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Mehr Kohle für Apotheken? Rx-Versandverbot? Streik, weil die Rx-Preisbindung aus dem AMG gestrichen wird? Mein liebes Tagebuch, vergiss das alles! Kapier doch: Pharmazeutische Dienstleistungen heißt das Zauberwort, das ist unsere Rettung! An den pharmazeutischen Dienstleistungen wird die deutsche Apotheke genesen, lautet das Credo des BAK-Präsidenten. Oh nein, ich fass es nicht. Im Perspektivpapier steht noch, dass eine dynamisierte und faire Honorierung unsere Grundlage ist. Sag mal, ist die ABDA noch geerdet?
11. Juni 2019
Das dauert noch, die Anbindung der Apotheken an die Telematik-Infrastruktur. Auch wenn Jens Spahn nun Druck macht, alles, was mit IT und Digitalisierung zu tun hat, braucht seine Zeit. Das Bundesgesundheitsministerium will den Apothekern nun eine Frist bis zum 31. März 2020 setzen: Dann, bitteschön, sollen alle Apotheken vollständig an die Telematik-Infrastruktur, also an die sichere und schnelle Datenautobahn des Gesundheitswesens angebunden sein. Na ja, mein liebes Tagebuch, mittlerweile gibt es von Seiten der ABDA schon mehr als deutliche Hinweise, dass man das trotz Drucks von oben nicht hinbekommen wird: Am 31. März 2020 werde man lediglich einen „flächendeckenden Rollout“ starten können. Aber der Grund liege laut ABDA nicht an der hauseigenen IT-Abteilung, sondern bei den Herstellern der dafür notwendigen Soft- und Hardware. So fehlen beispielsweise noch die dafür zugelassenen E-Health-Konnektoren. „Realistisch und möglich“ sei laut ABDA-Stellungnahme daher der 31. Dezember 2020. Nun ja, mein liebes Tagebuch, vielleicht hätte man mit dem gesamten Digitalisierungs-Schnickschnack auch ein bisschen früher beginnen können. Andererseits, ganz so wild sind wir letztlich auch nicht darauf, denn sobald die Telematik-Infrastruktur steht, geht’s auch mit dem E-Rezept rund. Und darauf freut sich schon heute DocMorris, wie der Versender mit seinen Werbeplakaten wissen lässt.
Und auch das dauert noch: das E-Rezept-Projekt GERDA in Baden-Württemberg. Eigentlich hätte es schon in diesem Sommer starten sollen, eigentlich. Aber wie sich vor Kurzem herausstellte: Der wirkliche Start in den beiden Testregionen Stuttgart und Tuttlingen war, zumindest auf Fachebene, schon immer für November 2019 vorgesehen. Derzeit bastelt die ABDA-Digital-Tocher NGDA noch am Aufbau des Servers und der Schnittstellen und hofft, das Projekt im November starten zu können. Im Februar soll es dann, so der IT-Gott will, im gesamten Baden-Württemberg losgehen: Die ersten E-Rezepte werden dann durch die Leitungen flitzen. Dann sollte auch die Ärzte-Seite soweit sein, E-Rezepte ausstellen zu können, obwohl die gar nicht so wild darauf sind, wie man hörte. Mein liebes Tagebuch, die Technik ist die eine Seite, die andere sind die passenden Verträge mit den Krankenkassen, die es erlauben, Rezepte während eines Modellprojekts digital zu handeln. Und die Apotheken-Softwarehäuser müssen mitziehen und entsprechende Software zur Verfügung zu stellen, ein E-Rezept zu empfangen und es nach der Belieferung an die Kassen zur Abrechnung weiterzuleiten. Also, alles nicht so trivial, mein liebes Tagebuch. Und letztlich: Welches IT-Projekt wurde schon jemals zum geplanten Zeitpunkt fertig? Na siehste.
12. Juni 2019
Was soll man dazu sagen? In den Haushaltsentwurf der ABDA für 2020 ist wie von Geisterhand eine Regelung zur Vergütung des ABDA-Vorstands eingeflossen. Einen warmen Regen von 108.000 Euro mehr soll’s für den ABDA-Vorstand geben, ein kleines Plus von 23 Prozent. Da kann man nicht meckern – wenn man zum Vorstand gehört. Wer genau was bekommt, ist unklar und natürlich intern, einen Kommentar der ABDA gibt’s dazu erwartungsgemäß nicht, soweit geht die Transparenz dann doch nicht, wo kämen wir da hin. In den Kammern und Verbänden ist von einer solchen Anpassung offenbar nichts bekannt. Und an einen Beschluss für diese Vergütungserhöhung, den die Mitgliederversammlung (MV) hätte fassen müssen, können sich viele Teilnehmer der vergangenen MV nicht erinnern. Mein liebes Tagebuch, wer wird denn so kleinlich sein. Und bitte keine Neiddiskussion! Wer viel und gut schafft, muss auch ordentlich was kriegen. Na also. Und außerdem führen die Mehrausgaben für die kleine Erhöhung nicht zu einer Beitragssteigerung – sie werden aus der Vermögensverwaltung finanziert. Am 25. Juni darf die ABDA-Mitgliederversammlung den Haushaltsentwurf dann schon im neuen Apothekerhaus in Berlin abnicken. Ist das nicht toll?
Mein liebes Tagebuch, das ist sie also, die Zukunfts-Apowelt des BAK-Präsidenten Kiefer! Was da gar nicht vorkommt, das ist ein Streik, z. B. wenn der Rx-Preisbindungssatz aus dem AMG gestrichen wird (was wahrscheinlich eintreten wird): „Vergessen Sie’s, da machen die Kollegen nicht mit. Wenn wir über Wochen nur über die Notdienstklappe versorgen, fehlt uns die Kohle.“ Aha. Das Rx-Versandverbot hat der BAK-Präsident sowieso schon aufgegeben, da es „einfach nicht mehr realistisch“ ist. Eine Anpassung des Apothekenhonorars, vielleicht von 8,35 Euro auf z. B. 10 Euro, wäre auch „nicht so gut“, meint Kiefer, denn davon profitierten ja auch „die Großen und ganz Großen“. Ja, was nun, mein liebes Tagebuch? Sollen wir uns mit Glanz und Gloria auf die Apo-kalypse vorbereiten? Aber nicht doch! Wir bekommen doch aus der liebevollen Hand des Gesundheitsministers die pharmazeutischen Dienstleistungen kredenzt! Das ist der Rettungsanker – meint Kiefer: „Die pharmazeutischen Dienstleistungen sind ein sehr gelungenes Konzept.“ Na also, mein liebes Tagebuch, es ist das Konzept schlechthin. Nur, wie es genau im Detail aussehen wird, was wir dafür abrechnen können, ob es in dem erforderlichen Umfang von allen Apotheken zu leisten ist oder nur von einigen wenigen, ob da überhaupt die Krankenkassen mitziehen und ob da überhaupt Nennenswertes für uns herausspringt: Das wissen nur die Dienstleistungsgötter und die hüllen sich in tiefes Schweigen. Also, ziehen wir wie die Lemminge mit wehenden Fahnen in Richtung pharmazeutische Dienstleistungen. Was gibt es Schöneres?
Während sich unser BAK-Präsident Kiefer noch an den schönen Seiten des „Apotheken-Versenkungsgesetzes“, die es durchaus gibt, berauscht, denkt der scheidende Kammerpräsident von Nordrhein, Lutz Engelen, lieber darüber nach, ob man nicht besser gänzlich auf das Apotheken-Stärkungsgesetz verzichten könne, weil es die Apotheken in den Ruin treiben könnte. Mit Blick auf die Kiefer-Position meinte Engelen: „Wenn es bei diesem Stand bleibt, würde ich sagen: Dann lieber kein Gesetz als ein falsches Gesetz. Denn am Ende werden wir einen Scherbenhaufen haben, und die Politik wird erklären, dass wir das auch so wollten. Diese Verantwortung will ich aber nicht mittragen.“ Engelens Kammer verabschiedete daher eine Resolution, mit der die Kammer die Bundesregierung auffordert, sich „unverzüglich“ für den Erhalt der Gleichpreisigkeit einzusetzen. Denn der derzeitige Entwurf der Apothekenreform führe zum Gegenteil. Mein liebes Tagebuch, so sieht’s aus.
Gut, dass wir den Bundesrat haben. Denn er sorgt beim GSAV, dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung, dafür, dass es nicht einfach vom Bundestag durchgewunken wird. Die Länder Thüringen und Brandenburg sind nämlich u. a. mit der vorgesehenen Kompromiss-Regelung zur Importförderklausel nicht einverstanden: Das Gesetzesvorhaben bedürfe einer „grundlegenden Überarbeitung“. Mein liebes Tagebuch, es gibt also noch Hoffnung, dass die unsägliche Verkomplizierung dieser Importförderung samt anachronistischer Verlängerung noch mal auf den Prüfstand kommt. Gibt der Bundesrat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause am 28. Juni kein grünes Licht, kommt das Vorhaben also in den Vermittlungsausschuss und wird neu diskutiert. Und dann müssen Bundestag und Bundesrat diese Empfehlung beschließen. Vielleicht tut sich noch was.
13. Juni 2019
Keiner von unseren Standesvertretern kann später sagen, er hätte es nicht gewusst! Denn der Apothekenrechtsexperte Professor Hilko Meyer sagt es immer und immer wieder, auch auf der Delegiertenversammlung der Apothekerkammer Nordrhein: Er warnt eindringlich vor einer Streichung der Rx-Preisbindung für EU-Versender aus dem Arzneimittelgesetz. Denn zahlreiche Regelungen im SGB V sind mit dem einheitlichen Arzneimittelpreis verknüpft. Fällt er weg, wie mit dem Apotheken-Reformgesetz geplant, könnten diese Regelungen in unserem Arzneimittelpreissystem ins Wanken geraten. Mein liebes Tagebuch, das sollte man sich mal klar machen! Meyer nannte es sogar einen Skandal. Und da will uns der BAK-Präsident einreden, die pharmazeutischen Dienstleistungen seien unser Rettungsanker und machen alles wett. Ich glaub’s nicht.
So langsam sickern noch ein paar Infos durch, was es mit der Vergütungsanpassung in der ABDA-Chefetage auf sich hat. Vereinfacht ausgedrückt soll es eine Vergütungserhöhung nur für die Mitglieder des geschäftsführenden Vorstands geben, für die es derzeit noch keinen pauschalen Verteilungsmechanismus gibt. Das heißt: Für die Spitze Friedemann, Arnold, Becker und Kiefer soll’s nicht mehr geben, aber für den Rest der Mannschaft, den übrigen Mitgliedern des geschäftsführenden Vorstands. Letztendlich soll mit dieser Vergütungsanpassung die berufspolitische Arbeit im geschäftsführenden Vorstand der ABDA für nachrückende Apotheker attraktiver gemacht werden, war zu vernehmen. Also, mein liebes Tagebuch, ein bisschen mehr Vergütungsgerechtigkeit. Na, mein liebes Tagebuch, wenn’s denn hilft…, wenn das den Nachwuchs motiviert…
Alarm! Störung im Securpharm-Datenbanksystem! Oh Gott, was nun? Bricht unsere bundesdeutsche Arzneimittelversorgung zusammen? Gemach, mein liebes Tagebuch, alles nur halb so wild. Erstens haben wir es mit Software zu tun, mit Internet, mit Digitalem, da kann das schon mal vorkommen, das wissen wir doch alle. Und zweitens gibt’s die FAQs: was ist wenn. Und da steht, dass man alles nachträglich ausbuchen kann… Macht nur ein bisschen Mehrarbeit… Vor Kurzem haben sich zwei Apothekers darüber unterhalten, wann die Datenbank wohl das erste Mal gehackt wird. Dann wird’s richtig lustig.
14. Juni 2019
Recht haben sie, unsere beiden Kollegen Christian Redmann und Uwe Hansmann. Sie haben ein „massives Unwohlsein und Unzufriedenheit in der Kollegenschaft“ registriert darüber, wie unsere Berufsvertretung mit den Spahnschen Reformvorschläge umgeht. Ja, mein liebes Tagebuch, möglicherweise ist dieses Grummeln an der Basis, das ungute Gefühl, die „Gewitterluft“ in den Niederungen im ABDA-Olymp noch nicht angekommen. Konkret geht’s darum, dass man oben das Rx-Versandverbot aufgegeben und die Anpassung unseres Honorars nicht mehr im Focus hat. Und bei der Gleichpreisigkeit nicht auf die Warnungen der Rechtsexperten hört. Redmann und Hansmann haben ins Perspektivpapier geguckt (ja, mein liebes Tagebuch, das gibt’s noch und schlummert im ABDA-Tresor). Und siehe da: Da steht z. B., dass die Grundlage für unseren heilberuflichen Versorgungsauftrag eine leistungsgerechte, dynamisierte und faire Honorierung über eine einheitliche, staatliche Vergütungsordnung ist. Mein liebes Tagebuch, wie hat das dann der BAK-Präsident gemeint, wenn er sagt, dass eine Anpassung des Apothekenhonorars auch „nicht so gut“ wäre, weil dann auch die Großen und ganz Großen davon profitierten.
15 Kommentare
Dreiste Verarsche
von W. Müller am 16.06.2019 um 19:20 Uhr
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Apothekenstärkungsgesetz
von Roland Mückschel am 16.06.2019 um 18:25 Uhr
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Schmidt und Kiefer
von Conny am 16.06.2019 um 15:10 Uhr
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F. Schmidt und Dr. Kiefer, was geht in Euren Köpfen vor?
von Heiko Barz am 16.06.2019 um 14:03 Uhr
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Kammerversammlung Nordrhein
von Veit Eck am 16.06.2019 um 11:16 Uhr
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AW: Kammerversammlung Nordrhein
von Heiko Barz am 16.06.2019 um 13:20 Uhr
AW: Kammerversammlung Nordrhein
von Anita Peter am 16.06.2019 um 14:59 Uhr
AW: Kammerversammlung Nordrhein
von Veit Eck am 16.06.2019 um 20:44 Uhr
Von nix kütt nix ...
von Christian Timme am 16.06.2019 um 10:35 Uhr
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AW: Von nix kütt nix
von Dr.Diefenbach am 16.06.2019 um 11:31 Uhr
Können wir -so- gewinnen?
von Ulrich Ströh am 16.06.2019 um 9:33 Uhr
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Da hilft nur: Plan C ....
von Gunnar Müller, Detmold am 16.06.2019 um 8:51 Uhr
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AW: Da hilft nur: Plan C
von Anita Peter am 16.06.2019 um 9:27 Uhr
AW: Und genau deshalb...
von Gunnar Müller, Detmold am 16.06.2019 um 10:05 Uhr
Abda
von Conny am 16.06.2019 um 8:14 Uhr
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