Neuer Auslandspreisvergleich

Warum Generika in der Schweiz so teuer sind

Remagen - 29.04.2019, 11:30 Uhr

In der Schweiz liegt der Generika-Anteil bei gerade einmal 23 Prozent. Das zeigt der neue Auslandspreisvergleich. Und: Originalpräparate sind in Deutschland teurer als in der Schweiz. (r / Foto: Schlierner/stock.adobe.com)

In der Schweiz liegt der Generika-Anteil bei gerade einmal 23 Prozent. Das zeigt der neue Auslandspreisvergleich. Und: Originalpräparate sind in Deutschland teurer als in der Schweiz. (r / Foto: Schlierner/stock.adobe.com)


Generika: Nur 23 Prozent Marktanteil

Den Vogel schießen jedoch die Generika ab. Bei den Nachahmerpräparaten beträgt die Preisdifferenz 48 Prozent. Sie sind also in der Schweiz im Durchschnitt immer noch doppelt so teuer wie in den neun anderen europäischen Ländern, im Vergleich mit den Niederlanden sogar zweieinhalb mal so teuer.

Die Direktorin Branchenverbandes der schweizerischen Krankenversicherer santésuisse Verena Nold bezeichnet den Generikaanteil am Schweizer Markt als verschwindend klein (23 Prozent nach Menge, 18 Prozent nach Umsatz (zum Vergleich Deutschland: 81 bzw. 34 Prozent). Die Gründe für die sehr hohen Preise in der Schweiz sieht sie in der Preisbildung bei Medikamenten. Eine Lösung wären für Nold tiefere Vertriebsmargen, die zweite das viel diskutierte Referenzpreissystem.

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Die santésuisse-Direktorin ist überzeugt, dass mit einfachen Maßnahmen große Einsparungen möglich sein müssten. So ließen sich ihrer Einschätzung nach durch eine jährliche Überprüfung der Aufnahmekriterien in die Spezialitätenliste (derzeit alle drei Jahre) bei patentgeschützten und patenabgelaufenen Medikamenten jedes Jahr 100 Millionen Franken einsparen, durch die Einführung des Referenzpreissystems für Generika weitere 400 Millionen und durch die Senkung der Vertriebsmargen zusätzlich 330 Millionen Franken bei allen Medikamenten, macht in der Summe 830 Millionen Franken.

Für den Generika-Sektor fordert sie außerdem die Verschreibung von Wirkstoffen anstelle von Markennamen, den Abbau von Markteintrittsbarrieren und Handelshemmnissen, und eine schnellere Zulassung von Nachahmerpräparaten. Als Beispiel für das immense Einsparpotential führt Nold das teure Schmerzmittel Dafalgan (Apothekenverkaufspreis: 25,50 Schweizer Franken) an, das von der Krankenkasse nicht mehr vergütet wird. Das erstattungsfähige günstigere Produkt mit dem identischen Wirkstoff Paracetamol kostet nur 18,65 Franken. Der Spareffekt liegt laut santésuisse bei über 20 Millionen Franken.

Besondere Verhältnisse

Dass die Schweizer nach wie vor viel zu viel für Medikamente bezahlen, will der Verband der Generika-Hersteller Intergenerika so nicht stehen lassen und bezeichnet die jährlich durchgeführten, Auslandspreisvergleiche als „methodisch fragwürdig“. Zwar komme die Generikaquote in der Schweiz nicht an jene, anderer europäischer Länder heran, heißt es in einer Pressemitteilung im Vorgriff auf den neuen Auslandspreisvergleich. Hier gelte es allerdings zu beachten, dass sich Lohn- und Lebenshaltungskosten, Gesundheitssysteme, Zulassungsverfahren, Marktgröße und Patientenpräferenzen in den Ländern stark unterschieden.

Außerdem verschweige der Auslandspreisvergleich, dass die Generikapreise in der Schweiz ständig fielen. Als Bestätigung für diesen „nachhaltigen Trend“ verweist der Verband auf eine aktuelle Markt-Studie von bwa consulting, Bern. Mit 448 Millionen Franken hätten die Nachahmer alleine in 2018 einen wesentlichen Sparbeitrag geleistet, fasst Intergenerika-Geschäftsführer Axel Müller deren zentrale Erkenntnisse zusammen. Durch eine stärkere Nutzung von Generika könnten überdies brachliegende Sparpotenziale in Höhe von 196 Millionen Franken ausgeschöpft werden. Seine Erklärung für die großen Preisunterschiede: Im Ausland hergestellte Produkte müssten von Swissmedic zugelassen und speziell für die Schweiz verpackt werden. Auch die kleinen Produktionsmengen für den kleinen Markt verteuerten die Präparate. 



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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