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Arzneimittelversorgung
Benelux-Länder und Frankreich leiden unter erheblichen Lieferengpässen
Die Meldungen über Arzneimittel-Lieferengpässe in unseren westlichen Nachbarländern ziehen immer größere Kreise. Neben den Niederlanden und Frankreich klagen auch Belgien und Luxemburg über zunehmende Verknappungen und Ausfälle.
Nach einem Beitrag im „Grenzecho“ gibt es in Belgien momentan für jedes 20. Medikament einen Lieferengpass. In der vergangenen Woche sollen insgesamt 428 Präparate auf der Liste der Arzneimittelagentur AFMPS gestanden haben, nach Einschätzung der Zeitung „Le Soir“ so viele wie nie zuvor. Das Thema ist nicht zum ersten Mal auf dem Tapet. Im vergangenen November berichteten belgische Medien von 413 fehlenden Präparaten.
Eine aktuelle DAZ.online-Recherche (Stand 13. März 2019) hat 452 nicht lieferbare Präparate ermittelt. Damit hat sich die Zahl gegenüber der letzten Woche schon wieder um mehr als zwanzig erhöht.
Folgen der Ausfälle sind unterschiedlich
Aktuell ist von dutzendweisen Ausfällen bei Blutdrucksenkern, Antibiotika, Schmerzmitteln die Rede, und zwar über Monate. „Die Knappheit solcher Medikamente ist aus Sicht der Volksgesundheit nicht gravierend, aber sie zeigt das Ausmaß und die Unvorhersehbarkeit des Problems und trägt zum Unverständnis der Patienten bei“, wird Alain Chaspierre, Sprecher des belgischen Apothekerverbandes zitiert. Wie schon im November betonen die Experten der Arzneimittelagentur auch jetzt, dass einige Lieferengpässe nur bestimmte Präsentationen beträfen. So könne eine Schachtel mit 30 Tabletten nicht verfügbar sein, wohl aber die zehn Tabletten. Bei Aids-Patienten soll die Lage jedoch anders aussehen. „Es kommt häufig vor, dass Moleküle, darunter die auf die Behandlung von HIV-Patienten spezialisierten, nicht in Apotheken verfügbar sind “, erklärt die stellvertretende Direktorin der Plattform für Aidsprävention in „Le Soir“.
Testphase für Aktionsplan angelaufen
In Belgien sind die Pharmaunternehmen gesetzlich verpflichtet, die Arzneimittelagentur über akute und zu erwartende Engpässe zu informieren. Von außergewöhnlichen Umständen abgesehen, soll dies spätestens zwei Monate vor dem voraussichtlichen Lieferstopp geschehen.
Im Januar 2018 wurde eine Testphase für einen Aktionsplan gestartet, mit dem die Optionen für alternative medikamentöse Ansätze oder alternative Behandlungen im Falle einer vorübergehenden Nichtverfügbarkeit ausgelotet werden sollen. Eine Arbeitsgruppe der AFMPS in Zusammenarbeit mit dem Krankenversicherungsinstitut INAMI und Vertretern der Apotheker, Krankenhäuer, Ärzte, Versicherungen, Pharmaunternehmen und Distributoren soll helfen, strukturelle Lösungen für das Problem zu finden.
Die Auswirkungen auf Luxemburg
Arzneimittelverknappungen seien auch in Luxemburg nicht ungewöhnlich und ihre Häufigkeit nehme zu, schreibt das Portal „lessentiel.lu". Nach Angaben des Luxemburger Apothekerverbandes soll es den letzten große Einbruch Ende Dezember gegeben haben, und zwar für Grippeimpfstoffe, ausgerechnet während der Epidemie. „Arzneimittel wie Impfstoffe werden nur auf Bestellung hergestellt“, erklärt ein luxemburgischer Großhändler gegenüber l´essentiel. „Wenn dieser zur Neige geht, muss man auf eine neue Produktion warten.“
Gleichwohl könnten die Gründe für Versorgungsprobleme unterschiedlicher Natur sein. Luxemburg ist diesbezüglich in einer ganz besonderen Situation, weil das Land klein und bezüglich der Arzneimittelversorgung weitgehend vom Ausland abhängig ist. Ein Großteil der luxemburgischen Lieferungen werde in Belgien abgewickelt, berichtet der Großhändler. Wenn es dort einen Engpass gebe, spiegele sich das Problem in Luxemburg wider. Das dortige Gesundheitsministerium habe zu dem Thema noch keine Stellung bezogen. Allerdings soll die Piratenpartei diesbezüglich gerade eine parlamentarische Anfrage an das Ministerium gesendet haben.
Mehr Unabhängigkeit von Herstellern aus Drittstaaten
Auch in Frankreich und in den Niederlanden haben Lieferengpässe gerade in den letzten Monaten in den Medien für Furore gesorgt. Dabei rückt die globale Situation hinsichtlich der Arzneimittelherstellung und Versorgung immer stärker in den Fokus des Interesses. Mehr Herstellung in Europa, um die Abhängigkeit von Wirkstoff-Herstellern, vor allem in Indien und China, zu mindern, lautet die Forderung, die sich gerade herauskristallisiert. Diese haben zum Teil nicht nur den Weltmarkt „monopolisiert“, sondern müssen auch zunehmend ihre inländischen Märkte bedienen.
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