E-Rezept-Strategie der ABDA

„Der Patient darf beim E-Rezept nicht zum Beifahrer werden“

Berlin - 09.05.2019, 15:55 Uhr

Der IT-Chef der ABDA, Sören Friedrich, hat die E-Rezept-Strategie der ABDA beim DAV-Wirtschaftsforum vorgestellt. (m / Foto: bro / DAZ.online)

Der IT-Chef der ABDA, Sören Friedrich, hat die E-Rezept-Strategie der ABDA beim DAV-Wirtschaftsforum vorgestellt. (m / Foto: bro / DAZ.online)


Unabhängigkeit, Technik, Möglichkeiten, Schwächen

Die Unabhängigkeit: Immer wieder betonte Friedrich, dass einer der großen Vorteile der DAV-App die Unabhängigkeit sei. Diese bestehe gleich auf mehreren Ebenen: Der ABDA-IT-Chef wies darauf hin, dass der DAV keine monetären Interessen verfolge, eine Steuerung der Patienten sei ausgeschlossen. Ebenso sei die E-Rezept-Applikation absolut werbefrei und kostenlos für die nutzenden Apotheker und Patienten, sie werde durch die Landesapothekerverbände finanziert. Diese Unabhängigkeit bedeutet aber: Auch die EU-Versender werden die DAV-App nutzen können, die Applikation sei „diskriminierungsfrei“ so Friedrich.

Die Technik: Interessant ist auch, dass der DAV sich dazu entschieden hat, eine sogenannte „Web App“ zu bauen. Konkret bedeutet das, dass die Applikation über den Browser des Endgerätes aufgerufen wird. Im Gegensatz zu sogenannten „Native Apps“ sind Web Apps nicht über den Google- oder Apple-Store herunterzuladen, sie funktionieren nicht als autonomes Programm auf dem Handy, Tablet oder PC, sondern werden über den HTML-Browser aufgerufen und funktionieren auch ähnlich wie eine HTML-Seite. Friedrich sagte, dass es dem DAV wichtig gewesen sei, „frei“ zu sein von „Apple und Co.“. Laut Friedrich sollen die Nutzer einen Weblink auf dem Bildschirm haben – wenn man diesen anklickt, soll man automatisch auf die Rezept-App weitergeleitet werden.

Die Möglichkeiten: Der große Wettbewerbsvorteil der DAV-App ist natürlich das E-Rezept. Gelingt es der ABDA, die digitalen Verordnungen in der Gematik planmäßig und zügig umzusetzen hat man für die Patienten bereits eine technische Lösung in der Tasche, die den gesamten Verordnungs- und Abgabeprozess einbezieht. Friedrich betonte auch, dass die DAV-Applikation gleich mehrere neue Funktionen mit sich bringen werde. Es werde beispielsweise möglich sein, sich via Messenger kurz mit dem Apotheker auszutauschen, also zum Rezept eine kurze Nachricht mitzusenden. Ebenso sollen die bereits vorhanden App-Funktionen der ABDA (Apothekenfinder, Nacht- und Notdienstsuche) integriert werden. Der Patient soll sein Rezept jederzeit einsehen und löschen können und die Möglichkeit haben, Produkte vorzubestellen.

Auf der Internetseite stehen weitere Services der Applikation: So soll es beispielsweise einen Retax-Filter für Apotheker geben, die offenbar helfen können, falsch ausgestellte Rezepte frühzeitig zu markieren. Für Patienten ist für die Zukunft außerdem angedacht, Einnahmehinweise und Erinnerungen bezüglich des Ablaufdatums der Arzneimittel hinzuzufügen.

Die Schwächen und Gefahren: Der DAV startet mit seiner App quasi bei null. Friedrich berichtete, dass sich am ersten Tag etwa 100 Apotheker registrieren wollten, davon hätten 25 Prozent die Teilnahme nicht bestätigt. Die ABDA-eigene App hat somit einen entscheidenden Wettbewerbsnachteil: Im Gegensatz zu Noweda/Burda gibt es eben keinen Kundenstamm, zu dem tausende Apotheker zählen. Friedrich war es daher auch sehr wichtig, die Apotheker zur Teilnahme zu motivieren: „Nur mit ihnen kann dieses Projekt gelingen.“ Eine weitere Gefahr ist natürlich, dass der Markt der Patienten- und E-Rezept-Apps zerstückelt bleibt. Neben Noweda/Burda und dem DAV ist schließlich auch noch die Initiative „Pro AvO“ im Markt, die derzeit ebenfalls an einer solchen Applikation arbeitet. Ein weiteres Risiko ist natürlich, dass die Patienten die Übertragungsmöglichkeit via App schlichtweg gar nicht nutzen. Vielmehr sollen die Patienten, wie oben beschrieben, auch mit der Eingabe ihrer eGK in der Apotheke das Abrufen das E-Rezeptes ermöglichen können.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

aponet II?

von Christian Timme am 10.05.2019 um 3:15 Uhr

Eine weitere „Randnote“ für das Programm des WiFo 2020 ... Der DAV sollte seine Ressourcen in ein „lebensfähiges Projekt“ einbringen und sich dann seinen „Hausaufgaben“ zuwenden.

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