„Neuschnupfen“

EU-Versender starten Kampagne – #retteDeineApotheke kontert

Berlin - 29.04.2019, 09:10 Uhr

Eine allergische Reaktion auf alles Neues - die EU-Versender beschweren sich in ihrer Neuschnupfen-Kampagne über eine zu große Skepsis bei der Digitalisierung. Die Apotheker-Initiative #retteDeineApotheke kontert umgehend. (Screenshot: DAZ.online)

Eine allergische Reaktion auf alles Neues - die EU-Versender beschweren sich in ihrer Neuschnupfen-Kampagne über eine zu große Skepsis bei der Digitalisierung. Die Apotheker-Initiative #retteDeineApotheke kontert umgehend. (Screenshot: DAZ.online)


Der Verband der EU-Versender EAMSP hat eine PR-Kampagne gestartet: Unter dem Namen „Neuschnupfen“ verspotten DocMorris, Shop Apotheke und Co. indirekt die Apotheker und beschweren sich über ein zu langsames Tempo bei der Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens. Die Apotheker-Initiative #retteDeineApotheke fühlt sich angesprochen und kontert mit einer Pressemitteilung.

Nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung war es ruhig geworden um den Verband der EU-Versender (European Association of Mail Service Pharmacies, kurz: EAMSP). Nur zur Erinnerung: In dem Verband sitzen alle namhaften EU-Versandhändler, darunter Zur Rose, DocMorris, Vitalsana, Europa Apotheek und natürlich auch die Shop Apotheke. Doch die Mitglieder kämpften in den vergangenen zweieinhalb Jahren (zumindest in der Öffentlichkeit) eher auf eigene Faust: Insbesondere ZurRose/DocMorris starteten eine groß angelegte Kampagne gegen das Rx-Versandverbot und für eine Marktöffnung bei den Abgabepreisen.

Jetzt hat der EAMSP aber eine neue PR-Kampagne gestartet: Unter dem Namen „Neuschnupfen“ hat der Verband die Internetseite „neuschnupfen.eu“ gebaut. Viel Inhalt enthält die Seite noch nicht, es ist aber schnell klar, worum es geht: Die EU-Versender beschweren sich über „Angst und Zurückhaltung“ in der Digitalisierung und fordern mutigere Schritte im „digitalen Wandel“. Auffällig ist dabei der Ton der Kampagne: Die Apotheker, um die sich die Beschwerden sicherlich in erster Linie drehen, werden gar nicht direkt angesprochen. Vielmehr haben die meisten Aussagen eine gesellschaftskritische Lesart in sich.

Den „Neuschnupfen“ erklären die EU-Versender mit der „allergischen Reaktion auf alles Neue“. Dazu gibt es die Erklärung: „Angst und Zurückhaltung haben uns weit gebracht: bis ins Heute. In unserer digitalen Welt bringen sie uns aber immer weniger weiter. Schließlich sind Risiken heute nicht mehr gleichzusetzen mit „aufgefressen werden“ – sondern oft auch mit den größten Chancen unserer Zeit.“ Aus einigen Aussagen kann man auch herauslesen, dass sich DocMorris und Co. über eine gewisse Doppelmoral in der Gesellschaft beschweren. Zum Beispiel: „Mein Taxi per App bestellen ist nicht mehr neu – ‚Übertreiben‘ wollen wir es trotzdem noch nicht. Hatschi. Blaubeeren und Gouda per Mausklick in den Einkaufswagen legen? Da juckt es gerade noch richtig in der Nase. Rezepte digital einlösen? Gesundheit!“

#retteDeineApotheke: Heuschnupfenpatienten werden verhöhnt!

Eine erste Reaktion aus dem Apothekerlager kommt von der Initiative #retteDeineApotheke. Die Initiative wurde vor einigen Monaten von drei Nachwuchsapothekern aus Berlin und Schleswig-Holstein ins Leben gerufen. Im März organisierten die drei Pharmazeuten einen Protestmarsch, bei dem rund 500 Apotheker am Bundesgesundheitsministerium hielten, um sich laut über die Apothekenpolitik von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu beschweren. Doch die Initiative blieb aktiv: Immer wieder veröffentlichten die drei Pharmazeuten – zumeist über soziale Netzwerke – Grafiken, Statistiken und gewitzte Inhalte, die die Vorteile der Apotheke vor Ort gegenüber dem Versandhandel betonen.

Die Pressemitteilung zur Neuschnupfen-Kampagne der EU-Versender von #retteDeineApotheke trägt den Titel: „Europäische Versandapotheken verhöhnen Heuschnupfenpatienten“. Die drei Nachwuchsapotheker finden, dass DocMorris und Co. insbesondere Allergiker mit ihren Aussagen „grotesk und geschmacklos“ diffamieren. Die Pharmazeuten beschweren sich auch darüber, dass der EAMSP die „Sorge vieler Menschen vor einer überbordenden Digitalisierung aufs Korn“ nehme. Und weiter:


Unter dem Kunstwort „Neuschnupfen“ wird dabei jedoch auf zynische Art suggeriert, Digitalisierungsängste würden Symptome einer Allergie auslösen. Aus Sicht der Apotheker-Bewegung #retteDeineApotheke verhöhnen die europäischen Versandapotheken damit Millionen von Menschen mit Allergien und Heuschnupfen, deren Lebensqualität aufgrund der Erkrankung erheblich eingeschränkt ist. Und deren Symptome bekanntermaßen Ursache einer Pollenbelastung sind.  

Pressemitteilung von #retteDeineApotheke


Maximilian Wilke, Apotheker aus Berlin und einer der drei Mitbegründer der Bewegung, kritisiert den Internetauftritt der EU-Versender scharf: „Das Wortspiel neuschnupfen ist für die betroffenen Allergiker geschmacklos und verletzend. Zurzeit herrscht eine heftige Allergiephase, die Millionen von Menschen gesundheitlich erheblich belastet. Und Doc Morris und Co. erlauben sich einen zynischen Spaß auf Kosten dieser Patienten. Dies zeigt einmal mehr, wie wenig den Versandunternehmen das Wohl der Patienten wirklich am Herzen liegt.“ Wilke weist außerdem darauf hin, dass es bei Allergikern zu einem sogenannten Etagenwechsel kommen kann, also einem allergischen Asthma. Sein Fazit: „In den Apotheken vor Ort wird deshalb konsequent zu diesem Thema beraten. Wir Apotheken helfen den Patienten, anstatt sie zu verhöhnen.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

„WIR NEHMEN DER DIGITALISIERUNG DIE RISIKEN UND NEBENWIRKUNGEN“ ...

von Christian Timme am 29.04.2019 um 10:27 Uhr

... indem wir die gleichen Arzneimittel mit den gleichen elektronischen Hilfsmitteln überprüfen, beim Versand ohne Sonnencreme „bräunen“ lassen, sie dazu „warten lassen“ bis der Nachbar „klingelt“ und völlig „risikolos“ die Arzneimittel aushändigt ... deswegen müssen wir die Preise der regulären Apotheken unterbieten, ab und an eine kleine Provision an Ihre Krankenkasse zahlen ...damit wir noch mehr Geld von unserer Investoren bekommen um weiter Robin Hood zu spielen zu können ... „hatschi“ ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Habe den Absender vergessen .. sorry ..

von Christian Timme am 29.04.2019 um 10:38 Uhr

EAMSP. Easy Arznei Mit Super Preisen

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