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Interview Markus Lewe (Oberbürgermeister Münster)
„Dass Apotheker zu viel verdienen, halte ich für eine Mär“
Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe, der auch Präsident des Deutschen Städtetages ist, ist derzeit in ganz Deutschland auf PR-Postern der ABDA zu sehen. Er wirbt dort für den Erhalt der Apotheke vor Ort und für Nachwuchs im Apothekerlager. Die Grünen in Münster kritisieren dieses Engagement. Im Interview mit DAZ.online erläutert Lewe nun, warum er gerade für die Apotheken kämpft und warum er meint, dass die Apotheken in Städten „soziale Wäme“ ausstrahlen.
DAZ.online: Herr Lewe, Sie setzen sich im Rahmen einer ABDA-Kampagne öffentlich für den Erhalt der Apotheken vor Ort ein. Dafür werden Sie jetzt von den Grünen aus Ihrer Heimat kritisiert. Haben Sie Verständnis für die Vorwürfe?
Lewe: Nein. Es geht ja gar nicht nur um die Apotheker, sondern vor allem um die Versorgung der Bevölkerung in einer alternden Gesellschaft. Ich würde das jederzeit wieder machen.
DAZ.online: Warum ist der Erhalt der Apotheken vor Ort aus Ihrer Sicht eine Sache, für die sich das Kämpfen lohnt?
Lewe: Apotheken sind ein Stück Heimat. Mir geht es darum, europäische Städte und ihre Kultur zu erhalten und ihre Vielfalt zu stärken. Wir müssen trotz voranschreitender Digitalisierung dafür sorgen, dass sich das Zusammenleben in Städten lohnt und dass wichtige menschliche Bedürfnisse befriedigt werden. Dazu gehört die Arzneimittelversorgung durch die Apotheken.
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DAZ.online: Der Konflikt zwischen stationärem und dem Online-Handel und seine Auswirkungen auf die Innenstädte zeigt sich also exemplarisch im Apothekenmarkt?
Lewe: Ganz genau, es kommt auf eine vernünftige Balance an. Apotheker nehmen sich Zeit, um zu fragen, wie es einem geht. Das passiert in Online-Portalen nicht. Soziale Nähe gibt es im Netz nicht. Wir müssen aufpassen, dass sie uns nicht verloren geht.
Lewe: Erst sterben die Kneipen, dann die Apotheken
DAZ.online: Nun liegt das ja nicht nur an der Strategie der Versandhändler. Es ist vielmehr auch die Bequemlichkeit der Verbraucher, sich Waren nach Hause schicken zu lassen. Und es ist bekanntlich extrem schwer, solche sozial-psychologischen Entwicklungen umzukehren. Wie wollen Sie also die Menschen für diese Thematik sensibilisieren?
Lewe: Gibt es denn noch örtliche Apotheken, die Medikamente nicht auch nach Hause bringen? Ich kenne jedenfalls keine mehr. Ich weise ständig darauf hin, wie wichtig das öffentliche Zusammenleben für Menschen ist. Gesellschaftliche Vielfalt können wir nur im öffentlichen Raum abbilden. Fällt das weg, muss man sich über die Folgen im Klaren sein. Erst sterben die Geschäfte und Kneipen, auch Orte sozialer Begegnung. Es folgen Arztpraxen und Apotheken. Heimat spielt ja nicht zufällig eine zentrale Rolle in der Politik. Die Debatte sollte häufiger über soziale Entwicklungen geführt werden, nicht nur über Neid und Geld.
„Die Apotheke wird für den Berufsnachwuchs unattraktiver"
DAZ.online: Sie spielen auf den Versandhandelskonflikt zwischen den Apothekern und dem Versandhandel an?
Lewe: Mir geht es in der Kampagne nicht um den Konflikt, den Apotheker und ausländische Versender haben. Den kann keine Stadt regeln. Ich habe mich an der Kampagne aus sozialen und lokalen Gründen beteiligt. Dazu gehört auch, dass sich weiterhin junge Menschen für den Apothekerberuf begeistern. Schon jetzt ist es offensichtlich so, dass die örtliche Apotheke für den Berufsnachwuchs immer unattraktiver wird. Den Hinweis, dass es anderen schlechter geht als Apothekern, halte ich für kein überzeugendes Gegenargument.
DAZ.online: Warum?
Lewe: Ich sehe auch in Münster, dass die Apothekenzahl kontinuierlich sinkt. Wenn sich der Betrieb einer Apotheke richtig lohnte, gäbe es wohl nicht so viele Schließungen. Dass die Apotheker zu viel verdienen, halte ich für eine Mär.
DAZ.online: Nun sind Sie ja im Rathaus auf die Zusammenarbeit mit den Grünen angewiesen. Wird diese Geschichte Spuren hinterlassen?
Lewe: Nein, es gab gar keine Kritik aus dem Rathaus. Wir betreiben in Münster als Stadt eine PTA-Schule. Die Absolventinnen bleiben der Region hoffentlich erhalten. Da können wir nicht den Apothekenschließungen einfach zugucken und sagen, es gebe Schlimmeres. Das gibt es immer.
5 Kommentare
Lewe/Grüne
von Alexander Zeitler am 16.03.2019 um 2:00 Uhr
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Grüne und Apotheke im „Trennungsgang“
von Heiko Barz am 15.03.2019 um 12:25 Uhr
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Das Wording
von Peter am 15.03.2019 um 11:35 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
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von Armin Spychalski am 16.03.2019 um 9:44 Uhr
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von Karl Friedrich Müller am 15.03.2019 um 8:54 Uhr
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