Vyleesi: Geringe Libido bei Frauen

FDA lässt Bremelanotid bei sexueller Unlust zu

Stuttgart - 27.06.2019, 14:00 Uhr

Mit Bremelanotid (Vyleesi) kommt nach Flibanserin (Addyi) das zweite Arzneimittel in den USA zur Behandlung der sexuellen Unlust von Frauen vor der Menopause. (Foto: Paolese / stock.adobe.com)

Mit Bremelanotid (Vyleesi) kommt nach Flibanserin (Addyi) das zweite Arzneimittel in den USA zur Behandlung der sexuellen Unlust von Frauen vor der Menopause. (Foto: Paolese / stock.adobe.com)


Frauen mit geringer Libido soll Bremelanotid zu einem befriedigenden Sexualleben verhelfen. Die FDA hat Vyleesi, einen Melanocortinrezeptor-Agonisten, für prämenopausale Frauen mit geringer Libido zugelassen. Nach Flibanserin ist Bremelanotid bereits das zweite Arzneimittel bei weiblicher „hypoactive sexual desire disorder“, HSDD. Eine Nebenwirkung könnte den Einsatz jedoch einschränken.

Rund vier Jahre nachdem die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA Flibanserin (AddyiTM) im August 2015 für Frauen mit sexueller Unlust zugelassen hat, gibt die Behörde nun ihr okay für ein weiteres Arzneimittel bei sexueller Hypofunktion prämenopausaler Frauen: Bremelanotid in VyleesiTM. Als subkutane Injektion soll VyleesiTM Frauen, die unter erworbener, generalisierter HSDD – hypoactive sexual desire disorder – leiden, zu einem befriedigenden Sexualleben verhelfen.

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Die Indikationen der beiden Präparate sind zwar identisch – erworbene, generalisierte sexuelle Unlust bei prämenopausalen Frauen –, jedoch unterscheiden sich die Angriffspunkte von Flibanserin und Bremelanotid. Während Flibanserin an Serotoninrezeptoren (5-HT1A und 5-HT2A) angreift, stimuliert Bremelanotid zentrale Melanocortinrezeptoren. Wie genau jedoch Bremelanotid – und auch Flibanserin – aphrodisierend wirken, ist unbekannt.

Female Sexual Function Index

Die Wirksamkeit von Bremelanotid wurde in zwei Phase-III-Studien (24 Wochen, randomisiert, doppelblind, placebokontrolliert) an 1.247 prämenopausalen Frauen untersucht. Die Frauen injizierten Bremelanotid beziehungsweise Placebo subkutan in die Bauchfalte oder den Oberschenkel, meistens zwei- bis dreimal im Monat und nicht mehr als einmal pro Woche.

Das sexuelle Verlangen der Probandinnen wurde anhand des „Female Sexual Function Index“ (FSFI) gemessen. Dafür mussten die Frauen Fragen wie „Wie oft haben Sie in den letzten vier Wochen sexuelles Verlangen oder Interesse verspürt?" und „Wie würden Sie in den letzten vier Wochen Ihr sexuelles Verlangen oder Interesse einschätzen?" beantworten. Der FSFI kann Werte von 1,2 (sehr geringes bis gar kein sexuelles Verlangen) bis 6,0 (ausgeprägtes sexuelles Verlangen) annehmen.

Übelkeit häufigste Nebenwirkung

Bei etwa 25 Prozent der Frauen stieg unter dem Wirkstoff die sexuelle Lust (nach FSFI) um 1,2 Punkte, dagegen war das nur bei 17 Prozent der Frauen in der Placebogruppe der Fall. Keinen Unterschied gab es zwischen Placebo und Bremelanotid hinsichtlich der Anzahl der sexuell befriedigenden Ereignisse.  VyleesiTM verbessert nicht die sexuelle Leistungsfähigkeit.

Dunkelfärbung der Haut und Blutdruckerhöhung

Als häufigste Nebenwirkungen von VyleesiTM nannten die Studienfrauen Übelkeit und Erbrechen, Flush, Reaktionen an der Injektionsstelle und Kopfschmerzen. Vor allem die Übelkeit war ausgeprägt: Etwa 40 Prozent der Patienten klagten über Übelkeit, am häufigsten nach der ersten VyleesiTM-Injektion, 13 Prozent benötigten Antiemetika. Auch berichtete 1 Prozent der Patienten von einer Verdunkelung des Zahnfleisches und bestimmter Hautareale, einschließlich des Gesichts und der Brüste. Dies bildete sich bei etwa der Hälfte der Patienten nach Beendigung der Behandlung auch nicht wieder zurück. Vor allem Patienten mit dunkler Hautfarbe hatten ein erhöhtes Risiko für diese Nebenwirkung.

VyleesiTM erhöhte den Blutdruck nach Injektion, was sich in der Regel innerhalb von zwölf Stunden wieder normalisierte. Dennoch sollte Vyleesi nicht bei Patienten mit unkontrolliertem Bluthochdruck oder bei Patienten mit bekanntem oder hohem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt werden.

Wechselwirkung mit Naltrexon

Die FDA weist zudem auf eine Interaktion hin: Patienten, die orales Naltrexon zur Behandlung von Alkohol- oder Opioidabhängigkeit einnehmen, sollten Vyleesi nicht einnehmen, da es zu einem Versagen der Naltrexonbehandlung führen kann.

Die FDA empfiehlt den Frauen, Bremelanotid mindestens 45 Minuten vor der erwarteten sexuellen Aktivität zu injizieren. Den optimalen Zeitpunkt für die Anwendung von VyleesiTM dürfen die Anwenderinnen festlegen, je nachdem, wie sie Wirkdauer und Nebenwirkungen erfahren. Die Patienten sollten nicht mehr als eine Dosis innerhalb von 24 Stunden oder mehr als acht Dosen pro Monat applizieren. Falls die Anwenderinnen nach acht Wochen keine Besserung ihres sexuellen Verlangens spüren, sollen sie die VyleesiTM-Anwendung beenden.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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