Versandhandelskonflikt

Union einigt sich auf Gleichpreisigkeit und geringeres Honorarplus für Apotheker

Berlin - 11.03.2019, 17:30 Uhr

Rote Linie Gleichpreisigkeit: In der Union gibt es nun offenbar einen Konsens dazu, dass man ein Rx-Boni-Verbot für EU-Versender und deutsche Anbieter im SGB V etablieren will. (m / Foto: Külker)

Rote Linie Gleichpreisigkeit: In der Union gibt es nun offenbar einen Konsens dazu, dass man ein Rx-Boni-Verbot für EU-Versender und deutsche Anbieter im SGB V etablieren will. (m / Foto: Külker)


In der Union zeichnet sich eine Lösung im Versandhandelskonflikt ab. Nach Informationen von DAZ.online haben sich Fraktionsvertreter mit dem Bundesgesundheitsministerium darauf verständigt, dass es statt eines Rx-Versandverbotes ein komplettes Rx-Boni-Verbot im SGB V geben soll. Das bestätigte die gesundheitspolitische Sprecherin der Union im Bundestag, Karin Maag, gegenüber DAZ.online. Bei den ursprünglich geplanten Honorarverbesserungen müssen die Apotheker aber wahrscheinlich Abstriche hinnehmen.

Während der Apothekenmarkt noch damit beschäftigt ist, das Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission zur teilweisen Aufgabe der Rx-Preisbindung zu verdauen, haben CDU und CSU offenbar eine Einigung erzielt: Nach einem wochenlangen internen Konflikt über die Ausrichtung der Apothekenpolitik haben sich die gesundheitspolitischen Spitzen von CDU, CSU und des Bundesgesundheitsministeriums nach Informationen von DAZ.online darauf geeinigt, ein komplettes Rx-Boni-Verbot im SGB V zu verankern, das sowohl für EU-Versender als auch für deutsche Apotheken gelten soll.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte in seinen Eckpunkten ursprünglich vorgeschlagen, dass die Rx-Preisbindung teilweise gelockert werden soll und einen Rx-Boni-Deckel von 2,50 Euro ins Spiel gebracht. Daraufhin hatte es jedoch heftigen Protest aus den eigenen Reihen gegeben. Allen voran: Die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag. Die CDU-Politikerin erinnerte Spahn sogar im Plenum des Bundestages an die Einhaltung des Koalitionsvertrages, in dem das Rx-Versandverbot festgehalten ist. Unterstützung hatte Maag auch von der CSU bekommen: Auch aus Bayern hieß es immer wieder, dass man das Verbot nicht aufgeben wolle und höchstens ein Rx-Boni-Verbot, also die Gleichpreisigkeit akzeptieren werde.

Maag: Gleichpreisigkeit ist unsere gemeinsame Linie

Am heutigen Montag haben in Berlin weitere Gespräche in der Union zu diesem Thema stattgefunden. Maag bestätigte gegenüber DAZ.online, dass es jetzt einen Konsens gibt: „Nach weiteren Gesprächen erkenne ich nun eine gemeinsame rote Linie in der Union und das ist die Gleichpreisigkeit. Wir wollen das Thema jetzt nicht noch länger ruhen lassen und peilen einen Änderungsantrag zum Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) an, in dem die Gleichpreisigkeit, also das Rx-Boni-Verbot im Paragraf 129 des SGB V geregelt werden soll.“

Heißt konkret: Jetzt könnte alles sehr schnell gehen. Denn das GSAV ist bereits vom Kabinett verabschiedet worden, die erste Beratung im Bundesratsplenum steht kurz bevor. Danach könnten die Regierungsfraktionen von Union und SPD einen entsprechenden Änderungsantrag einbringen – vorausgesetzt die SPD-Bundestagsfraktion stimmt der unionsinternen Lösung zu. Gibt es mit den Sozialdemokraten einen Konsens zu dieser Lösung, könnte das Apotheken-Paket noch vor der Sommerpause im Juni vom Bundestag verabschiedet werden.

Honorarplus fällt weitaus kleiner aus

Beschließt der Bundestag tatsächlich ein Rx-Boni-Verbot für alle Marktteilnehmer im SGB V, wäre das ein kleiner Erfolg für die Apotheker: Deren Standesvertretung, die ABDA, hatte sich zuletzt auch vom Rx-Versandverbot verabschiedet und die Gleichpreisigkeit im SGB V als neuen Wunsch definiert. Sollte sich dieser Wunsch erfüllen, müssten die Apotheker an einer anderen Stelle wohl mit einer kleinen Niederlage leben: Denn nach Informationen von DAZ.online haben sich die gesundheitspolitischen Spitzen der Union auch geeinigt, dass die geplanten Honorarverbesserungen für Apotheker weitaus kleiner ausfallen als ursprünglich geplant.

Zur Erklärung: Spahn hatte in seinen ersten Eckpunkten im Dezember vorgeschlagen, dass die Apotheker an mehreren Stellen finanziell entlastet werden. Erstens sollte die Notdienstpauschale verdoppelt werden – insbesondere Apotheken auf dem Land sollten davon profitieren. Zweitens sollten die Kassen verpflichtet werden, mit den Apothekern Verträge über neue pharmazeutische Dienstleistungen abzuschließen. Hier sollten insgesamt 240 Millionen Euro pro Jahr fließen. Und drittens sollte die BtM-Vergütung um etwa 15 Millionen Euro steigen.

Von diesen insgesamt 375 Millionen Euro Honorarplus sollen nun – nach Unionsidee – nur noch 150 Millionen Euro übrig bleiben. Das dürfte dem Koalitionspartner, der SPD, aber politisch entgegenkommen. Schließlich hatte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach zu den Spahn-Eckpunkten bereits gesagt, dass seine Fraktion es nicht zulassen werde, dass die Apotheker so viel Geld mehr bekommen, ohne neue Leistungen dafür anzubieten.

Union will Botendienst offenbar gesetzlich definieren

Doch die im GSAV geplante Apotheken-Reform dürfte noch größer ausfallen: Denn nach Informationen von DAZ.online besteht zumindest in der Union Konsens zu allen anderen Punkten in den Eckpunkten von Spahn. Beispielsweise hatte Spahn vorgeschlagen, den Botendienst erstmals im Gesetz zu definieren, um ihn vom Versandhandel abzugrenzen. Auch die von Spahn geplanten Festlegungen zur freien Apothekenwahl und zum E-Rezept sollen ins GSAV übernommen werden. Spahn hatte vorgeschlagen, gesetzlich festzuhalten, dass die freie Apothekenwahl bei der Einführung des E-Rezeptes erhalten bleiben soll und das „Makeln“ von E-Rezepten untersagt wird.

Ist ein EU-Notifizierungsverfahren notwendig?

Nur ein spannender Punkt bleibt weiterhin offen: Wie wird die Bundesregierung mit dem EU-Vertragsverletzungsverfahren umgehen? Stimmt die SPD für die von der Union nun konsentierte Lösung, widerspräche das der Forderung der EU. Denn diese hatte ausdrücklich gefordert, die Preisbindung für EU-Versender gänzlich zu kippen – kein Boni-Deckel, erst recht kein Boni-Verbot. Ein Resultat des Vertragsverletzungsverfahrens könnte sein, dass die Bundesregierung ein Notifizierungsverfahren in der EU starten muss, um das geplante Rx-Boni-Verbot auch auf EU-Ebene gewissermaßen abstimmen zu lassen. Aber auch das ist nicht gesichert: Denn andere Experten meinen, dass das Boni-Verbot europarechtlich nicht relevant wäre, solange man es im SGB V etabliert.  



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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12 Kommentare

Honorarplus

von Alexander Zeitler am 15.03.2019 um 2:36 Uhr

Das war ja zu erwarten. Da posaunt ein Minister /heisst eigentlich Diener) nicht nur der Bürger sondern auch der Apotheker. wenn man nen Dr.-Titel hat , sollte man auch mal ein Grosses Latinum haben.
2 Tage später:: huch, war wohl zu viel. Und unser ABDA Präsident wälzt sich dankbar im Staub.
Also Anzug in die Reinigung und mal über Rücktritt nachdenken.

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Nochmal...

von gabriela aures am 12.03.2019 um 8:26 Uhr

Vergesst die „neuen Leistungen“- und dann auch noch fürs halbe Geld !?
Ist doch Augenwischerei - oder feuchte Träume für Kammerdiener

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AW: Nochmal (Text gefressen...)

von gabriela aures am 12.03.2019 um 8:27 Uhr




NaNoFo verdoppeln ( plus 120 Mios) und Btm besser bezahlen ( plus 15 Mios) - davon bleibt zumindest ein bißchen was hängen und es muß mit den Kassen nicht gefeilscht werden, weil es aus den NL NOCH billiger geht.

Nullsummenspiel (bestenfalls)

von gabriela aures am 12.03.2019 um 8:24 Uhr




Aures Gabriela • vor 25 Minuten






Vergesst die „neuen Leistungen“- und dann auch noch fürs halbe Geld !?
Ist doch Augenwischerei - oder feuchte Träume für Kammerdiener

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AW: Nullsummenspiel (bestenfalls

von Heiko Barz am 12.03.2019 um 11:03 Uhr

Liebe Redaktion, was ist mit diesem Beitrag?

Rx-Boni-Verbot im SGB V plus geringeres Honorarplus

von Bernd Jas am 11.03.2019 um 22:38 Uhr

Danke liebe Bürokaten ich verzichte!
Ich hänge nicht an Eurem Gängelstab.
Her mit der EU-Klage, bis die Schwarte kracht, wir sind eh schon am krachen.
Sonst erkaufen wir uns weiterhin Häppchenweise unseren Niedergang.

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rx vesandverbot

von Dr. Radman am 11.03.2019 um 19:45 Uhr

...So wird es nicht funktionieren. Rx Versandverbot ist die richtige Antwort auf die Ermahnung der EU Kommission. Und danach lassen wir es darauf ankommen.

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Schlagzeilen

von Karl Friedrich Müller am 11.03.2019 um 18:11 Uhr

Asylbeweweber bekommen 11% mehr, weil das Taschengeld schon 3 Jahre nicht mehr angepasst wurde.
Apotheken bekommen 15 Jahre keine Anpassung und müssen auch noch froh sein, wenn das Honorar, bzw das Einkommen einigermaßen gleich bleiben.
JEDER ! in Deutschland bekommt regelmäßig Anpassungen, auch unsere hochverehrten Politiker. Wir nicht. Wir müssen uns für jeden Euro rechtfertigen.
Und nicht falsch verstehen: ich will nicht gegen Schutzsuchende polemisieren.
Aber so langsam stinkt es mir gründlich.
Das eigene Volk und Steuerzahler gilt nichts, aber ausländische Konzerne müssen sich nicht an Recht und Gesetz halten, bekommen dafür die Kohle nachgeschmissen.

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AW: Schlagzeilen

von Anita Peter am 11.03.2019 um 19:24 Uhr

Gegen Schutzsuchende habe ich auch nichts, die machen allerdings einen sehr geringen Teil aus.
Richtig jeder bekommt mehr. Dieses Honorarplus deckt nicht mal die Lohnsteigerung des letzten Jahres. Das Wiederherstellen der gleichlangen Spiesse ( Ist ja eigentlich auch nach dem Verbot von Boni noch gar nicht gegeben ) wird munter mit Honorerhöhungen vermengt. Es ist einfach nur eine Schande.

... die nicht...

von Rolf Lachenmaier am 11.03.2019 um 17:41 Uhr

... die kranken Kassen schon. Aber das ganze wird dann sowieso nochmal eu-gerichtlich aufgerollt: Ausgang?!?

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Gleichpreisigkeit auch für EU Versender

von Robert Winkler am 11.03.2019 um 17:37 Uhr

Ich verstehe nicht ganz, wie dadurch die Probleme gelöst werden.
Die EU Versender müssen sich doch auch nicht an das SGB halten.
Oder seh ich das falsch?

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AW: Gleichpreisigkeit auch für EU Versender

von H.. am 11.03.2019 um 18:32 Uhr

Und ich verstehe nicht ganz wie dieser brillante Kniff überhaupt funktionieren soll... Gehen wir jetzt einfach davon aus, dass wenn wir etwas, das der EuGH für EU-Rechts widrig erklärt hat (offenbar in Übereinstimmung mit der Kommission) in ein anderes Buch als vorher schreiben, das keinen der beiden mehr kratzt?
Das würde ich nämlich (ohne jegliche juristische Fachkenntnis) für unwahrscheinlich halten...

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