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Lancet-Publikation
Metaanalyse: Sollen herzgesunde Senioren Statine nehmen?
Der Nutzen von Statinen in der Sekundärprävention gilt als belegt. Unklar ist, ob die Cholesterinsenker auch bei älteren Patienten ohne kardiovaskuläre Vorerkrankungen eingesetzt werden sollten. Einer aktuellen Metaanalyse zufolge zeigen Statine in der Primärprävention bei über 75-Jährigen keinen signifikanten Nutzen. Doch für die Autoren ist das letzte Wort in der Primärprävention noch nicht gesprochen.
Kein Arzneimittel ist ohne Nebenwirkung. Sollen Medikamente zur Vorbeugung eingenommen werden, muss das Nutzen-Risiko-Verhältnis besonders kritisch betrachtet werden. So ist bei der Substanzklasse der Statine der Nutzen zur Sekundärprävention zwar gut belegt. Ob ältere Menschen die Cholesterinsenker prophylaktisch einnehmen sollten, um kardiovaskuläre Ereignisse zu verhindern, wird dagegen kontrovers diskutiert. Denn die gut untersuchte Substanzklasse ist unter anderem mit muskulären Nebenwirkungen verbunden und weist ein nicht zu vernachlässigendes Interaktionspotenzial auf.
Metaanalyse mit rund 190.000 Patienten
Eine aktuelle Metaanalyse, deren Ergebnisse im Lancet veröffentlicht wurden, hat sich mit der Nutzenseite von Statinen, unter anderem in der Primärprävention bei Älteren, befasst. Dazu werteten die Wissenschaftler 28 Primärstudien mit insgesamt 186.854 Patienten verschiedener Altersgruppen aus. 14.483 (8 Prozent) der Studienteilnehmer waren älter als 75 Jahre, davon hatten 603 keine vaskuläre Vorerkrankung (Herzinfarkt, KHK oder Herzinsuffizienz).
In der Metaanalyse wurden die Daten aus kontrollierten Studien zu unterschiedlichen Krankheitsbildern gepoolt, wie beispielsweise Bluthochdruck oder Herzinsuffizienz. Als Endpunkt wählten die Forscher eine Kombination aus schweren koronaren Ereignissen (Herzinfarkt), koronarer Revaskularisation und Schlaganfall. Der Einfluss auf den primären Endpunkt wurde ins Verhältnis dazu gesetzt, wie stark die Statine den LDL-Cholesterinwert senkten.
Keine Signifikanz in der Primärprävention ab 70 Jahren
Über alle Alters- und Indikationsgruppen hinweg, mit und ohne vaskuläre Vorerkrankungen, konnten die Statine das Risiko für den primären Endpunkt signifikant um 21 Prozent pro Reduktion des LDL-Cholesterinwerts um 1 Millimol pro Liter senken.
Betrachtet man Sekundär- und Primärprävention getrennt voneinander, ergibt sich ein differenziertes Bild: So ist der Nutzen der Statine bei Patienten mit vaskulären Vorerkrankungen über alle Altersgruppen, inklusive der Älteren, signifikant. Bei der Primärprävention dagegen verliert die Statinprophylaxe ab einem Alter von 70 Jahren die Signifikanz. Bei über 75-jährigen liegt ein positiver aber nicht signifikanter Trend von 8 Prozent zugunsten der Cholesterinsenker vor.
Nutzen weiterhin unklar
Ist die Frage nach dem Nutzen der Statine zur Primärprävention damit nun beantwortet? Trotz des klaren Ergebnisses äußern sich die Autoren in der Diskussion zurückhaltend. So sei die Ereignisrate bei Patienten ohne kardiovaskuläre Vorerkrankungen sehr gering gewesen, weshalb die Gruppe möglicherweise nicht repräsentativ sei. An dieser Stelle ist anzumerken, dass eine bestehende Vorerkrankung zu den Risikofaktoren gehört, erneut ein vaskuläres Ereignis zu erleiden. Auch dieser Sachverhalt könnte die unterschiedlichen Ereignisraten in der Primär- und Sekundärprävention erklären.
Betrachtet man die drei Komponenten des Kombi-Endpunktes separat, fällt auf, dass bei den über 75-Jährigen das Signifikanzniveau bei den Parametern Schlaganfall und Revaskularisierung zwar verloren geht, bei schweren koronaren Ereignissen jedoch erhalten bleibt. Deswegen und aufgrund der insgesamt positiven Daten bei den anderen Altersgruppen, sehen die Autoren einen Nutzen in der Primärprävention mit Statinen auch bei Älteren, wenn sie ein erhöhtes Risiko für koronare Ereignisse aufweisen.
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