Werbegaben aus Apotheken

Was sagt die Politik zum BGH-Urteil?

Berlin - 07.06.2019, 14:15 Uhr

Künftig nur noch begrenzt möglich: Werbemitgaben in der Apotheke. Was sagt die Politik zum Urteil des Bundesgerichtshofes? (Foto: imago images / Westend61)

Künftig nur noch begrenzt möglich: Werbemitgaben in der Apotheke. Was sagt die Politik zum Urteil des Bundesgerichtshofes? (Foto: imago images / Westend61)


Selbst kleine Apotheken-Werbegaben wie etwa Brötchengutscheine sind wettbewerbswidrig, wenn sie bei der Rezepteinlösung ausgegeben werden. Das hat der Bundesgerichtshof am gestrigen Donnerstag entschieden. Das Urteil wird auch politisch diskutiert – schließlich steht das Thema Rx-Boni seit Jahren ganz oben auf der apothekenpolitischen Agenda. DAZ.online hat daher bei einigen Arzneimittel-Experten im Bundestag nachgefragt.

Sowohl die Werbegabe eines Brötchen-Gutscheins als auch eines Ein-Euro-Gutscheins beim Erwerb eines Rx-Arzneimittels ist wettbewerbswidrig. Beide Geschenke, so geringwertig sie auch sein mögen, verstoßen gegen die Rx-Preisbindung – und zwar auch nach dem EuGH-Urteil aus dem Jahr 2016. Dieses führt nicht zu einer unzulässigen Inländerdiskriminierung, so die Bundesrichter. 

Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Aber schon aus der Pressemitteilung des Gerichts wird deutich, dass die Richter den Zweck der fixen Rx-Preise nicht bezweifeln – nämlich die Sicherstellung einer im öffentlichen Interesse gebotenen flächendeckenden und gleichmäßigen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln. Deshalb sei auch der durch die Preisbindung erfolgende Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit verhältnismäßig.

Wie wirkt sich dieses Urteil nun auf die aktuelle politische Debatte aus? Das Bundesgesundheitsministerium will das Rx-Boni-Verbot für EU-Versender gerade aus dem Arzneimittelgesetz ins Sozialgesetzbuch (SGB) V „transportieren“ – für die inländischen Apotheken soll die Preisbindung natürlich auch erhalten bleiben. Allerdings gilt der neue Regelungsort, das SGB V, nicht für Privatversicherte. Die Apotheker fordern daher, den AMG-Satz zur Rx-Preisbindung beizubehalten. Wird ihre Forderung nach Gleichpreisigkeit durch das Urteil gestärkt?

Hennrich: Stärkung für den Spahn-Plan

Michael Hennrich (CDU), Arzneimittelexperte in der Unionsfraktion, sieht zumindest das vom BMG geplante Rx-Boni-Verbot für GKV-Versicherte durch das Urteil bestätigt. Wörtlich erklärte der CDU-Politiker gegenüber DAZ.online:


Das Urteil stärkt den Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, weil der BGH klar sagt, dass die Rx-Preisbindung für inländische Apotheken gilt. Es bekräftigt uns also in der Meinung, dass wir hierzulande keine Rx-Boni zulassen müssen. Im Allgemeinen lese ich aus dem Urteil auch eine gewisse Unzufriedenheit der Richter mit dem EuGH-Urteil heraus.“

CDU-Politiker Michael Hennrich


Die einzige Apothekerin im Bundestag, Sylvia Gabelmann, die in der Linksfraktion für alle Arzneimittelthemen zuständig ist, erinnert daran, dass Rx-Boni aus dem Ausland auch nach dem Urteil möglich sind.


Im Verhältnis zur fehlenden Gleichpreisigkeit beim Rx-Versandhandel sind Tempotaschentücher ein Witz. Falls der Bundesrichter Thomas Koch bei einer geschenkten Packung Taschentücher einen ruinösen Wettbewerb befürchtet, was ist dann mit dem europäischen Versandhandel? DocMorris und Co. dürfen Geschenke machen ... Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man darüber lachen. Aber so bleibt einem das Lachen im Halse stecken."

Linken-Politikerin Sylvia Gabelmann


Die Grünen werben seit dem EuGH-Urteil für eine Öffnung der Rx-Preisbindung. Die Grünen-Arzneimittelexpertin Kordula Schulz-Asche hatte vorgeschlagen, Rx-Boni für alle Marktteilnehmer begrenzt zuzulassen und die Ungleichbehandlung zu den EU-Versendern so aufzuheben. Aus Schulz-Asches Sicht wird diese Ungleichbehandlung durch das BGH-Urteil sogar noch erweitert. Die Grünen-Politikerin wörtlich:


Mit dem BGH-Urteil wird die Benachteiligung inländischer gegenüber ausländischer Apotheken weiter manifestiert. Wir fordern die Bundesregierung auf, jetzt die Benachteiligung inländischer Apotheken zu beenden und begrenzte Boni für alle Apotheken, im Inland wie im Ausland, zu ermöglichen. Umsatzeinbußen müssen hierbei nicht befürchtet werden, wenn die Vergütung der Apotheken in Abhängigkeit von deren Umsatz bemessen wird. Kleine und mittlere Apotheken können so gezielt gefördert werden. Einen entsprechenden Vorschlag haben wir bereits in den Bundestag eingebracht.“

Grünen-Politikerin Kordula Schulz-Asche


Die anderen Fraktionen im Bundestag haben auf unsere Fragen zum Urteil nicht geantwortet, beziehungsweise waren für Fragen nicht erreichbar.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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12 Kommentare

BrötchenGutscheinHinweg-Urteil „entkriminalisiert“ Apotheken ...

von Christian Timme am 09.06.2019 um 2:03 Uhr

... und stärkt den Versandhandel mit Rx. Das ist Rechtsprechung nach dem Prinzip: „Heile, heile Gänsje“ in der EU-Unterwerfungs-Variante ... „schwarze Krümelmonster“ spielen Hilfs-Richter und „fördern“ die Volksgesundheit ... weiter so meine Herren ...

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Schulz-Asche

von Conny am 08.06.2019 um 9:51 Uhr

Meine Lieblingssendung in der Jugend war Dick und Doof

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AW: Schulz-Asche

von Roland Mückschel am 11.06.2019 um 11:06 Uhr

Beleidigen Sie bitte diese beiden Herren nicht.
Für mich waren sie immer höchst ehrenwert.

Die Grünen wieder!

von Heiko Zimny am 07.06.2019 um 19:07 Uhr

Kann mal jemand den Grünen den Unterschied zwischen Umsatz und Ertrag erklären. Dann wäre wenigstens dieser irrsinnige Vorschlag der Grünen vom Tisch nach Umsatz irgendwie Geld zu verteilen. Aber in der Regulierungswut sind die Grünen ja unübertroffen. Die Grünen als Verbraucherschutzpartei.........Ich lach mich kaputt. Das Päckchen, das von Holland quer durch die Republik nach Mecklenburg-Vorpommern gefahren wird, hat sicherlich auch keinen ökologischen Fußabdruck.

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AW: Die Grünen wieder

von Anita Peter am 07.06.2019 um 19:39 Uhr

Das ist doch feinster "Wambach-Sprech". 10 Euro tun den Apotheken nicht weh ;-)

die guten Vorschläge

von Kleiner Apotheker am 07.06.2019 um 16:13 Uhr

Wenn Frau Kordula Schulz-Asche den Patienten etwas Gutes tun möchte, kann sie ja die Zuzahlung komplett streichen. Und wenn sie schon dabei ist, auch gleich die Mehrwertsteuer bei Arzneimittel streichen oder auf reduzierten Satz. Dann noch den Kassenzwangsrabatt (SGB V § 130) gestrichen und fast alle sind begeistert.

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AW: die guten Vorschläge

von Anita Peter am 07.06.2019 um 16:51 Uhr

Ich glaube Frau Schulz Asche ist kognitiv nicht in der Lage 40.000 mit 2,50 Euro zu multiplizieren, und zu erkennen was das für Vor Ort Apotheken bedeutet. Seis drum, kann als Krankenschwester schon mal passieren.
Einen persönlich haftenden Kleinunternehmer in den ruinösen Preiswettbewerb mit dem Großkapital zu schicken ist schäbig!

einmal mehr:

von Karl Friedrich Müller am 07.06.2019 um 14:33 Uhr

wie doof darf Politik sich stellen?
nur Frau Gabelmann hat wirklich verstanden, was da abgeht.
Die Grüne träumt immer noch von irgendwelchen Boni, die Apotheken NIEMALS gewähren können - nach 15 Jahren nicht angepasster Honorierung! Wir bekommen nicht wie Politiker jährlich mehr - für AHNUNGSLOSIGKEIT
Herr Hennrich will Spahn gestärkt sehen - das bes´deutet DocMorris! Genau . HIER keine RX Boni -- für AUSLÄNDER SCHON.

Können sich Politiker einfach mal informieren, statt ständig den Unsinn zu wiederholen, der sich in deren Köpfen festgesetzt hat? Es zum erbrechen, dass Politiker nichts dazu lernen (wollen)!!!
Wieso dürfen solche Leute über unser Schicksal urteilen und es beeinflussen? Also auch von allen in Deutschland.
EINE SCHANDE!!
Ich flipp noch aus!
Es ist noch viel schlimmer als REZO denkt

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AW: einmal mehr

von Dr Schweikert-Wehner am 07.06.2019 um 17:44 Uhr

Werter Kollege
Uns beiden ist schon klar, dass dieser Rezo für die trommelt, die uns vernichten wollen, siehe Schulze-Asche!

AW: einmal mehr

von Karl Friedrich Müller am 07.06.2019 um 18:02 Uhr

@ dr. Schweikert-Wehner:
Ich hab nur gesagt, dass die Politiker noch viel schlimmer sind als im Video dargestellt. Damit hab ich nichts gesagt über die, die dort nicht erwähnt sind.
Die Grünen gehören meiner Meinung auch dazu. Der Wähler hat es nur noch nicht gemerkt. Die haben den Vorteil, dass sie nicht in der Regierung sind.
Es ist schier unglaublich, wie sich die Politik präsentiert. Dekadent, korrupt, demokratiefeindlich, volksfern, realitätsfern, egoistisch, egozentrisch, schmarotzerhaft, ahnungslos, oberflächlich, beratungsresistent, selbstherrlich, borniert, schrecklich, empathielos, rachsüchtig, unzugänglich für den Normalo...
ALLE sind so, mit ganz wenigen Ausnahmen

AW: einmal mehr

von Felix Maertin am 08.06.2019 um 6:44 Uhr

Sehr geehrter Herr Dr. Schweickert-Wehner,

für Sie mag Rezo oder die Grünen „die Vernichter“ sein, für mich sind Sie diese das Zünglein an der Waage, ob wir Menschen auf diesem Planeten noch eine Zukunft haben werden oder nicht.
Ich als junger Apothekeninhaber würde meinen Betrieb sofort aufgeben, wenn ich wüsste, dass wir dadurch eine lebenswerte Zukunft erhalten würden.

Das die Grünen das Thema „Boni“ in Apotheken nicht in Gänze verstanden, heißt nicht, dass sie es nicht noch tun könnten. Wenn diese an der Regierungsmacht wären, müssen Sie sich nachhaltiger mit solchen Themen beschäftigen und kommen wahrscheinlich auf andere Rückschlüsse.

AW: einmal mehr

von Heiko Barz am 08.06.2019 um 13:59 Uhr

@ Felix Maertin
Das mit den Grünen wird schneller geschehen, als wir uns das vorstellen. Für uns Apotheker ist das wahrscheinlich der Supergau. Denken wir zurück an 20004 an eine Frau Fischer, eine Frau Bender dazu noch Joschka und der sich wieder politisch bemerkbar machende Ströbele - mit dessen Idee „Harbeck“ for Kanzler - dann werden unsere Apotheken zum freien Abschuss gegeben - wie sagte Peer Steinbrück bei ZDF Lanz sinngemäß dem freien Spiel des unkontrolliert und unverantwortlich digitalen Weltwirtschaftskapitalismus überlassen. Und das von den Grünen. Es ist unfassbar !!
Ps. Steinbrück bezog seine Aussage nicht speziell auf Apotheken, aber er meinte eben die kleinen Inhabergeführten Einzelgeschäfte, die durch die Steuerpitraten wie Amazon einfach gnadenlos und chancenlos platt gemacht werden.
Kann man sich als Politiker darüber nicht mal ernsthaft Gedanken machen? Gehören wir als Einzelhändler nicht auch zwingend zur Umwelt der Innenstädte? Wo bleibt da Unsere „“GRETA““??
Frohe Pfingsten, Herr Kollege !

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