Landtagswahl

SPD Thüringen nimmt Gleichpreisigkeit ins Wahlprogramm auf

Berlin - 26.03.2019, 07:00 Uhr

Wolfgang Tiefensee ist Spitzenkandidat der SPD in Thüringen. Seine Partei hat ein Wahlprogramm beschlossen, in dem vor den Gefahren des Arzneimittel-Versandhandels gewarnt und die Gleichpreisigkeit gefordert wird. (Foto: Imago)

Wolfgang Tiefensee ist Spitzenkandidat der SPD in Thüringen. Seine Partei hat ein Wahlprogramm beschlossen, in dem vor den Gefahren des Arzneimittel-Versandhandels gewarnt und die Gleichpreisigkeit gefordert wird. (Foto: Imago)


Normalerweise spielen die Apotheken in den Wahlprogrammen der Landesparteien keine große Rolle – schließlich wird die Arzneimittelversorgung auch auf Bundesebene gesetzlich geregelt. Im anstehenden Thüringer Wahlkampf zur Landtagswahl im Oktober dieses Jahres ist dies aber anders: Völlig überraschend hat die SPD Thüringen am vergangenen Wochenende einen Änderungsantrag zum Wahlprogramm beschlossen, indem sich die Sozialdemokraten vehement für den Schutz der Apotheke vor Ort gegenüber dem EU-Versandhandel aussprechen.

Im Herbst dieses Jahres stehen im Osten Deutschlands einige richtungsweisende Landtagswahlen an. Jeweils am 1. September wählen die Brandenburger und die Sachsen einen neuen Landtag. In Brandenburg ringt die einzige rot-rote Landesregierung Deutschlands um Mehrheiten, in Sachsen kämpft Ministerpräsident Michael Kretschmer für seine CDU, die derzeit eine Koalition mit der SPD führt.

Am 27. Oktober steht dann noch die Thüringer Landtagswahl an. Mit Bodo Ramelow hat Thüringen derzeit den einzigen Linken Ministerpräsident. Ramelow hatte 2014 ein Bündnis mit der SPD und den Grünen geschmiedet. Die CDU war damals stärkste Kraft geworden, konnte aber keine Koalition bilden. Die SPD landete im Freistaat Thüringen bei knapp über 12 Prozent, die Grünen schlossen bei 5,7 Prozent. An diesem Bild könnte sich jedoch einiges ändern: Den letzten Umfragen zufolge stehen die AfD und die Grünen vor Zugewinnen, während CDU und Linke Stimmen verlieren könnten.

SPD-Parteitag beschloss Änderungsantrag in letzter Minute

In diesen Wochen beschäftigen sich die Thüringer Parteien mit ihren Wahlprogrammen. Als erste Partei hat am vergangenen Wochenende die SPD ihr Wahlprogramm zur Landtagswahl beschlossen. Die Apotheken waren im Leitantrag zu diesem Wahlprogramm zwar enthalten, spielten aber keine besondere Rolle. Es hieß lediglich, dass auch die Vor-Ort-Apotheken zur Versorgung im ländlichen Raum gehörten und erreichbar bleiben müssten. Doch das hat sich in letzter Minute geändert. Denn die SPD Thüringen hat einen Änderungsantrag beschlossen, der nicht nur der Positionierung der Bundesebene der Sozialdemokraten in vielen Punkten widerspricht, sondern auch – für eine Landesparteitag verhältnismäßig detailliert – den Schutz der Apotheken vor dem Versandhandel fordert.

Wörtlich heißt es jetzt im Wahlprogramm der SPD Thüringen:


Die Apotheken vor Ort als Schnittstelle zwischen Patient und Arzt versorgen die Bevölkerung dezentral mit Arzneimitteln (AM) und medizinischen Produkten. Sie bieten Leistungen wie persönliche Information und Beratungen zu AM, Herstellung von Rezeptur-AM, Nacht- und Notdienste, eine Sicherstellung der Versorgung im Katastrophenfall, einen niederschwelligen Zugang zu medizinischer Versorgung sowie wohnortnahe Arbeitsplätze. Damit sind sie als Infrastruktur im ländlichen Raum unverzichtbar. Deshalb setzen wir uns für eine klare Gesetzgebung bezüglich der Honorierung von pharmazeutischen Leistungen, für eine wirtschaftliche Sicherung von Apotheken, sowie für die Gleichpreisigkeit von rezeptpflichtigen AM zwischen Apotheke vor Ort und dem Online-Handel ein.“

Wahlprogramm der SPD Thüringen zur Landtagswahl 2019




Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Siehe da, die SPD! Ach ja, es ist Wahlkampf.

von Heiko Barz am 27.03.2019 um 11:47 Uhr

Gerne würde ich einer Diskussion lauschen zwischen
den Herren Tiefensee und Lauterbach. Diese beiden haben ein tiefgründig unterschiedliches Auslegungsvermögen bei der Bewertung apothekerlicher Leistungen. Ich sage hier ausdrücklich nicht „pharmazeutische“ Leistungen.
Solange die Pharmaindustrie und die Deutsche Apotheke von den meisten Medien in immer gleicher Weise preistreiberisch bewertet wird, werden die Apotheken im Gewinnverhalten mit der Machtposition der Industrie gleichgestellt.
Es hat noch nie einen Versuch gegeben von welcher Seite auch immer, diesen Mißstand in der Öffentlichkeit aufzuklären und zu widerlegen. Trotz besseren Wissens, das gilt vor allem auch für die Lauterbachs und Co, wird dieses Feuer natürlich auch von den KKassen gerne weiter geschürt. Es ist für das eigene „Feigenblatt“ immer beruhigend, einen -in unserem Fall völlig unschuldigen- „Preistreiber“ am Nasenring durch die Manege zu zerren. Das lenkt vordergründig natürlich erst einmal von den selbstgewählten Unfähigkeiten ab, sich eigenen Preisdiktaten zu unterwerfen. Es wäre leicht zu plakatieren, welche Lohn-und Gehaltsrunden seit 2004 in diesem Bereich stattgefunden haben, so auch bei den Bundestagskandidaten, aber einem Apotheker steht sowas als assoziales Verhalten an. Diese Pharisäertum ist zum Kotzen!

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SPD

von Scarabäus am 26.03.2019 um 16:04 Uhr

Den Genossen steht das Wasser bis zum Hals. Alles nur Wahlpropaganda! Wer hat uns bisher immer verraten? Genau, die Sozialdemokraten!

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Denn sie wissen nicht, was sie tun

von TIlmann Schöll am 26.03.2019 um 8:37 Uhr

Schon interessant, wie verschieden die Meinungen innerhalb dieser Partei sind. Während mehrere Landesverbände für RX-Versandverbot sind, gibt es auf Bundesebene eine regelrechte Verteufelung der Apotheker. Da weiß der Kopf nicht, was der Rest des Körpers tut!
Liebe Genossen, so wird das nix!

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Ich sag nur "Lemme und Schneider"...

von Rolf Lachenmaier am 26.03.2019 um 8:00 Uhr

... lasst euch nicht blenden! Die alten Vorurteile Apothekern gegenüber sind da immer noch sehr präsent. Vgl. https://www.carsten-schneider.de/rx-arzneimittel/
Zitat daraus: "Wir als SPD wollen für die Vor-Ort-Apotheken langfristig Verbesserungen bei der Honorierung von Not- und Nachtdiensten durchsetzen. Zudem wollen wir erreichen, dass die Beratungsleistung der Apotheken vor Ort besser vergütet werden. Beides sind wichtige Apothekenleistungen, die wir finanziell besser honorieren wollen. Außerdem müssen wir gewährleisten, dass auch inländische Apotheken ohne Wettbewerbsnachteile am Versandhandel teilnehmen können. Entsprechende Lösungen werden derzeit intensiv diskutiert." Spannend ist außer der wohlfeilen Lobhudelei der Satz mit "außerdem". Hatte damals (Nov. 2016) versucht, mit dem genannten Herren ins Gespräch zu seinen präsentierten Umsatzzahlen (durchschnittlich 2,4mio Jahresumsatz!) zu kommen. Eine Antwort habe ich nie erhalten.

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