Durchfall in der Selbstmedikation

Loperamid: Blick in die Fachinformation lohnt

Stuttgart - 17.04.2019, 11:30 Uhr

Ist Loperamid bei Durchfall die richtige Wahl? (s / Foto: princeoflove /
stock.adobe.com)

Ist Loperamid bei Durchfall die richtige Wahl? (s / Foto: princeoflove / stock.adobe.com)


Bei Überdosierung: Nebenwirkungen an ZNS und Herz

In der Fachinformation liest man zudem, dass im Falle einer Überdosierung – auch aufgrund einer hepatischen Dysfunktion – Beeinträchtigungen des ZNS auftreten können, wie Somnolenz und Atemdepression. Beim Auftreten einer Überdosierung könne Naloxon versuchsweise als Antidot eingesetzt werden.
In der Fachinformation zu Imodium® (in der die QRS-Verlängerung noch fehlt) ist zu lesen, dass aufgrund des First-pass-Metabolismus die systemische Bioverfügbarkeit von Loperamid nur 0,3 Prozent beträgt. Loperamid bindet an die Opioidrezeptoren in der Darmwand und mindert so die propulsive Peristaltik des Darms. Eigentlich soll es unter Loperamid selbst bei signifikanten Vielfachen (bis zu 47-fach) des therapeutisch relevanten Dosisbereichs keine signifikanten kardialen elektrophysiologischen Wirkungen gegeben haben (in nichtklinischen In-Vitro- und In-Vivo-Auswertungen).
Jedoch soll Loperamid im Zusammenhang mit Überdosierungen mit extrem hohen Konzentrationen kardiale elektrophysiologische Wirkungen haben: Sie sollen in der Hemmung von Kalium- (hERG) und Natriumströmen sowie Arrhythmien bestehen. „Bei Personen mit Opioidabhängigkeit sind Missbrauch und Fehlanwendung von Loperamid als Opioidersatz beschrieben worden“, heißt es auch in der Fachinformation.

Während das BfArM im Jahr 2007 offenbar noch davon ausging, dass ein Loperamid-Missbrauch unwahrscheinlich ist, empfahl die AMK (Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker) 2016 den Apotheken, Patienten „auf die bestimmungsgemäße Anwendung und Dosierung von Loperamid bei Durchfall hinzuweisen, um Risiken durch (un)beabsichtigte Überdosierungen zu vermeiden.“ Verdachtsfälle von Missbrauch und unerwünschten Wirkungen sollten gemeldet werden. Anlass war die Warnung der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA, „vor schwerwiegenden kardialen Nebenwirkungen nach Einnahme von Loperamid in höheren als den empfohlenen Dosierungen, einschließlich durch Missbrauch und Fehlgebrauch“. Von 1976 bis 2015 sollen bei der FDA nämlich 48 Berichte über schwere kardiale Ereignisse eingegangen sein – über die Hälfte der Fälle wurde jedoch erst nach 2010 berichtet.
Die Warnungen von 2016 schienen in den USA jedoch nicht viel zu nutzen, sodass die FDA Ende Januar 2018 erneut vor Loperamid-Missbrauch warnte.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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