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Für die Bestellung von 100 Impfdosen, 100 Kanülen oder Alkoholtupfer als kostenfreien „Service-Artikel“ dazu? Dieses Angebot einer Apotheke an Ärzte gefällt der Wettbewerbszentrale nicht. Sie sieht darin einen Verstoß gegen das heilmittelrechtliche Zugabeverbot und die strafrechtlichen Normen zur Korruption im Gesundheitswesen. Das Oberlandesgericht Köln ist allerdings anderer Meinung.
Das in § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG) verankerte Zugabeverbot ist ein Dauerbrenner des Wettbewerbsrechts. Welche Zuwendungen sind erlaubt, wenn es um Arzneimittel oder Medizinprodukte geht? Bei Apotheken stehen meist kleine Geschenke oder Gutscheine im Fokus, die Kunden bei einem Einkauf gewährt werden. Grundsätzlich sind solche Zuwendungen zwar verboten – doch für gewisse Fälle sieht das Heilmittelwerbegesetz durchaus Ausnahmen vor. Etwa, wenn es sich um geringwertige Kleinigkeiten handelt und die Zugabe nicht bei der Abgabe preisgebundener Arzneimittel erfolgt.
Um diese Ausnahmen des § 7 HWG geht es auch in einem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Köln. Es hatte über eine Marketingaktion einer Apotheke gegenüber Ärzten zu entscheiden. Angestoßen hatte das Verfahren die Wettbewerbszentrale. Sie monierte ein Bestellformular für Impfstoffe, das sich in einem Katalog der Apotheke befand. Unterhalb der eigentlichen Impfstoff-Order hat der bestellende Arzt auf diesem die Möglichkeit, unter fünf verschiedenen Service-Artikeln zu wählen, die er bei einer Bestellung ab 100 Impfstoffdosen zusätzlich erhält: Kanülen in zwei verschiedenen Größen (100 Stück), lnjektionspflaster (100 Stk.), Alkoholtupfer oder Kanülensammler. Der Apothekenverkaufspreis dieser Artikel lag zwischen 2,22 Euro und 3,22 Euro, ihr Gesamtwert bei rund 13 Euro.
Die Wettbewerbszentrale sieht darin nicht nur einen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 HWG, sondern auch gegen die strafrechtlichen Korruptionsnormen (§§ 299a, 299b StGB). Auf eine entsprechende Abmahnung hin hat sich die Apotheke zwar bereit erklärt, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben – aber nur soweit es um Impfstoffe geht, die der Arzneimittelpreisverordnung unterliegen. Das lehnte die Wettbewerbszentrale als unzureichend ab. Schließlich ist die überwiegende Zahl der Impfstoffe nicht preisgebunden.
Es folgte die Klage. Das Landgericht Köln gab zunächst noch der Wettbewerbszentrale Recht: Die vom Bundesgerichtshof bei der Zuwendung an Verbraucher gezogene Wertgrenze von einem Euro sei auch gegenüber Angehörigen der Fachkreise zugrunde zu legen, urteilte es.
„Allgemeines Wohlwollen“ herbeiführen zu wollen, ist keine Korruption
Doch der Apotheker ging in Berufung – und hatte damit Erfolg. Das OLG Köln sieht zum einen kein korruptives Verhalten gemäß § 299b StGB (Bestechung im Gesundheitswesen): Es fehle schon am Versprechen eines Vorteils auf Grundlage einer Unrechtsvereinbarung. Hierfür sei eine „Zuwendung zur Herbeiführung allgemeinen Wohlwollens ohne Bezug zu einer bestimmten Bevorzugung / Vorteilsgewährung im Wettbewerb“ nicht ausreichend.
Zum anderen hält das Gericht die Zuwendungen durch die Ausnahmetatbestände des § 7 HWG gedeckt. Zwar nimmt es durchaus an, dass es sich bei den Kanülen und Tupfern um Werbegaben handelt, die grundsätzlich von der Norm erfasst sind. Auch die von der Rechtsprechung geforderte „abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung“ stellen die Richter noch fest: Es könne im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden, dass ein Arzt, der eigentlich etwas weniger als 100 Impfdosen benötigt, gleichwohl mehr bestelle, um zum Beispiel einen neuen Kanülensammler zu erhalten.
Kein relevanter Einfluss bei Werbegabe im Wert von 0,8 Prozent des Warenwerts
Trotzdem: Vom Verbot der Werbegaben für Angehörige der Heilberufe ausgenommen sind „geringwertige Kleinigkeiten“ und „handelsübliches Zubehör“. Beide Ausnahmen greifen aus Sicht der Oberlandesrichter in diesem Fall. Was die „geringwertige Kleinigkeit“ angeht, führen sie aus, es könne dahinstehen, ob die Ein-Euro-Wertgrenze überhaupt auf nicht preisgebundene Arzneimittel und die Fachkreiswerbung übertragbar ist. Denn hier sei die Besonderheit zu berücksichtigen, dass die Werbegabe erst ab der Bestellung von 100 Impfdosen gewährt werde. Selbst wenn man das Bestellformular so verstehe, dass man alle fünf Service-Artikel auf einmal dazu bestellen könnte und damit auf einen Wert von 13 Euro für diese Gegenstände käme, wäre angesichts des hohen Einkaufspreises von mindestens 1553 Euro für die Impfstoffe nicht davon auszugehen, dass sich die Ärzte besonders für den Bezug über eben jene Apotheke interessierten. „Bei einer Werbegabe im Wert von (maximal) 0,8 % des Warenwertes ist nach der Lebenserfahrung ein relevanter Einfluss auf das Verordnungs- und Abgabeverhalten der Ärzte ausgeschlossen“, heißt es im Urteil.
Rechtsanwältin Christiane Köber, bei der Wettbewerbszentrale zuständig für den Bereich Gesundheit, zeigte sich irritiert über das Urteil: Noch nie habe der Bundesgerichtshof eine Zuwendung auf diese Weise in Relation zur Hauptware gesetzt, sagte sie vergangene Woche beim ApothekenRechtTag in Stuttgart. „Das OLG Köln wagt sich hier weit vor“.
Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 7. Dezember 2018, Az.: 6 U 95/18
1 Kommentar
Zugabe
von Sven Larisch am 04.07.2019 um 13:03 Uhr
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