die Voraussetzung dafür, dass Arzneimittel schon bald mit elektronischen Rezepten verschrieben werden können.“

Unter anderem sieht der GSAV folgende Regelungen vor:

  • Bessere Zusammenarbeit zwischen den Behörden von Bund und Ländern: Es soll eine Informationspflicht geben über Rückrufe und andere Maßnahmen, die zu einem Versorgungsmangel mit Arzneimitteln führen können.

  • Die Rückrufkompetenzen der zuständigen Bundesoberbehörden werden erweitert: Bei nationalen und europäischen Zulassungen werden Rückrufe durch die Bundesoberbehörden grundsätzlich bei Qualitätsmängeln, negativem Nutzen-Risiko-Verhältnis oder beim Vorliegen des Verdachts einer Arzneimittelfälschung möglich.

  • Die Befugnis der für die Arzneimittelüberwachung zuständigen Landesbehörden zur Einsichtnahme in betriebliche Unterlagen bezüglich der Wirkstoffe und anderer zur Arzneimittelherstellung bestimmter Stoffe wird klargestellt. 

  • Die Häufigkeit bestimmter Inspektionen wird erhöht. Regelbeispiele für Fälle, in denen unangemeldete Inspektionen angezeigt sind, werden klar definiert (zum Beispiel Apotheken mit Zytostatikaherstellung).

  • Die Koordinierungsfunktion von Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und Paul-Ehrlich-Institut (PEI) werden gestärkt. Sie koordinieren Rückrufe auf Ebene der Bundesländer und sollen so Versorgungsengpässe verhindern.
  •  Krankenkassen bekommen Anspruch auf Regress gegenüber dem pharmazeutischen Unternehmen bei Produktmängeln, z.B. im Falle eines Rückrufs. Das Unternehmen hat also auch ein wirtschaftliches Interesse, dass seine Arzneimittel sicher sind.

  • Für Versicherte fällt die Zuzahlung bei einer notwendigen Neuverordnung in Folge eines Arzneimittelrückrufs wegen Qualitätsmängeln weg.

  • Länder müssen die zuständigen Bundesoberbehörden über geplante Inspektionen bei Herstellern von Arzneimitteln und Wirkstoffen in Drittstaaten informieren. Bundesoberbehörden können an diesen Inspektionen teilnehmen.

  • Informationen über Wirkstoffhersteller von Fertigarzneimitteln sollen öffentlich gemacht werden.

  • Bei Rabattverträgen der Krankenkassen mit den Arzneimittelherstellern soll künftig gelten, dass auch eine unterbrechungsfreie und bedarfsgerechte Lieferfähigkeit des Arzneimittels zu berücksichtigen ist. Dies soll auch Liefer- und Versorgungsengpässen bei Rabattarzneimitteln vorbeugen und die Krankenkasse in die Mitverantwortung für die Lieferfähigkeit nehmen. 

  • Die Herstellung verschreibungspflichtiger Arzneimittel und von Zubereitungen aus menschlichem Gewebe durch Angehörige nicht-ärztlicher Heilberufe (insbesondere Heilpraktiker) wird erlaubnispflichtig.

Was für Apotheken noch wichtig ist

Doch natürlich nutzt Spahn das Gesetz auch für weitere Regelungen, die nicht unmittelbar mit den Skandal-Erfahrungen zu tun haben, die Arzneimittelversorgung und Patientensicherheit dennoch verbessern sollen:

  • E-Rezept: Die Selbstverwaltung wird verpflichtet, innerhalb von sieben Monaten nach Inkrafttreten des GSAV die notwendigen Regelungen für die Verwendung des elektronischen Rezeptes zu schaffen. Insbesondere müssen sie jene Regelungen anpassen, die bislang die Verordnung von Arzneimitteln ausschließlich in Papierform vorsehen. 
  • „Lex DrEd“ wird gestrichen: Apotheken werden verschreibungspflichtige Arzneimittel künftig auch nach einer offensichtlichen ausschließlichen Fernbehandlung abgeben können.

  • Die bisherige Preisabstandsgrenze von 15 Euro/15 Prozent in der Importförderklausel wird durch eine differenziertere Preisabstandsregelung ersetzt.   
  • Biosimilars: Der G-BA soll in einer Richtlinie festlegen, welche Originalpräparate vom behandelnden Arzt durch Biosimilars ausgetauscht werden können. In drei Jahren sollen auch Apotheken Biosimilars, die auf der Liste des G-BA stehen, austauschen können. Die Selbstverwaltung wird verpflichtet, feste Versorgungsziele mit Biosimilars zu vereinbaren.  
  • Medizinisches Cannabis: Nach einmal erfolgter Genehmigung soll im Falle einer Anpassung der Dosierung oder eines Wechsels der Blütensorte (Wechsel von Blüten der einen Sorte zu Blüten einer anderen Sorte oder Wechsel zwischen verschiedenen Extrakten) künftig kein erneuter Antrag bei der Krankenkasse notwendig sein.  
  • Hämophilie-Präparate: Die bisherige Ausnahme vom Apothekenvertriebsweg (Direktvertrieb des Herstellers mit Ärzten und Krankenhäusern) wird zurückgenommen. 
  • Es wird eine gesetzliche Grundlage geschaffen, um die Herstellung von Frischzellen zur Anwendung am Menschen zu verbieten. Damit kann das BMG eine Verordnung zum Verbot von Frischzellen zur Anwendung am Menschen erlassen. 
  • Für nichtzulassungs- oder nichtgenehmigungspflichtige Arzneimittel für neuartige Therapien (z.B. Gentherapien) wird eine Dokumentations- und Meldepflicht aller schwerwiegenden Verdachtsfälle von Nebenwirkungen eingeführt. Zudem wird eine Anzeigepflicht gegenüber der zuständigen Bundesoberbehörde eingeführt.  
  • Fälschungsschutzrichtlinie: Im Arzneimittelgesetz werden verschiedene neue Ordnungswidrigkeitentatbestände eingeführt, die eine Ahndung von Apothekern, Herstellern und Großhändlern vorsehen, die gegen  Verbote und Pflichten verstoßen, die sich aus der Delegierten Verordnung zur Fälschungsschutzrichtlinie ergeben.   
  • Die Vergütungen von Auszubildenden in der Pflege, die ab 2020 nach dem neuen Pflegeberufegesetz ausgebildet werden, werden im ersten Ausbildungsjahr vollständig von den Kostenträgern refinanziert.

Das Gesetz ist im Bundesrat zustimmungspflichtig und soll voraussichtlich Mitte dieses Jahres in Kraft treten.

Den Gesetzentwurf und weitere Informationen finden Sie unter: www.bundesgesundheitsministerium.de/gsav



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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