Kommentar

In freudiger Erwartung: DocMorris und das E-Rezept

Stuttgart - 15.05.2019, 10:15 Uhr

DocMorris weist in seiner neuen Kampagne auf das E-Rezept hin. (m / Foto: brysch)

DocMorris weist in seiner neuen Kampagne auf das E-Rezept hin. (m / Foto: brysch)


Während die Standesvertretung seit Monaten eifrig am E-Rezept bastelt, beginnt DocMorris öffentlichkeitswirksam aus allen Rohren zu schießen. Nach E-Mail, E-Banking, E-Mobilität läutet der Arzneimittelversender mit einer Plakataktion das nächste „E-Zeitalter“ ein – mit dem E-Rezept. Kein schlechter Schachzug aus Heerlen, findet DAZ-Chefredakteur Dr. Armin Edalat. Doch am Ende gewinnt, wer authentischer ist und den längeren Atem hat.

Wer Tempo sagt, meint Taschentuch. Wer von Uhu oder Tesa spricht, meint Klebstoff bzw. Klebeband. Auch „googeln“, „kärchern“ oder „flexen“ sind längst in der Alltagssprache angekommen. Wenn Marken im Kopf des Verbrauchers unweigerlich mit den jeweiligen Produkten assoziiert werden und andersherum, hat man als Unternehmen alles richtig gemacht. 

Das denkt sich auch der niederländische Arzneimittelversender DocMorris und versucht seit Jahren sich als Marke bei den deutschen Patienten zu etablieren. Nach zahlreichen Misserfolgen nennt sich der Versender seit Anfang 2018 „Die Apotheke“. Man schmückt sich also mit den Federn derer, die man eigentlich versucht, mit allen Mitteln zu bekämpfen.

Mit dem GSAV kommt das E-Rezept

Nun gut, könnte man meinen, was erwartet man von einem Unternehmen, dessen Innovationskraft sich darauf konzentriert, das deutsche Fremdbesitzverbot zu umgehen und die Arzneimittelpreisbindung sowie das Apothekenrecht permanent in Frage zu stellen. 

Für ihre aktuelle PR-Aktion muss man den Niederländern aber durchaus zugestehen: Die Zeichen der Zeit wurden erkannt und geschickt genutzt. Die Einführung des E-Rezeptes liegt in greifbarer Nähe. Das dafür nötige „Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung“ (GSAV) soll voraussichtlich im Sommer in Kraft treten. DocMorris bringt sich mit den neuen Plakaten in die öffentliche Wahrnehmung. Die schlichte Aufmachung und die wenigen Worte lassen den Betrachter schnell auf den Begriff „E-Rezept“ stoßen. Für die meisten Laien ist das vielleicht der erste Kontakt mit der Technologie von morgen – ausgerechnet auf einem Plakat von DocMorris!

Meinungsführerschaft der ABDA täte den Apotheken gut

Noch vor einer Woche gab die ABDA in ihrem Haushaltsentwurf bekannt, dass man die Arbeit der Apotheken im Wettbewerb mit den Versandhändlern stärker unterstützen wolle. Dringend notwendig wäre es tatsächlich, dass die Apotheker beim E-Rezept als Entwickler und Vorreiter öffentlich wahrgenommen werden. Immerhin laufen die deutschen Pilot- und Modellprojekte unter Beteiligung von Ärzten und Apothekern vor Ort und nicht unter Federführung ausländischer Konzerne. Die Patienten sollten am besten schon jetzt erfahren, dass ihnen mit dem E-Rezept auch weiterhin die niederschwellige und qualitativ hochwertige Versorgung durch die Apotheken zur Verfügung steht, und das E-Rezept kein Instrument des Versandhandels ist.

Kein Rx-Versandverbot unter Spahn

Dass sich die Arzneimittelversender in freudiger Erwartung auf das E-Rezept befinden, liegt auf der Hand: sie kommen so bequemer und schneller an die Verschreibungen der Patienten. Doch, ob sich dadurch auch der Service insgesamt verbessert, steht auf einem anderen Blatt. In letzter Zeit mehren sich die Kundenbeschwerden gegen DocMorris. Dazu kommt: Auch am heutigen Mittwoch wird wieder ein deutsches Gericht mit hoher Wahrscheinlichkeit urteilen, dass DocMorris mit seinen fragwürdigen Geschäftsmodellen gegen deutsches und europäisches Recht verstößt. 

Die E-Rezept-Kampagne macht deutlich, dass der Versender sicher davon ausgeht, dass es unter Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu keinem Rx-Versandverbot mehr kommen wird. Wer weiß, vielleicht wurden mittlerweile eindeutige Signale aus dem Ministerium in Richtung Heerlen empfangen.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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11 Kommentare

Robin Hoods neuer Rezept-Pfeil ...

von Christian Timme am 17.05.2019 um 14:49 Uhr

... und davon hat er sicherlich noch eine ganze Menge. Dieser Pfeil wird genauso wie die anderen beim Verbraucher treffen. Die Deutschen Apotheker haben schon viele Pfeile nicht gehört ... aber gespürt ... und nichts gelernt.

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"Die Apotheke"

von Kristina Singhof am 16.05.2019 um 9:05 Uhr

Mal ganz was anderes: wird mit dem Namen Doc Morris "Die Apotheke" nicht etwas impliziert, das so nicht heißen darf weil es auf ein Alleinstellungsmerkmal oder wie auch immer das im deutschen Recht genannt wird, hinweist? Ist das erlaubt? Meine Apotheke dürfte beispielsweise nicht "Die" Rheingau Apotheke heißen

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AW: "Die Apotheke"

von Heiko Barz am 16.05.2019 um 11:16 Uhr

Es gibt auch dafür Rechtsvorschriften wie zB die Benutzung auch des Apotheken A. Da haben nun wieder die Vereine ihre Finger im Spiel. Aber in Holland muß man sich ja nicht um die Deutsche Rechtsprechung kümmern. Das wird uns täglich offenbart.

E-GITT

von J.M.L am 16.05.2019 um 8:45 Uhr

E-GITT - das alles stinkt zum Himmel, wir sind wirklich eine Bananenrepublik!
Das ganze politische Agieren ist so durchsichtig dass es einem die schiere Schamesröte ins Gesicht treibt, meine Kinder würden sagen fremdschämen. Traurig nur, dass eine einzelne Person einen kompletten gut funktionierenden und in diesem Staat Steuern zahlenden Berufsstand mit hunderttausenden Angestellten, die ebenfalls hier Steuern entrichten, eiskalt links liegen läßt zugunsten von E-GITT !
P.S.: Ist ein Bundesminister nicht vorrangig dem Wohle des Staates und seiner hier lebenden Bürger verpflichtet?

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AW: E-GITT

von Heiko Barz am 16.05.2019 um 11:10 Uhr

Ja, dafür hat er vor dem Präsidenten des Bundestages einen EID abgelegt. Ich erinnere nicht genau, mit den Worten:...
So wahr mir Gott helfe.....?
Dabei denke ich immer wieder gern an des Kabarettisten Dieter Hildebrand Spruch in dem er die Bedeutungslosigkeit ....politisch bedingter Eide .......zur Diskussion stellte.
„....Ich gebe ihnen mein Ehrenwort....“ kennen wir alle noch!

E wie Einsamkeit

von Benjamin Schäfer am 15.05.2019 um 16:12 Uhr

Wenn alle Bereiche des Lebens durch "digital" ersetzt werden, passiert vor allem etwas, was entschieden gegen die menschliche Natur gerichtet ist. Eine Entsozialisierung. Und das Tollste: Wir werden ganz viel Zeit dafür haben - mit uns alleine. Die Psychologen werden einiges zutun haben, sofern sie nicht auch durch digitale Ärzte ersetzt werden.

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AW: E wie Einsamkeit

von Karl Friedrich Müller am 15.05.2019 um 20:27 Uhr

Sehr schön. Das ist genau das, was zur Zeit auf allen Ebenen passiert: Entsozialisierung. Furchtbar.

Da machen es sich einige zu einfach ...

von Reinhard Herzog am 15.05.2019 um 13:40 Uhr

"Nun gut, könnte man meinen, was erwartet man von einem Unternehmen, dessen Innovationskraft sich darauf konzentriert, das deutsche Fremdbesitzverbot zu umgehen und die Arzneimittelpreisbindung sowie das Apothekenrecht permanent in Frage zu stellen."

... ich denke, da macht man es sich entschieden zu einfach.
Wenn Doc Morris und Co. etwas können, dann ist es ihren Datenschatz zu mehren und kräftig zu nutzen, während hier der Großteil unserer lieben Kollegenschaft noch tiefenentspannt vor sich hinschläft.

Da löst an der Basis selbst schon die Frage nach der Kundenzahl betretenes Schweigen, bestenfalls irgendwelche Schätzungen aus. Mit welchen Top-Kunden machen Sie welche Umsätze? Welche Indikationen dominieren? Wie viele MS-Kranke oder Diabetiker haben Sie im Einzugsbereich?

Heißt konkret: Die meisten kennen nicht mal ihren Markt im Umkreis von einem Kilometer.

Und genau da setzen die "Datenkraken", die es eben neben ihrer Versandtätigkeit sind, mehr und mehr an. Und setzen durchaus EDV-gestützte Chroniker-Programme, Medikationsmanagement etc. obenauf - und nehmen dafür auch einmal die eine oder andere Million in die Hand ...
Von den richtigen Big-Playern á la Amazon, wenn die mal kommen sollten, gar nicht zu reden.

Also, macht es Euch nicht zu leicht, DocMo und Co. nur in die stupide "Päckchenschieber-Ecke" zu stellen ...

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Nicht nur Versender profitieren

von Reinhardt Schmidt am 15.05.2019 um 12:27 Uhr

Mit dem E Rezept wird dem Beschiss Tür und Tor geöffnet. Es gibt jetzt schon viele Zuweisungen zu Apotheken (vor Ort), die nicht legal sind und gegen die man sich kaum wehren kann.
Nicht nur Versender werden sich freuen, sondern auch einige Kollegen. Da wird das Prozedere auch einfacher. Das wird auch einige Schließungen nach sich ziehen.
Allerdings ist das auch die einzige Möglichkeit, sich gegen das Geschäft der Versender wirklich zu wehren.

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buddies

von Anita Peter am 15.05.2019 um 11:49 Uhr

"wurden mittlerweile eindeutige Signale aus dem Ministerium in Richtung Heerlen empfangen."

Was glaubt Ihr, warum man von Max Müller nichts mehr hört? Best buddies für immer...

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eindeutige Signale

von Frank Zacharias am 15.05.2019 um 10:45 Uhr

"...Die E-Rezept-Kampagne macht deutlich, dass der Versender sicher davon ausgeht, dass es unter Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu keinem Rx-Versandverbot mehr kommen wird. Wer weiß, vielleicht wurden mittlerweile eindeutige Signale aus dem Ministerium in Richtung Heerlen empfangen...."

Die Signale kann selbst ich verstehen und empfangen .

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