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15. Zwischenahner Dialog
Apotheken im Zeitenwandel durch die Digitalisierung
Mehr Tempo bei der Telematik-Infrastruktur
Wie Kasper zeigte sich auch Dr. Franz Joseph Bartmann, Sprecher des Landesverbandes Nord der Deutschen Gesellschaft für Telemedizin, erfreut über das große Engagement von Gesundheitsminister Jens Spahn für die Telemedizin. Bisher seien die Zeitpläne der Telematik-Infrastruktur immer wieder verfehlt worden, aber „Spahn wird es schaffen, wenn er länger bleibt“, erwartet Bartmann. Durch das neue DVG kämen „Apps auf Rezept“ mit extrabudgetärer Vergütung hinzu. Der Referentenentwurf sehe vor, diese Apps nach einem Jahr durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte prüfen zu lassen und danach Preisverhandlungen durchzuführen. Bartmann mahnte, wer alles sofort machen wolle, erreiche nichts. Man solle machen, was jeweils geht, und Weiteres nachliefern. Auch Brigitte Käser, Geschäftsführerin Gesundheitsmanagement ambulant der AOK Niedersachsen, meinte, kleine Maßnahmen seien besser als gar nichts. Dazu verweis sie auf mehrere digitale Projekte der AOK Niedersachsen mit jeweils eng begrenzten Themen.
Vitabook: Bonus bei Rezeptbestellung
Um Apotheken ging es bei der Präsentation von Markus Bönig, Geschäftsführer der vitabook GmbH und Gründer von „ordermed“. Das namensgebende Produkt von vitabook ist ein „Gesundheitskonto“ mit einer elektronischen Patientenakte und weiteren Funktionen. In der Sichtweise der Apothekerorganisationen insbesondere zum E-Rezept sieht Bönig einen „Riesendenkfehler“.
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Es gehe nicht darum, dass das Rezept in der gewünschten Apotheke lande. Die Aufgabe müsse früher ansetzen. Denn aus der Sicht des Patienten gehe es darum, „dass die leere Packung wieder voll wird“. Darum biete vitabook den Patienten seit Jahren an, rechtzeitig Wiederholungsrezepte beim Arzt zu bestellen. Hinzu komme ein finanzieller Bonus für die Patienten, der offenbar von der liefernden Apotheke und von der Pharmaindustrie finanziert wird. Die Arzneimittelhersteller würden profitieren, weil die bessere Adhärenz der Patienten die Umsätze erhöhe. Der Vermittlungsvorgang finde bereits statt, bevor ein Rezept existiere, erklärte Bönig. Darum falle dies nicht unter ein künftiges Verbot des Makelns von Rezepten, nicht unter die Arzneimittelpreisverordnung und nicht unter ein mögliches Boni-Verbot. Zudem handle vitabook im Auftrag des Patienten und sei im Gegensatz zu Arzt, Apotheker und Krankenkasse sonst kein Beteiligter des Systems. Über die rechtlichen Aspekte wurde daraufhin beim Zwischenahner Dialog nicht weiter diskutiert. Bönig betonte, dass Pflegeheimpatienten die Hauptzielgruppe sind, weil die Arbeit der Pflegeheime erleichtert werde.
Zeitersparnis für Ärzte?
Dr. Uwe Lankenfeld, Landesverband Niedersachsen des Deutschen Hausärzteverbandes, stellte Möglichkeiten der Telemedizin in der Hausarztpraxis vor. Neben Projekten mit Heimen und Pflegediensten betonte er die Verknüpfung der Telemedizin mit der „Versorgungsassistentin in Hausarztpraxen“ („Verah“). Da dies seine Assistentin sei, die in seiner Verantwortung tätig werde, könne er sie gut einschätzen. Bei Bedarf könne sich der Arzt telemedizinisch zuschalten und so auch dem Patienten präsentieren. Nachteile seien die schlechte Internetversorgung auf dem Land und die Kosten für die Ausstattung. Da keine Krankenkasse die Abrechnung übernehme, werde die Technik nach der Pilotphase nicht mehr genutzt. Insgesamt sähen die meisten Ärzte in der Telemedizin derzeit noch eher Nachteile, weil Anreize fehlen würden. Lankenfeld betonte, dass zusätzliche Videosprechstunden mit anderen Aufgaben um die knappe Zeit des Arztes konkurrieren. Dagegen zeigte sich in der Diskussion, dass die wesentliche Zeiteinsparung durch „Verah“ unabhängig von der Digitalisierung ist. Zum Ansatz, ärztliche Spezialisten mit der Telemedizin zu vernetzten, erklärte Glied „just in time, just in place“, funktioniere mit stark eingespannten Ärzten nicht. Dafür sei ein Pool an verfügbaren Ärzten in einer parallelen Versorgungsstruktur nötig.
Dr. Daniel Overheu, Ärztlicher Leiter Telemedizin, Uniklinik Oldenburg, beschrieb die Notfallversorgung für Schiffe und die Offshore-Industrie. Die Zentrale in Oldenburg muss bei einem Notruf sofort entscheiden, ob ein Rettungshubschrauber auf den weiten Weg geschickt wird. Bis zum Eintreffen eines Notarztes vor Ort leitet die Zentrale den Rettungssanitäter an und stützt sich dabei auf die übermittelten Patientendaten. Aus der erfolgreichen Arbeit mit Rettungssanitätern könnten auch Konsequenzen für die Notfallversorgung an Land gezogen werden, erklärte Overheu. Das Projekt mit Gemeinde-Notfallsanitätern im Raum Oldenburg zeige, dass eine Instanz unterhalb von Rettungswagen und Notarzteinsatz hilfreich sei. Viele Menschen könnten ihre Situation nicht selbst einschätzen und würden die Notfallambulanzen überfüllen. Es sei besser, wenn sich „jemand kümmert“ und den Fall einschätzt.
Digitalisierung wofür?
Der Moderator der Veranstaltung, ABDA-Pressesprecher Dr. Reiner Kern, sprach als Fazit von einer starken Aufbruchstimmung mit einer schnelleren Gesetzgebung als sonst. Insgesamt war beim Zwischenahner Dialog viel über positive Beispiele und wenig über unerwünschte Effekte der Digitalisierung zu hören. Allerdings mahnte Groeneveld, die Digitalisierung könne nur ein Mittel zum Zweck sein. Groeneveld fragte: „Welches Problem wollen wir eigentlich lösen?“ Vieles sei nur „Convenience für die Patienten“. Das Ziel müsse sein, die Zeitressourcen der Heilberufler besser zu nutzen.
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