Zulassungsempfehlung der EMA

Neurodermitis-Antikörper: Bald auch bei schwerem Asthma?

Stuttgart - 06.03.2019, 15:15 Uhr

Spritzen statt inhalieren: Die Zahl der Antikörper in der Asthmatherapie nimmt zu. ( r / Foto: Ocskay Mark / stock.adobe.com)

Spritzen statt inhalieren: Die Zahl der Antikörper in der Asthmatherapie nimmt zu. ( r / Foto: Ocskay Mark / stock.adobe.com)


2017 wurde das erste zielgerichtete Biologikum gegen Neurodermitis zugelassen: Dupilumab. Nun hat der Humanarzneimittelausschuss der EMA für den vollhumanen Antikörper eine Indikationserweiterung empfohlen. Unter dem Markennamen Dupixent könnte Dupilumab bald Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren mit schwerem Asthma helfen.  

Auch wenn man im Pharmaziestudium viel über Asthma lernt und später in der Apotheke intensiv dazu beraten kann, handelt es sich doch um eine chronische Krankheit, die nicht komplett verstanden und bislang nicht heilbar ist. Deshalb konzentriert sich die Therapie auf die Kontrolle der Symptome, sodass Asthmaattacken in ihrer Häufigkeit auf ein Minimum reduziert werden und eventuelle Attacken möglichst schnell gelindert werden können.

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Relativ neu in der Asthmatherapie ist, dass aktuelle Leitlinien mittlerweile auch den Einsatz von Biologika vorsehen, allerdings erst dann, wenn alle anderen medikamentösen Therapieoptionen ausgeschöpft sind. Zur Wahl stehen dann Antikörper gegen Immunglobulin E (IgE) oder Interleukin-5 (IL-5) bzw. dessen Rezeptor. Ihr Einsatz soll vor allem eine Langzeittherapie mit oralen Glucocorticoiden vermeiden. Bei Patienten mit schwerem IgE-vermittelten allergischem Asthma ist Omalizumab (Xolair®) eine Option, bei schwerem eosinophilem Asthma gibt es für Erwachsene die Antikörper Mepolizumab (Nucala®), Reslizumab (Cinqaero®) oder Benralizumab (Fasenra®). 

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Obwohl damit theoretisch schon einige Biologika in der Asthmatherapie zur Verfügung stehen, gelten die Therapieoptionen für Patienten mit schwerem Asthma, deren Symptome nicht mit hoch dosierten inhalativen Glucocorticoiden kontrolliert werden können, als begrenzt. Das geht aus einer Pressemitteilung der EMA vom 1. März hervor. Anlass der Pressemitteilung war, dass der Humanarzneimittelausschuss der EMA (CHMP) einen weiteren Antikörper für die Asthma-Therapie zur Zulassung empfohlen hat, der sich weder gegen IgE noch gegen Interleukin-5 wendet.

Dupilumab: Neuer Antikörper mit zwei neuen Angriffspunkten

Dupilumab inhibiert sowohl Interleukin-4 als auch Interleukin-13 und reduziert so Entzündungsprozesse in den Atemwegen, schreibt die EMA. Der CHMP empfiehlt, den Antikörper als Add-on in der Erhaltungstherapie von Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren zuzulassen. Er soll dann indiziert sein, wenn die Patienten an schwerem Asthma mit Typ-II-Entzündungen leiden und diese mit hochdosierten inhalativen Glucocorticoiden in Kombination mit einem anderen Asthma-Arzneimittel (LABA oder LTRA) nicht kontrolliert werden können. Charakteristisch für Typ-II-Entzündungen seien erhöhte Werte für Bluteosinophile und/oder erhöhte Werte für ausgeatmetes Stickstoffmonoxid (FeNO-Test). 

Nutzen und Sicherheit von Dupilumab sind laut EMA in drei Zulassungsstudien mit insgesamt 2.888 Patienten untersucht worden. Dabei hätte Dupilumab Asthma-Exazerbationen reduziert und die Lungenfunktion verbessert. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählten Infektionen, Augenerkrankungen (Konjunktivitis und verwandte Erkrankungen) sowie Reaktionen an der Injektonsstelle. In der Therapie der Neurodermitis ist Dupilumab bereits zugelassen und soll besonders auf seine Nebenwirkungen hin überwacht werden, es ist mit einem schwarzen Dreieck gekennzeichnet. 

Biologika: Eosinophiles oder nicht-eosinophiles Asthma?

Asthma kann in eosinophiles und nicht-eosinophiles Asthma unterteilt werden. Patienten mit eosinophilem und nicht-eosinophilem Asthma unterscheiden sich in ihrem Ansprechen auf ICS (inhalative Glucocorticoide). Diese Einteilung findet außerdem zunehmende Bedeutung für die Indikations-Stellung einer Biologika-Therapie, da eine Eosinophilenvermehrung das Ansprechen auf bestimmte Biologika wahrscheinlicher macht (wie Omalizumab oder Dupilumab) oder überhaupt erst ein Ansprechen voraussagt (wie bei Mepolizumab, Reslizumab und Benralizumab).  

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Die Kriterien zur Definition eines „eosinophilen“ Asthmas sind jedoch noch nicht klar geregelt. In den verschiedenen Zulassungsstudien schwanken laut Leitline die entsprechenden Werte. Unklar sei aktuell auch, inwiefern ein „eosinophiles“ Asthma mit einem „Type-2-High“ Asthma bzw. ein „nicht-eosinophiles“ Asthma mit einem „Type-2-Low“ Asthma gleichzusetzen ist. Außerdem gelte zu beachten, dass eine Therapie mit systemischen Glucocorticoiden die Zahl der eosinophilen Granulozyten im Blut verringert.  

Dupilumab bei Neurodermitis und „komorbides Asthma“

Dupilumab ist in der EU bereits für Erwachsene zugelassen (Fertigspritzen, je 300 mg Dupilumab in 2 ml Lösung), bislang aber nur in der Indikation mittelschwere bis schwere atopische Dermatitis (AD) bei erwachsenen Patienten, die für eine systemische Therapie in Betracht kommen. 

In der zugehörigen Fachinformation ist bislang noch vermerkt: „Komorbides Asthma: Die Sicherheit und Wirksamkeit von Dupixent bei der Behandlung von Asthma ist nicht erwiesen. Patienten mit einem komorbiden Asthma dürfen ihre Asthma-Behandlung ohne vorherige Absprache mit ihren Ärzten weder anpassen noch absetzen. Nach dem Absetzen von Dupixent sind Patienten mit einem komorbiden Asthma sorgfältig zu überwachen.“ Diese Zulassung könnte sich nun durch die Empfehlung des CHMP bald erweitern, wenn die EU-Kommission zustimmt.  

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Einem Artikel aus der DAZ 2018, Nr. 1 zufolge wird Dupilumab übrigens in einem breit angelegten klinischen Entwicklungsprogramm untersucht – auch bei weiteren entzündlichen Erkrankungen, bei denen die Zytokine IL-4 und IL-13 eine wichtige Rolle spielen. Dazu zählten Polyposis nasi (Phase III) und die eosinophile Ösophagitis (Phase II). ­



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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