Kassen zum Apotheken-Stärkungsgesetz

GKV-Spitzenverband: Strafen für Rx-Boni nicht durchsetzbar

Traunstein - 08.05.2019, 16:15 Uhr

 Der GKV-Spitzenverband kann dem Vorhaben des
Bundesgesundheitsministeriums, das Verbot der Rx-Boni im Sozialrecht zu
verankern, nicht viel abgewinnen. (Foto: dpa)

 Der GKV-Spitzenverband kann dem Vorhaben des Bundesgesundheitsministeriums, das Verbot der Rx-Boni im Sozialrecht zu verankern, nicht viel abgewinnen. (Foto: dpa)


In seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf zum Apotheken-Stärkungsgesetz erteilt der GKV-Spitzenverband dem Vorhaben des Bundesgesundheitsministeriums, das Verbot der Rx-Boni im Sozialrecht zu verankern, eine klare Absage. Dies sei nicht europarechtskonform und entsprechende Strafmaßnahmen seien kaum durchsetzbar. Auch von der geplanten Finanzierung der Dienstleistungen hält der Verband nichts. Wenn überhaupt sollte man Dienstleistungen aus denen auf Basis des 2HM-Gutachten erzielten Einsparungen finanzieren.

Erwartungsgemäß begrüßt der GKV-Spitzenverband in seiner Stellungnahme, dass das „Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln im Referentenentwurf nicht mehr vorgesehen ist“. Der Versandhandel trage zu einer „Belebung der starren Apothekenstrukturen“ bei und ermögliche eingeschränkt mobilen Patienten eine Versorgung mit Arzneimitteln.

Gegen die im Referentenentwurf vorgesehene Verankerung des Rx-Boni-Verbots im Rahmenvertrag nach § 129 Absatz 2 SGB V führt der GKV-Spitzenverband vor allem europarechtliche Bedenken an: Die geplante Neuregelung halte an der Festschreibung der einheitlichen Apothekenabgabepreise fest und sei damit „unter europarechtlichen Gesichtspunkten vergleichbar mit der Regelung, die der EuGH in seiner Entscheidung im Oktober 2016 als Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit des Artikel 34 AEUV gesehen hat“. Auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei der Rahmenvertrag europarechtskonform auszulegen.  Die Verpflichtung der Vertragsparteien, „bei einem Verstoß der dem Rahmenvertrag beigetretenen Versandhandelsapotheke aus einem Mitgliedsstaat gegen das Verbot zur Gewährung von Rabatten oder Boni Vertragsstrafen oder sogar einen zeitlich befristeten Ausschluss von der Versorgung vorzusehen“, sei auf einer derart unsicheren Rechtsgrundlage kaum durchsetzbar.

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Kein Honorar für Dienstleistungen

Ebenfalls ablehnend äußert sich der GKV-Spitzenverband zu den geplanten honorierten Dienstleistungen. Dieses Vorhaben ziele nicht auf den Nutzen für die Patienten ab, sondern habe „das Honorar der Apotheken im Blick“. So werde „die Gewährleistung der Arzneimitteltherapiesicherheit bei der Abgabe von Arzneimitteln bereits heute über den Festzuschlag nach der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) finanziert“. Hinzu komme, dass von den neuen Leistungen Apotheken mit einer hohen Anzahl von Patientenkontakten wesentlich stärker profitierten als wenig frequentierte Apotheken insbesondere in ländlichen Regionen, weshalb die beabsichtigte „Stärkung der Vor-Ort-Apotheken“ sehr unterschiedlich ausfalle.

GKV: 2HM-Gutachten umsetzen und mit den Einsparungen Dienstleistungen finanzieren

Zugleich verweist der GKV-Spitzenverband auf das im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums erstellte Honorargutachten. Dieses komme „gerade nicht zu dem Schluss, dass es einer erhöhten Vergütung der apothekerlichen Leistungen bedarf“, vielmehr sei die Vergütungshöhe auf Basis des tatsächlichen Aufwands neu auszurichten. Der GKV-Spitzenverband regt deshalb an, zunächst die Apothekenvergütung zu ändern und pharmazeutische Dienstleistungen „aus dem derzeit bestehenden Einsparpotential im Apothekenmarkt“ zu  finanzieren. Tatsächlich gebe es ein Interesse von Krankenkassen an ergänzenden regionalen Vereinbarungen von pharmazeutischen Dienstleistungen, diese seien jedoch zuletzt „teilweise aufsichtsrechtlich beanstandet“ worden.

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Abgabeautomaten sollen Vor-Ort-Apotheken stärken

Auch an anderer Stelle lehnt der GKV-Spitzenverband ab, für zusätzliche Honorare Geld auszugeben, und verweist auf das Honorargutachten. So sei zwar eine bessere Vergütung der Notdienste gerade bei Apotheken im ländlichen Raum sinnvoll, doch könnten hierfür, wie das Honorargutachten zeige, „die vorhandenen Wirtschaftlichkeitspotentiale im Apothekenmarkt“ herangezogen werden. Auch eine Erhöhung der Betäubungsmittelgebühr wird abgelehnt, eine gerechtere Vergütung könne „durch eine vollständige Umsetzung“ des Honorargutachtens durchgesetzt werden.

Das vorgesehene Verbot von Abgabeautomaten für verschreibungspflichtige Arzneimittel, die nicht unmittelbar mit der Apotheke verbunden sind, findet ebenfalls keine Zustimmung des GKV-Spitzenverbands. Erstaunlich allerdings die Begründung: Hierdurch würden Vor-Ort-Apotheken „um einen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Versandhandel gebracht“.  Denn insbesondere für Apotheken in Regionen mit einer geringeren Bevölkerungsdichte wären Abgabeautomaten „eine einfache, kostengünstige Möglichkeit, sich einen größeren Einzugsbereich an (potentiellen) Arzneimittelverbraucherinnen und Arzneimittelverbrauchern zu verschaffen“, indem die stationäre Apotheke im Dorfzentrum ergänzend einen Abgabeautomaten in einem entfernt liegenden Ortsteil betreibe. 

In einigen Punkten sogar ähnliche Interessen wie die Apotheker

In anderen Punkten vertritt der GKV-Spitzenverband durchaus ähnliche Interessen wie die Apothekerschaft. So unterstützt er die Klarstellung im Kooperationsverbot: Danach darf auch bei der Einlösung elektronischer Verschreibungen keine Zusammenarbeit zwischen Verordnern und Apotheken stattfinden, und dies gilt ebenfalls für Apotheken aus dem europäischen Ausland, die Patienten in Deutschland mit Arzneimitteln versorgen. Außerdem befürwortet der GKV-Spitzenverband die geplante Einführung von Temperaturkontrollen beim Versand.

Die vom Bundesgesundheitsministerium geplante Abschaffung der Länderliste lehnt der GKV-Spitzenverband ab mit der Begründung, dass diese die Arzneimitteltherapiesicherheit garantiere. Ebenso lehnt er die geplante Streichung von § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG und damit die Aufgabe der Rx-Preisbindung für EU-Versender ab. Diese gehe „über das verfolgte Ziel der Anerkennung der Rechtsprechung des EuGH hinaus“. Vielmehr wäre es ausreichend, die Gewährung von Boni und Rabatten zu erlauben oder eine entsprechende Lösung durch eine Änderung in § 7 HWG zu finden.

 AOK-Bundesverband erwartet Klärung vor dem EuGH

Der AOK-Bundesverband hat eine eigene Stellungnahme zum Apotheken-Stärkungsgesetz herausgegeben. Im grundsätzlichen Tenor gleicht diese der Stellungnahme des GKV-Spitzenverbands. Die geplante Überführung des Rx-Boni-Verbots in den Rahmenvertrag wird zwar nicht grundsätzlich abgelehnt, es sei allerdings fraglich, „ob diese Umgehung rechtskonform ist“. Dies dürfte, so der AOK-Bundesverband,  entsprechend vor dem EuGH zu klären sein. Bemerkenswert ist, dass der AOK-Bundesverband, anders als der GKV-Spitzenverband, der Streichung von § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG  zustimmt mit der Begründung: „Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom Oktober 2016, dass die AMPreisV nicht auf europäische Versandhandelsapotheken anwendbar ist, und aufgrund des folgenden Vertragsverletzungsverfahrens erscheint die vorgesehene Streichung nachvollziehbar.“  



Dr. Christine Ahlheim (cha), Chefredakteurin AZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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1 Kommentar

nixht durchsetzbar

von Thomas Bsonek am 31.10.2019 um 9:09 Uhr

Doch, sind sie. ganz einfach sogar:
Verpflichtende Ahndung seitens der Kasse. Stufe 1 Unterlassungserklärung, Stufe 2 Lieferausschluss.
Und wenn die Versicherung meint, sich darüber hinwegsetzen zu können kostet das für den entsprechenden Monat den Kassenrabatt für alle Apotheken, die sich vertragskonform verhalten.

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