Lieferengpässe

Belgien: Export-Verbot für Großhändler

Remagen - 28.05.2019, 11:30 Uhr

Absolute Seltenheit: Gefüllte Apotheken-Regale gibt es in Belgien derzeit selten. Der Gesetzgeber hat daher ein Gesetz beschlossen, nach dem Großhändler Arzneimittel nicht mehr exportieren dürfen. (Foto: imago images / Reporters)

Absolute Seltenheit: Gefüllte Apotheken-Regale gibt es in Belgien derzeit selten. Der Gesetzgeber hat daher ein Gesetz beschlossen, nach dem Großhändler Arzneimittel nicht mehr exportieren dürfen. (Foto: imago images / Reporters)


Arzneimittel-Lieferengpässe sind nicht nur hierzulande ein großes Problem. Auch in anderen europäischen Ländern bereiten Defekte Apothekern und Patienten Sorgen. Die Schuldfrage bleibt häufig ungeklärt: Aus Sicht der Hersteller exportieren Großhändler und Apotheker zu viel. Die Apotheker wiederum beschweren sich über Kontingentierungen. In Belgien ist in diesen Tagen ein Gesetz in Kraft getreten, das vorsieht, dass Medikamente, die für belgische Patienten bestimmt sind, nicht exportiert werden.

Mit einem neuen Gesetz hat unser Nachbarland Belgien eine strikte Maßnahme zur Verhinderung vermeidbarer Lieferengpässe bei Arzneimitteln ergriffen. Konkret soll ein spezielles Verbot die Hersteller und Großhändler dazu bringen, dass sie ihrer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung zur Versorgung der belgischen Bevölkerung mit Arzneimitteln nachkommen. Der Hintergrund sind seit Monaten andauernde Lieferengpässe in Belgien. DAZ.online hatte mehrfach darüber berichtet: 

Vertrieb ins Ausland wird untersagt

Das kurze Änderungsgesetz zum belgischen Arzneimittelgesetz sieht vor, dass Großhandelsverteiler (grossistes-répartiteurs) nur Apotheken (Offizin-und Krankenhausapotheken) sowie andere Großhandelsverteiler in Belgien mit Humanarzneimitteln beliefern dürfen. Einige begrenzte Ausnahmen gelten für Präparate, die in klinischen Studien zum Einsatz kommen. Die Vertrieb ins Ausland oder an reine Großhändler (grossistes) wird untersagt.

Damit soll das „Risiko des Vertriebs ins Ausland“ von Herstellern oder Großhändlern nicht mehr als Argument dafür herangezogen werden können, die Lieferung an einen Großhandelsverteiler (trotz der bestehenden Lieferverpflichtung) abzulehnen. Die belgische Arzneimittelagentur wird die Einhaltung der Lieferverpflichtung gegenüber den Großhandelsverteilern und Apotheken überprüfen und alle diesbezüglichen Verstöße verfolgen.

Die Arzneimittelhersteller werden bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen, dass vorübergehende Nichtverfügbarkeiten, deren Verlängerung und deren Aufhebung  bei der Behörde über eine online-Formular gemeldet werden müssen.

Apotheker sollen Engpässe melden

Die Großhandelsverteiler und auch die Apotheken werden gebeten, Online-Meldungen zu erstellen, wenn ein Hersteller oder Großhändler ein Problem mit der Lieferung eines Arzneimittels hat, das nach der Liste auf der Webseite der AFMPS nicht offiziell als nicht verfügbar gemeldet wurde. Außerdem erinnert die Arzneimittelagentur die Apotheker an das strenge Verbot, Arzneimittel an Groß- und Einzelhändler im In- und Ausland abzugeben, da diese Aktivität  eine Großhandelslizenz erfordert.

Das Gesetz soll in Kürze durch ein königliches Dekret mit weiteren Details zu dem Problem der Nichtverfügbarkeit von Arzneimitteln ergänzt werden.  

Erst im November des letzten Jahres hatten die belgischen Apotheker wegen der rasanten Zunahme von Lieferengpässen die Alarmglocken geläutet und waren damit an die Öffentlichkeit gegangen. Damals hatten die Arzneimittelagentur und das Gesundheitsministerium noch versucht, das Problem kleinzureden.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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