Evidenzbasierte Pharmazie in der Apotheke

Ist das „neue“ Aspirin besser als ASS-Generika?

Berlin - 22.03.2019, 17:00 Uhr

Dr. André Wilmer und Dr. Oliver Schwalbe erklärten, wie Apotheker evidenzbasiert in der Apotheke beraten können. (s / Foto: DAZ)

Dr. André Wilmer und Dr. Oliver Schwalbe erklärten, wie Apotheker evidenzbasiert in der Apotheke beraten können. (s / Foto: DAZ)


Was empfiehlt der Apotheker nun dem Patienten?

Ist das, mittlerweile nicht mehr ganz neue Aspirin® nun „besser“ als generische ASS-Arzneimittel – oder müssen Apotheker es auf der Darkside verorten? Von einer solchen dogmatischen Einteilung in gut oder schlecht, die lediglich auf Studien beruht, nimmt Schwalbe Abstand: „Wir wollen keine Listenpharmazie betreiben, im Sinne von das sind die guten Arzneimittel und das die schlechten‘. Wir wollen eine weitere Säule in der Patientenberatung hinzubekommen“, so Schwalbe. So habe jeder Apotheker eine gewisse pharmazeutische Erfahrung, auf deren Basis er berät. Hinzu kämen die individuellen Wünsche, Bedürfnisse und Erfahrungen des Patienten, die die Auswahl eines Arzneimittels beeinflussen. Bei der Evidenzbasierten Pharmazie ergänzen zusätzlich Erkenntnisse aus klinischen Studien – externe wissenschaftliche Evidenz – die Beratungspraxis, erklärt Schwalbe.


Evidenzbasierte Pharmazie (EbPharm = wissensgestützte Pharmazie) ist der gewissenhafte, ausdrückliche und vernünftige Gebrauch der gegenwärtig besten externen, wissenschaftlichen Evidenz  bei der Entscheidungsfindung in der pharmazeutischen Versorgung und Beratung.“

Mosby's Medical Dictionary, 8th edition (2009), Elsevier


Für eine Lösung – neues, teureres Aspirin® versus günstiges Generikum – kann der Apotheker nach Ansicht von Schwalbe den Patienten auch mit ins Boot zu holen. Wie groß ist der Leidensdruck des Patienten, wie viel ist ihm eine 50-Minuten schnellere Schmerzlinderung „wert“? Ist er bereit hierfür mehr Geld zu bezahlen? Das Bayer-Original Aspirin® kostet 6,97 Euro (20 Tabletten), günstige Generika, wie beispielsweise ASS 500 1A Pharma kosten hingegen 2,32 Euro (Lauertaxe; Stand: 22.03.2019). Somit gibt in den Augen des Apothekers auch keine universelle, allgemeingültige Lösung, die dogmatisch eine Entscheidung vorgibt – am Ende müsse man immer schauen, was passe für den einzelnen Patienten. „Ich mache mir keine Sorgen, dass irgendein Algorithmus den Apotheker hier ersetzt", sagt Schwalbe.

Dass evidenzbasierte Patientenberatung Zeit und Engagement kostet, weiß jeder, der sich bereits einmal damit beschäftigt hat. „Ich finde es gut, dass wir uns in diese Richtung bewegen", so Schwalbe. Bereits 2014 ist mit Apotheke 2030 die evidenzbasierte Patientenversorgung in das Perspektivpapier der ABDA aufgenommen worden. Das Fazit eines Workshopteilnehmers zu evidenzbasierter Pharmazie: „Es ist anstrengend, aber lohnenswert“, so der Berliner Apotheker.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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