Schweizer Ständerat unterstützt Apotheker

Impfen und Complianceförderung sollen Versicherungsleistung werden

Remagen - 21.06.2019, 10:15 Uhr

In der Schweiz sollen Apotheken künftig auch Geld von der obligatorischen Krankenversicherung 
für Leistungen bekommen, die nicht in direktem Zusammenhang mit der Abgabe eines
Arzneimittels stehen. (Foto: imago images / imagebroker)

In der Schweiz sollen Apotheken künftig auch Geld von der obligatorischen Krankenversicherung  für Leistungen bekommen, die nicht in direktem Zusammenhang mit der Abgabe eines Arzneimittels stehen. (Foto: imago images / imagebroker)


In der Schweiz soll es möglich werden, dass Apotheker kostenminimierende Leistungen, die nicht in direktem Zusammenhang mit der Abgabe eines Arzneimittels stehen, ebenfalls von der obligatorischen Krankenversicherung vergütet bekommen. Bislang ist das nicht vorgesehen. Ein Ständerat aus dem Kanton Obwalden hat die Initiative mit einer „Motion“ auf den Weg gebracht.

Die Schweizer Apotheker können sich mal wieder über Unterstützung aus Politikerkreisen freuen. Ständerat Erich Ettlin von der Fraktion der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) hat eine Motion auf den Weg gebracht, die die Apotheker bei der Honorierung ihrer Leistungen durch die Grundversicherung (OKP) besser stellen soll.

Mit einer solchen Motion erhält der Bundesrat (die Regierung) den Auftrag, einen Entwurf zu einem Erlass der Bundesversammlung vorzulegen oder eine Maßnahme zu treffen. Motionen können von der Mehrheit einer Kommission und während der Session von einer Fraktion oder einem Ratsmitglied eingereicht werden. Einer Motion müssen beide Räte, der Ständerat, in dem die Kantone repräsentiert sind, und der Nationalrat, der das Schweizer Volk vertritt, zustimmen. 

Krankenversicherungsgesetz schafft zu enges Korsett

Was will Ettlin mit seiner Motion (Motion 18.4079), die er am 28. September 2018 eingereicht hatte, konkret bezwecken? Bislang deckt das geltende Krankenversicherungsgesetz (KVG ausschließlich die „intellektuellen Leistungen“ der Apotheker bei der Abgabe bzw. beim Verkauf von Medikamenten ab, die von Ärzten oder Chiropraktoren verschrieben werden. Apotheker könnten Leistungen bei Behandlungen mit ärztlich verschriebenen Arzneimitteln aber auch wirtschaftlicher und effizienter machen, ohne dass sie diese zwingend selbst abgeben oder verkaufen, meint Ettlin. Mit der Motion „Kostendämpfende Apothekerleistungen ermöglichen“ soll der Schweizer Bundesrat nun beauftragt werden, das Krankenversicherungsgesetz so anzupassen, dass solche Leistungen durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) abgegolten werden können.

Welche Leistungen kommen in Frage?

Als Beispiele führt Ettlin in der Motion compliancefördernde Maßnahmen, die pharmazeutische Betreuung von Patienten in Heimen, Medication Reconciliation bei Krankenhausentlassungen sowie Drug Utilization Reviews im Rahmen interprofessioneller Zusammenarbeitsmodelle an. Auch durch die Einführung des elektronischen Patientendossiers (EPD) erwartet der Ständerat kostendämpfende Beratung von Apothekern hinsichtlich der gesamten Medikation eines Patienten, und zwar unabhängig davon, welche davon er selbst abgegeben hat. 

Außerdem sollen Apotheker, die sich an OKP-mitfinanzierten kantonalen oder nationalen Präventionsprogrammen wie zum Beispiel dem aktuellen Programm zur Darmkrebsprävention, beteiligen, diese Leistung ebenfalls durch die OKP vergütet bekommen. Wegen des zu eng formulierten Artikels im KVG ist das bislang nicht möglich.

Mengenausweitung bei Impfungen erwünscht

Mit seiner Motion will Ettlin die Rolle der Apotheker stärken, ohne damit jedoch neue mengenbezogene Fehlanreize zu generieren. In einem Bereich beabsichtigt er solche mengenbezogenen Anreize allerdings ausdrücklich: Auch Impfungen, die OKP-pflichtig sind und bei denen die Behörden höhere Impfraten in der Bevölkerung erreichen wollen, sollten in Zukunft ohne ärztliche Verschreibung abgegolten werden können, und zwar sowohl der Impfstoff selbst als auch die in der Apotheke erbrachte Leistung, fordert der Ständerat. Hier könnten die Apotheken eine hervorragende Rolle spielen: Sie seien nah bei den Kunden, auch bei den Gesunden, die nicht zum Arzt gehen, aber für Impfungen vielleicht in der Apotheke. Gerade hier sei eine Mengenausweitung deswegen sogar erwünscht wird. 

Innovative Dienstleistungen mit nachgewiesener Kostendämpfung

Nach der Zustimmung im Ständerat im Dezember 2018 wurde die Motion am letzten Mittwoch dann auch im Nationalrat angenommen, womit der Weg für die Umsetzung durch den Bundesrat frei ist. Die Annahme der Motion „Kostendämpfende Apothekerleistungen ermöglichen“ öffne den Weg für Beratungsleistungen unabhängig von der Arzneimittelabgabe wie bei der Betreuung chronisch kranker Menschen oder der pharmazeutischen Betreuung von Heimen unabhängig von der Belieferung, betont der Apothekerverband pharmaSuisse in einer Medienmitteilung anlässlich der Annahme der Motion. Auch die nachhaltige Integration der Apotheken in kantonale Darmkrebs-Screening- oder Impfprogramme könne dadurch ermöglicht werden. pharmaSuisse begrüßt diese Stoßrichtung daher ausdrücklich, denn sie ebne den Weg für innovative Dienstleistungen mit nachgewiesener Kostendämpfung.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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