Bis 2029

ABDA: Apothekenzahl könnte auf 17.200 sinken

Berlin - 24.06.2019, 13:45 Uhr

Laut einer rechnerischen Fortschreibung der ABDA könnte die Apothekenzahl bis 2029 auf etwa 17.200 sinken. (cel / Foto: hfd)

Laut einer rechnerischen Fortschreibung der ABDA könnte die Apothekenzahl bis 2029 auf etwa 17.200 sinken. (cel / Foto: hfd)


Ändert sich nichts an den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Apotheken, könnte die Apothekenzahl in den nächsten zehn Jahren auf etwa 17.200 sinken. Davon geht die ABDA nach einer „rein rechnerischen Fortschreibung“ aus. Der „Focus“ hatte zuvor über eine entsprechende Studie der ABDA zur Entwicklung der Apothekenzahl berichtet. Die ABDA selbst stellt aber klar: Diese Studie gibt es nicht.

Nach dem ersten Quartal dieses Jahres lag die Apothekenzahl bei 19.337. Die Zahl der Betriebsstätten ist in den vergangenen zehn Jahren demnach also um rund 2.200 zurückgegangen. Ende 2008 hatte es noch etwa 21.600 Apotheken in Deutschland gegeben. Unter der Überschrift „Weniger Apotheken“ hat der „Focus“ am vergangenen Wochenende nun darüber berichtet, dass die ABDA eine „Studie“ vorgelegt habe, nach der sich die Apothekenzahl in den kommenden zehn Jahren um weitere 2.200 Betriebsstätten verringern könnte. Das würde den niedrigsten Stand seit 1979 bedeuten. Als Grund habe die ABDA „Nachwuchsprobleme und die Wettbewerbsnachteile gegenüber dem Versandhandel“ genannt.

Aber was ist dran an diesen Zahlen? Gibt es eine solche ABDA-Studie? Und: Auf welchen ABDA-Berechnungen beruht diese Annahme? DAZ.online hat bei ABDA-Sprecher Reiner Kern nachgefragt. Kern erklärte dazu:


Eine Studie der ABDA zur weiteren Entwicklung der Apothekenzahlen gibt es nicht. Diese Zahl, die die ABDA gegenüber dem Focus kommuniziert hat, beruht auf einer rein rechnerischen Fortschreibung der Entwicklung der vergangenen zehn Jahre. Würde der Rückgang der Betriebsstätten genau so weitergehen wie in der letzten Dekade, hätten wir in zehn Jahren 2.200 Betriebsstätten weniger. Tatsächlich ist die Entwicklung natürlich nicht genau vorhersehbar. Etwaige Entwicklungen, die sich beispielsweise durch das Apotheken-Stärkungsgesetz ergeben könnten und die Zahl der Apotheken beeinflussen könnten, sind hier beispielsweise nicht eingerechnet.“

ABDA-Sprecher Dr. Reiner Kern


Tatsächlich ist es so, dass die Apothekenzahl zuletzt sogar deutlich schneller gesunken ist, als in den Vorjahren. Im Jahr 2018 sank die Zahl der Betriebsstätten um 1,6 Prozent beziehungsweise 325 Betriebsstätten. Das markierte den bislang stärksten Rückgang innerhalb eines Kalenderjahrs. Die Apothekendichte in Deutschland ist damit von 24 auf 23 Apotheken pro 100.000 Einwohner zurückgegangen und liegt damit nun deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 31. Zum Vergleich: Im Jahr 2017 gab es laut Angaben der ABDA in Spanien 47 Apotheken je 100.000 Einwohner.

Wie geht es den Apotheken wirtschaftlich?

Beim DAV-Wirtschaftsforum im Mai dieses Jahres machte die ABDA-Geschäftsführerin für Ökonomie, Claudia Korf, deutlich, dass sich diese Entwicklung sogar noch verschärfen könnte. „Wenn nichts passiert, geht es so weiter, aber beschleunigt“, sagte Korf. Die Wirtschaftsexpertin erklärte, dass die Entwicklung im OTC-Markt ein grundlegendes Problem für die Apotheker darstelle – OTC gehe „zunehmend an den Apotheken vorbei“, sagte sie. Deswegen sei es so wichtig, dass die Rx-Versorgung in der Apotheke gestärkt werde. Durchschnittlich würden 81 Prozent des Umsatzes einer Apotheke vom GKV-Markt abhängen (Gesamtumsatz: 50,76 Mrd. Euro).

Aber wie ist es um die wirtschaftliche Situation der Apotheken grundsätzlich bestellt? Rund 2,4 Millionen Euro setzten die Apotheken 2018 durchschnittlich um, erklärte Dr. Eckart Bauer, Abteilungsleiter Wirtschaft und Soziales, auf dem DAV-Wirtschaftsforum im Mai. Etwa 61 Prozent der Apotheken liegen unter dem Durchschnittswert. Auch wenn der Umsatz seit Jahren steigt: Auf das Betriebsergebnis der übrigen Apotheken hat die Verlagerung kaum Einfluss. So müssen rund 76 Prozent des Netto-Umsatzes für den Wareneinsatz aufgebracht werden. Während die sonstigen steuerlich abzugsfähigen Kosten seit Jahren abnehmen, stagnieren die Personalkosten seit mehr als 15 Jahren zwischen 10 und 11 Prozent des Umsatzes (2018: 10,7 Prozent). Gemessen am Rohgewinn betrug der Personalkostenanteil 2018 rund 45 Prozent. Das Betriebsergebnis lag 2017 bei durchschnittlich 143.885 Euro, das entspricht genau 6 Prozent des Netto-Umsatzes. Seit Jahren stellt dies einen Abwärtstrend dar.

BMWi: 7.600 Apotheken sind gefährdet

Die Apothekenzahl und die wirtschaftliche Situation der Betriebsstätten war auch im Honorargutachten des Bundeswirtschaftsministeriums ein Thema. Die Agentur 2hM stellte fest, dass etwa 7.600 Apotheken-Unternehmen (Einzelapotheken oder Filialverbünde) als gefährdet einzustufen seien. Denn sie würden keinen angemessenen Unternehmerlohn von 99.000 Euro jährlich erwirtschaften. Als gefährdet werteten die Gutachter Apotheken-Unternehmen mit Umsätzen bis 2 Millionen Euro.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

ABDA-Apothekenwirtschaftsbericht 2016: Durchschnittliche Apotheke wächst, aber die Schere öffnet sich weiter

Weniger Apotheken machen mehr Umsatz

Apothekenwirtschaftsbericht

Von Fakten und Gefühlen der Apotheker

Deutscher Apothekerverband legt Wirtschaftsbericht der Apotheken für 2020 vor

Sonderfaktoren führen zu höherem Betriebsergebnis

Eine Analyse der Daten des Apothekenwirtschaftsberichts 2020

Gleicher Ertrag für mehr Mühe

8 Kommentare

Sinkende Apothekenzahl

von I.Greif am 26.06.2019 um 18:57 Uhr

Erst wenn der letzte Baum gerodet,
der letzte Fluss vergiftet,
der letzte Fisch gefangen ist, werdet Ihr feststellen, dass man Geld nicht essen kann (Indianerweisheit)

Wenn die letzten Landapotheken schließen, wird man feststellen, dass die dringend benötigte Arznei nicht aus dem 3-D-Drucker fällt oder mal eben von holländischen Drohnen abgeworfen wird!
Deutschland HATTE eine Arzneimittelversorgung, die zu den Weltweit-besten gehörte.
Diese wird von Ignoranten, leicht Beeinflussbaren, an eigene Vorteile Denkende über die Jahre mutwillig zerstört zugunsten des Großkapitals.
Hierzu sei das Buch "Schleppnetz" von Bellartz auch noch einmal in Erinnerung gerufen!
Es ist noch nicht so lange her, dass in den Medien getrommelt wurde: "Deutschland hat zu viele Apotheken!"
Warum eigentlich?
Was war daran schlecht für die Patienten bzw. Verbraucher?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Spahn liefert für die Großkonzerne

von ratatosk am 24.06.2019 um 19:06 Uhr

Spahn hat jetzt die Stützpfeiler des flächendeckenden Apothekenwesens zugunsten der Großkonzerne eingerissen, unter Bruch des Koalitionvertrages, was natürlich eine vorsätzliche Wählertäuschung bedeutet.
Leider wird der letzte Totengräber der Apotheke aus der CDU kommen, begonnen ja von der SPD.
Aufrechte Politiker wie Minister Gröhe sind deshalb ja ausgebootet worden, damit sie nicht durch ihre Kompetenz und Ehrlichkeit noch stören können.
Die Lernkurve der CDU ist nicht flach sondern negativ, da gerade heute die Entfremdung der eigenen Polizei und der Bundeswehr angeblich so bedauert wird, Was glauben dies Dilettanti denn, wie solches Regieren die Staatsverbundenheit beeinflussen wird. Die SPD ist eine verrottete Hülle, die CDU wird es durch solches Agieren auch bald sein, denn die Adlaten des Großkapitals verdienen weder unsere Loyalität noch Respekt, den können sie sich dann für die Anschlußverwendung bei den Auftraggebern in der Konzernverwaltung erbitten. Wird sicher aber sicherlich auszahlen. Der Bundespräsident kann sich auch gerne seine salbungsvollen Worte sparen, er hat zwar Recht, aber wenn die Politiker das Gegenteil machen, ist das nur leeres Gerede.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Spahn liefert für die Großkonzerne

von Karl Friedrich Müller am 24.06.2019 um 21:23 Uhr

Ich frag mich immer, wie solche Nullen an die Spitze des Staates kommen. Egoistisch, korrupt.
Da gibt es angeblich auch ein paar Anständige in jeder Partei. Wo sind die denn? Was treibt Merkel, Spahn einen Ministerposten zu geben? Haben Politiker keine Menschenkenntnis?
Der Staat wird den Hyänen zum Fraß vorgeworfen, der „Pöbel“ merkt es langsam. Die Politik lügt weiter.
Ein apokalyptischer Totentanz.
Sie haben mit allem Recht.

AW: Spahn liefert für die Großkonzerne

von Heiko Barz am 25.06.2019 um 12:53 Uhr

Spahn hat ein umfangreiches Netzwerk aufgebaut. Alle die, die ihm folgen aus welchen unerfindlichen Gründen auch immer, sind das Problem. Welche Zugeständnisse mußte er mit diesen Parteifreunden eingehen, damit dieses Netzwerk so reibungslos funktioniert? Sollte doch keiner glauben, dass diese Mittläufer nur wegen des schönen Gesichtes von Spahn ihre Verantwortung dem Deutschen Patienten gegenüber um des eigenen Vorteils Willen vernachlässigen.- von den Eingriffen in das bis dato noch funktionierende Apothekensystem mal abgesehen -! Irgendetwas muß er doch angeboten haben, dass ihm SOVIELE kritiklos folgen.

Bauchgefühle

von Reinhard Rokitta am 24.06.2019 um 18:35 Uhr

So ist sie, unsere ABDA. Jetzt werden noch Fake news verbreitet so nach Bauchgefühl. Bis heute kann nicht einmal die ABDA noch irgendein Politiker den Begriff "Flächendeckende Versorgung" definieren! Aber jeder redet davon. Ist diese Zahl 2.200 mit oder nach Spahn, mit oder nach der GroKo? Dilettantismus auf allen Seiten. Nur die Apotheken vor Ort machen ihre Arbeit professionell!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Apothekenanzahl

von Roland Mückschel am 24.06.2019 um 15:03 Uhr

Also ich biete 10000 Apo.
Das ist meine Extrapolation.
Noch wichtiger: mein Gefühl.
Argumente: siehe ABDA.
Noch jemand mehr oder weniger?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Apothekenanzahl

von A. Fischer am 24.06.2019 um 17:27 Uhr

10.000 Apotheken entspricht der Durchschnittszahl einer niederländischen Apothekendichte. Passt! Bei Wetten unterschätze ich niemals die Aufopferung der Kollegen und tippe auf 10.001 Apotheken in 2029.

?

von Anita Peter am 24.06.2019 um 13:50 Uhr

Der Focus erwartet von der ABDA eine Studie oder ein Gutachten? Die ABDA ist ohne Studie und Gutachten zum EUGH Verfahren gereist, die ABDA hat ohne Studie und Gutachten auf das 2hm Gutachten gewartet usw usw.

Unsere ABDA braucht doch keine Studien geschweige denn wasserfeste Gutachten. Wenn man dann mal ein Gutachten in Auftrag gibt ( DiFabio ) dann wird das natürlich in der Schablade gelassen.

Vielen Dank liebe ABDA!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.