DGRA-Jahreskongress

Die Sorgen der EMA im Brexit-Interim

Remagen - 28.05.2019, 15:30 Uhr

EMA-Chef Guido Rasi erklärte in der Deutschen Gesellschaft
für Regulatory Affairs (DGRA), mit welchen Problemen die EMA im Zuge des Brexits zu kämpfen hat. (Foto: imago images / Globallmagens)

EMA-Chef Guido Rasi erklärte in der Deutschen Gesellschaft für Regulatory Affairs (DGRA), mit welchen Problemen die EMA im Zuge des Brexits zu kämpfen hat. (Foto: imago images / Globallmagens)


„Aber die Briten sind immer noch da“

Auch Christa Wirthumer-Hoche beklagte in ihren Ausführungen die negativen Folgen des Brexit-Desasters. Die Leiterin der Österreichischen Arzneimittelagentur (AGES Medizinmarktaufsicht) bekleidet derzeit den Vorsitz des Management Boards der EMA.  „Wir hatten uns auf den Übergang Ende März vorbereitet, aber die Briten sind immer noch da“, sagte Wirthumer-Hoche. Nun müsse man mit dem weiteren Aufschub umgehen, ohne zu wissen, was am Ende herauskommt. Es gebe daher keinen Grund, sich entspannt zurückzulehnen, mahnte sie. Der harte Brexit sei nach wie vor nicht aus der Welt, und man könne Ende Oktober noch einmal vor derselben Situation stehen. Ebensowenig gelöst sei das Problem der Versorgung mit Arzneimitteln und Medizinprodukten nach dem Ausscheiden von UK aus der EU, wobei es für Arzneimittel ihrer Meinung nach noch besser aussehen könnte als für Medizinprodukte.

Praktikable Lösungen absehbar

Immerhin zeichne sich ab, dass für manche Verwerfungen praktikable Lösungen gefunden werden könnten. So würden die Zulassungen, für die die notwendigen Transfers von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten in die EU 27 nicht bis zum Brexit-Stichtag vorgenommen wurden, nicht automatisch ungültig. Dies erfordere vielmehr eine aktive Entscheidung der EMA bzw. der nationalen Behörden.

Für die in UK durchgeführten Qualitätskontrollen und Chargenfreigaben stellte Wirthumer-Hoche in Aussicht, dass wohl für eine begrenzte Zeit Ausnahmegenehmigungen erteilt werden könnten. Die verantwortliche Person für die Chargenfreigabe müsse allerdings in der EU 27 ansässig sein, und bis Ende dieses Jahres müsse die Umlegung erfolgt sein. Auf lange Sicht sei dann ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung (Mutual Recognition Agreement, MRA) geplant. Solche Abkommen gibt es bereits mit anderen Drittstaaten wie der Schweiz, den USA und Kanada.

Modernisierungsschub steht bevor

Rasi erwartet für die Zukunft bahnbrechende Umwälzungen für die Arbeit der Agentur, die durch moderne Therapieformen, wie die Gen-und Zelltherapie und andere Arzneimittel für neuartige Therapien sowie die Einbindung von Real World Evidenz in die klinische Beurteilung von Arzneimitteln und durch die personalisierte Medizin getrieben werden. Der EMA-Direktor berichtete von 500 klinischen Studien mit Arzneimitteln für neuartige Therapien in der EU. 14 hätten bereits eine positive Empfehlung für die Zulassung erhalten. 

Die „Regulatory Science Strategy to 2025“

Für alle diese Entwicklungen ist das derzeitige System nach Einschätzung der Regulatory Affairs-Experten nicht fit und flexibel genug. Aller Voraussicht nach wird das europäische Arzneimittelrecht deswegen in den nächsten fünf Jahren erneut revidiert werden müssen. Um diesen Prozess mitzugestalten, braucht die EMA nicht nur den Input aus der eigenen regulatorischen Praxis, sondern auch Informationen und Vorschläge aus der Industrie und Forschungseinrichtungen. Rasi verwies an dieser Stelle auf den Entwurf der „Regulatory Science Strategy to 2025“, den die EMA im Dezember 2018 veröffentlicht hat

Die Frist zur Stellungnahme läuft noch bis zum 30. Juni 2019. Sowohl er als auch Wirthumer-Hoche appellierten dringend an das Auditorium der deutschen Regulatory Affairs-Fachleute, die Möglichkeit wahrzunehmen und ihre Anliegen vorzutragen. „Ich hoffe nächstes Jahr wiederkommen zu können, um Sie über die Zukunft zu informieren und nicht über die Vergangenheit“, resümierte Rasi.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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