Niederlande

Massiver Export durch Apotheker führt zu Engpässen

Remagen - 01.02.2019, 13:30 Uhr

Aktuellen Vorwürfen zufolge sollen niederländische Apotheker Arzneimittel in großem Umfang exportieren, sodass beispielsweise bei hormonellen Kontrazeptiva Engpässe entstehen. ( r / Foto: dpa)

Aktuellen Vorwürfen zufolge sollen niederländische Apotheker Arzneimittel in großem Umfang exportieren, sodass beispielsweise bei hormonellen Kontrazeptiva Engpässe entstehen. ( r / Foto: dpa)


Die niederländischen Apotheker sehen sich in den letzten Tagen herber Kritik ausgesetzt. Einige sollen vermehrt Arzneimittel exportiert haben, um damit zusätzliche Gewinne einzustreichen. Im Inland soll das zu Versorgungsengpässen geführt haben. Dies betraf im letzten Herbst vor allem Verhütungspillen.

In den Niederlanden ist es im vierten Quartal des letzten Jahres zu einer dramatischen Verknappung bei oralen Kontrazeptiva gekommen. Ende November hatte der niederländische Pharmazeutinnenverband (NOVA) zusammen mit der Königlich-Niederländischen Gesellschaft zur Förderung der Pharmazie (KNMP), der Vereinigung niederländischer Ärztinnen (VNVA) und weiteren Organisationen sogar einen Brandbrief an den zuständigen Minister für Gesundheitsversorgung und Sport Bruno Bruins geschickt. Im Jahr 2017 hätten öffentliche Apotheken 1,7 Millionen Frauen mit hormonalen Kontrazeptiva versorgt, schildern sie darin. 1,2 Millionen hätten eine generische Variante der Kombinationspille mit Ethinylestradiol und Levonorgestrel bekommen, und genau diese sei schon seit Anfang September, das heißt seit drei Monaten, kaum noch erhältlich. Nachdrücklich fordern sie den Minister auf, Zulieferer und Hersteller in die Pflicht zu nehmen und die Verfügbarkeit der Pille auf dem niederländischen Markt nachhaltig zu sichern. Außerdem werden strukturelle Lösungen für die aktuellen Arzneimittelverknappungen eingefordert.  

Mehr zum Thema

Kein attraktiver Markt

Erst Mitte Januar 2019 hatte die KNMP, die das Register KNMP Farmanco unterhält, berichtet, dass die Zahl der Lieferengpässe (mehr als 14 Tage nicht verfügbar) in den Niederlanden im Jahr 2018 erneut gestiegen sei (von 732 auf 769). Zu den prominenten Engpässen gehörten neben den Verhütungspillen die Parkinsonmittel Levodopa/Carbidopa. Dies war für die Patienten besonders prekär, weil sie ganz genau auf ihre Medikation eingestellt sind. Auch bei Augenpräparaten und Antibiotika gab es laut KNMP viele Verknappungen. Die ständig zunehmenden Ausfälle hätten verschiedene Ursachen. Aufgrund des Preisfestsetzung und der Präferenzpolitik der Krankenversicherer, mit der die Erstattungspreise in den Niederlanden wirksam gedrückt werden, seien die Preise im Laufe der Jahre stark gefallen. Die Niederlande seien daher kein sehr attraktiver Markt für Hersteller und hielten ihre Lagerbestände absichtlich niedrig. Außerdem könne es durch Schwierigkeiten im Produktionsprozess schnell zu Engpässen kommen.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Blick in die Niederlande

Engpässe wegen zu viel Export

Versandapotheke wirbt um deutsche Kundinnen – und nutzt dafür fragwürdige Argumente

Das Pillen-Abo aus den Niederlanden

Das Apothekenwesen in den Niederlanden

Zusammenhalt in einem deregulierten Markt

Höhere Preise im Ausland führen zu Lieferengpässen bei Rx-Medikamenten

Österreich leidet unter Deutschland-Exporten

Trümper gibt Industrie die Schuld an Lieferengpässen

„Unmoralisches Verhalten“

Lieferengpässe in der Alpenrepublik

Deutschland kauft Österreich leer

Arzneimittelselbstkosten in den Niederlanden

Fast eine Viertel Milliarde aus der eigenen Tasche

2 Kommentare

gewollte Marktwirtschaft

von ratatoske am 11.08.2019 um 14:00 Uhr

Das ist das gewollte Spiel der Marktwirtschaft, hier wie in den Niederlanden. Das ist für die Großkonzerne gewollt, das gilt auch für die Apotheken. Alles andere ist lächerlich und schäbig, da die Struktur von Politik und Kassen so gestalltet wurde, hier und in der Niederlanden. Alles eben auf Gewinnmaximierung - und solange es wieder importiert werden kann ist es nur ein bischen teuerer. Ansonsten kommt ja auch aus den Niederlanden, von der Politik dort gewollt, das Groß der Medikamente für den Versandhandel, der in den NL verboten ist. Man will, verständlic herweise die völlig verblödeten deutschen Vorgaben ausnutzend, hier abkassieren und der deutsche Staat verliert Milliarden an MWST. Ist aber auch nur der Markt, danke ULLA !

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Warum die Aufregung

von ratatosk am 01.02.2019 um 18:22 Uhr

Die globalen Konzerne kontingentieren, hier kein Geschrei, da die Kassen und Politiker hier Vorteile sehen, aber bei den Mengen die ein paar Apotheken exportieren können riesen Aufstand. Auch die NL wollten den Markt wie bei uns die Ulla ja aufbrechen, das sind die normalen Folgen !

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.