Pharmacon Meran 2019

Kein Hydrocortison oder Neomycin auf Kinderhaut!

Meran - 28.05.2019, 09:00 Uhr

Professor Peter Höger, Facharzt für Pädiatrie und Dermatologie, gibt Apothekern beim Pharmacon in Meran wertvolle 
Tipps. (s / Foto: ck)

Professor Peter Höger, Facharzt für Pädiatrie und Dermatologie, gibt Apothekern beim Pharmacon in Meran wertvolle Tipps. (s / Foto: ck)


Hilfe bei Cortisonangst der Eltern

„Manche topischen Wirkstoffe können aufgrund ihrer transkutanen Penetration unter Umständen gefährliche Nebenwirkungen auslösen“, erklärt Höger. Eine der „schlimmsten“ Substanzen ist Höger zufolge Neomycin. „Neomycin in der Kinderdermatologie ist komplett obsolet“, so Höger. Er wundert sich tatsächlich, dass sich das Aminoglykosid nach wie vor in der topischen Therapie auch bei Kindern behaupten kann – noch immer gebe es 16 neomycinhaltige Zubereitungen. „Bei Kindern gilt es, Neomycin zu vermeiden“, mahnt Höger. Und weiter: „Neomycin ist ein Aminoglykosid, und alle unerwünschten Wirkungen dieser antibiotischen Klasse, wie Nephro- oder Ototoxizität, können Sie bei Kindern, bedingt durch die erhöhte transkutane Absorption, auch bei alleiniger topischer Anwendung hervorrufen“. Zusätzlich erinnert Höger an das kontaktallergische Potenzial von Neomycin und daran, dass „50 Prozent der Hautflora primär resistent ist gegen Neomycin ist“.

Kein Hydrocortison in der Kinderdermatologie

Eine klare Absage erteilt Höger auch Hydrocortison. Dieses Corticoid hat nach Ansicht des Dermatologen nichts in der Pädiatrie zu suchen. „Kein Hydrocortison für Kinder“, erklärt er, „als ,kleines Molekül' macht der Wirkstoff bei Kindern mehr Nebenwirkungen und Schaden, als es den Kindern nutzt“, so Höger. Bei Kindern mit Atopischem Ekzem, die mittels einer adaptierten Lokaltherapie antiinflammatorisch behandelt werden müssen, sollten besser Prednicarbat, Methylprednisolon, doppelt verestertes Hydrocortison oder in schweren Fällen Mometason eingesetzt werden.

Cortison: physiologische Substanz und nicht axiliär

Die Angst vor Cortison scheint verbreitet, viele Erwachsene sorgen sich vor Nebenwirkungen der antiinflammatorischen Therapie mit den Steroiden. Noch kritischer werden Eltern meist, wenn ihre Kinder Corticoide erhalten sollen. Auch in Apotheken kommunizieren Eltern immer wieder ihre Sorge, wenn ihre Kinder corticoidhaltige topische Präparaten verordnet bekommen. Welchen Tipp hat Professor Höger aus seiner kinderdermatologischen Praxis parat, den Apotheker für die Beratung nutzen können? Höger betont, dass Cortison eine physiologische Substanz ist und es gute synthetische Cortisone gebe. „Prednicarbat wird durch eine Hydrolase bereits in der Dermis inaktiviert“, erklärt der Kinderdermatologe, was die systemische Verfügbarkeit reduziert. Die Fachinformation zu prednicarbathaltigen Präparaten bestätigt dies: „Nach perkutaner Verabreichung konnten weder Prednicarbat noch seine bekannten Metaboliten systemisch nachgewiesen werden“.

Zusätzlich warnt der Dermatologe davor Corticoide okklusiv oder axiliär anzuwenden, da auch dies die Gefahr systemischer Wirkungen erhöhe.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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