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Noch ein Vertragsverletzungsverfahren
EU setzt Deutschland weitere Frist zur Apotheker-Berufsanerkennung
Die EU-Kommission setzt Deutschland nicht nur wegen der Rx-Preisbindung unter Druck. In einem weiteren Vertragsverletzungsverfahren hat die Kommission der Bundesrepublik wegen ihrer Richtlinien zur gegenseitigen Berufsanerkennung jetzt eine Frist gesetzt. Die EU verlangt, dass Bewerber in reglementierten Berufen, die aus anderen EU-Staaten stammen, einen schnelleren und leichteren Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt bekommen. Insgesamt wurden 26 der (noch) 28 Mitgliedstaaten abgemahnt.
Die EU-Kommission hat es derzeit offenbar auf die reglementierten Berufe in Europa abgesehen. Am vergangenen Donnerstag mischte sich die Kommission zu einem empfindlichen Zeitpunkt in den Versandhandelskonflikt ein und setzte Deutschland eine Zweimonatsfrist. Innerhalb dieses Zeitraums muss die Bundesrepublik Maßnahmen ergreifen, die dazu führen, dass die Rx-Preisbindung für EU-Versender auch gesetzlich abgeschafft wird. In ihrem Brief an die Bundesrepublik ließ die Kommission aber keinen Zweifel daran, dass sie das System der Festpreise grundsätzlich nicht gutheißt. Ihr erstes Argument: der freie Warenverkehr.
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Doch die EU-Kommission hat in der vergangenen Woche noch ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren vorangebracht, das für die Apotheker ebenfalls relevant ist. Konkret geht es um die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen. Zur Erklärung: Anfang 2014 war in der EU eine Richtlinie in Kraft getreten, die dafür sorgen soll, dass die Berufsqualifikationen von Fachkräften in den EU-Staaten in anderen Mitgliedstaaten akzeptiert werden. Damit will die EU erreichen, dass Fachkräfte im gesamten EU-Binnenmarkt ihren Beruf ausüben oder Dienstleistungen erbringen können. Insbesondere die reglementierten Berufe (Apotheker, Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten, Krankenpfleger, etc.) hatte die EU mit dieser Regelung im Visier.
Europäischer Berufsausweis, Vorwarnmechanismus
Teil dieser Richtlinie war unter anderem der Europäische Berufsausweis (EBA), ein elektronisches Zertifikat, das seit 2016 für die Krankenpfleger, Physiotherapeuten, Apotheker, Immobilienmakler und Bergführer verfügbar ist. Um EU-Patienten und Verbraucher zu schützen, hat die Kommission auch einen Vorwarnmechanismus eingeführt: Der Mitgliedstaat, der Fachkräfte aus anderen EU-Ländern empfängt, ist für die Prüfung ihrer Qualifikationen oder Eignung zur Berufsausübung zuständig und muss bei begründeten Zweifeln an der Qualifikation andere Staaten „vorwarnen“.
Diese EU-Richtlinie wurde 2016 vom Bundestag in deutsches Recht umgesetzt. Mit dem Gesetz wurde damals unter anderem die Definition des Apothekerberufs neu gefasst. Zudem wurde damals vorgegeben, wann sich die Ausbildung zum Apotheker in einem Drittstaat „wesentlich“ von der deutschen unterscheidet, nämlich dann, wenn „bedeutende Unterschiede hinsichtlich der Kenntnisse und Fähigkeiten bestehen, die eine wesentliche Voraussetzung für die Ausübung des Berufs sind“ (§ 4 Abs. 2 BApO). Diese sollen ganz oder teilweise durch Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeglichen werden können, die ein Antragsteller im Rahmen seiner pharmazeutischen Berufspraxis „in Voll- oder Teilzeitform oder durch lebenslanges Lernen“ erworben hat, sofern sie von einer zuständigen Stelle als formell gültig anerkannt wurden.
EU: Regulierungen sind nicht angemessen
Doch der Kommission gehen die in Deutschland ergriffenen Maßnahmen offenbar nicht weit genug. Die EU hat der Bundesregierung eine „mit Gründen versehene Stellungnahme“ zukommen lassen, in der Deutschland aufgefordert wird, weitere Regelungen zu treffen, die die Anerkennung ausländischer Qualifikationen hierzulande erleichtern. Es handelt sich hierbei um ein reguläres Vertragsverletzungsverfahren, bei dem feste Abläufe gelten. Reagiert die Bundesregierung nicht innerhalb der kommenden zwei Monate, will die EU-Kommission vor dem EuGH klagen.
Um welche Regelungen es der Kommission geht und inwiefern der Apothekerberuf oder andere reglementierte Berufsgruppen betroffen sind, bleibt bislang jedoch unklar. Denn in ihrer Begründung listet die Kommission nur sehr grob einige Felder auf, die aus ihrer Sicht neu reguliert werden müssten, ohne dabei ins Detail zu gehen. Deutschland müsse demnach beim oben beschrieben „Vorwarnmechanismus“ nacharbeiten. Ebenso gibt es laut EU Nachholbedarf beim partiellen Berufszugang von EU-Fachkräften – diese Regelung dürfte Apotheker aber nicht betreffen, sondern eher Medizinisch-technische Assistenten (MTA) und Psychotherapeuten.
Sprachliche Anforderungen sollen geprüft werden
Aber auch bei der „Verhältnismäßigkeit der sprachlichen Anforderungen“ müsse die Bundesregierung ihre Regelungen umstellen. Hiervon wären Apotheker sicherlich auch betroffen – schließlich müssen Pharmazeuten aus anderen Ländern hierzulande gewisse Sprachtests bestehen, um arbeiten zu dürfen. Außerdem müsse Deutschland die Verhältnismäßigkeit „regulatorischer Hindernisse“ überprüfen. Die sogenannte „3-Jahres-Regel“ für Apothekeninhaber ist hier nicht explizit genannt. Vorstellbar wäre aber, dass sich die EU-Kommission genau an solchen Regulierungen stört. Zur Erklärung: Nach der 3-Jahres-Klausel ist einem Apotheker, der die pharmazeutische Prüfung nicht in Deutschland bestanden hat, die Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke nur zu erteilen, wenn sie für eine Apotheke beantragt wird, die seit mindestens drei Jahren betrieben wird (§ 2 BApO).
Spannend ist auch die Tragweite des Vertragsverletzungsverfahrens: Die Kommission hat nämlich insgesamt 24 EU-Ländern in dieser Angelegenheit eine solche Stellungnahme zukommen lassen – all diese Staaten haben nun ebenfalls die oben beschriebene Zweimonatsfrist. In Estland und Lettland ist das Verfahren noch nicht ganz so vorangeschritten. Die beiden baltischen Staaten sind im Vertragsverletzungsverfahren noch eine Stufe zurück und haben somit noch etwas länger Zeit, um Regelungen umzustellen, bevor es zu einer Klage kommt.
4 Kommentare
Richtige Richtung
von Benedikt Schneider am 12.03.2019 um 11:13 Uhr
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EU
von Anita Peter am 11.03.2019 um 7:54 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: EU
von Heiko Barz am 11.03.2019 um 11:14 Uhr
AW: EU
von H. Schulze am 11.03.2019 um 19:11 Uhr
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