E-Rezept

Deutsche Bank: Zur Rose mit Umsatzverdopplung bis 2022

München/Berlin - 28.06.2019, 07:00 Uhr

Zur Rose-Chef Walter Oberhänsli setzt auf das E-Rezept. Recht geben ihm Analysten der Deutschen Bank, die ein rasantes Wachstum für DocMorris / Zur Rose vorhersagen. (Foto: dpa)

Zur Rose-Chef Walter Oberhänsli setzt auf das E-Rezept. Recht geben ihm Analysten der Deutschen Bank, die ein rasantes Wachstum für DocMorris / Zur Rose vorhersagen. (Foto: dpa)


Der Schweizer Arzneimittelversender Zur Rose Group will seine dominierende Stellung in den kommenden Jahren weiter ausbauen. Eine entscheidende Rolle sollen dabei die vor allem in Deutschland tätige Tochter DocMorris und die Einführung des E-Rezeptes spielen. Der Umsatz dürfte sich bis 2022 auf 2,5 Milliarden Franken mehr als verdoppeln, der Rx-Anteil sich deutlich erhöhen, rechnet die Deutsche Bank vor. Analysten des Kreditinstitutes sehen für Zur Rose und DocMorris auch Vorteile gegenüber dem Wettbewerber Shop Apotheke.

Mit Marktanteilen von mehr als 32 Prozent im deutschen wie auch im schweizerischen Arzneimittel-Versandgeschäft spielt der Pharmahandelskonzern Zur Rose in diesem Segment bereits heute die dominierende Rolle. Doch dabei soll es nicht bleiben. Der Schweizer Konzern will in nächster Zukunft nochmal richtig Gas geben und seine Dominanz weiter ausbauen. Dabei dürfte das Unternehmen deutlich stärker wachsen als der Markt. Das erläuterte die Konzernleitung jetzt während einer Roadshow gegenüber Investoren in Paris. Dabei handelt es sich um übliche Gespräche, die börsennotierte Unternehmen in regelmäßigen Abständen führen, um die Investoren über den aktuellen Stand des Unternehmens und die weitere Entwicklung zu informieren. Ziel solcher Gespräche ist es, das Vertrauen der Geldgeber zu wahren beziehungsweise neue Investoren zu gewinnen. 

Auch die Deutsche Bank war bei der Pariser Roadshow dabei. Deren Analysten kommen nun zu dem Ergebnis, dass Zur Rose außergewöhnlich gut positioniert ist, um von dem strukturellen Wandel hin zum Online-Pharmageschäft zu profitieren. Dabei seien die Potenziale dieses Segmentes bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. So würden bislang in Kontinentaleuropa nur 4 Prozent der OTC-Produkte online vertrieben, im Rx-Bereich seien es weniger als 2 Prozent. Die Analysten setzen diese Werte im Vergleich zum Geschäft mit Elektronikartikeln – dort würden bereits 25 Prozent online verkauft. 

Zur Rose kommt laut Deutsche Bank in diesem Prozess seine starke Stellung bei den Kunden und die Größe des gesamten kontentaleuropäischen Arzneimittelmarktes zugute, der ein Volumen von etwa 165 Milliarden Euro hat. Für die Schweizer spreche auch, dass die Markteintrittshürden in im Onlinesegment hoch seien und die Gefahr von plötzlich aufkommenden Wettbewerbern damit vergleichsweise gering.

Deutlicher Anstieg bei Rx erwartet

Im deutschen Arzneimittelmarkt, den die Deutsche Bank mit einem Volumen von 45 Milliarden Franken (zirka 40,5 Milliarden Euro) beziffert, erwirtschaftet das Unternehmen über die Tochter DocMorris 56 Prozent seines Konzernumsatzes von zuletzt 1,2 Milliarden Franken. Während sich dieser Markt heute in etwa gleichmäßig auf OTC und Rx-Produkte verteilt, dürften sich die Gewichte zum Ende des Geschäftsjahres 2020 durch die Einführung des E-Rezeptes zum Rx-Bereich hin verlagern, wo die Margen höher sind als bei OTC-Produkten. Außerdem sollten mit dem E-Rezept die Einkaufsmengen steigen. 

Die deutschen Rx-Onlineverkäufe, auf die derzeit etwa 1,3 Prozent der Arzneimittel-Umsätze entfallen, dürften damit nach den Worten der Deutsche-Bank-Analysten auf mittlere Sicht auf etwa 5 Prozent und auf längere Sicht auf 9 Prozent steigen. Marktkenner definieren mittlere Sicht mit etwa ein bis zwei Jahren, die längere Sicht mit drei bis fünf Jahren. Im Klartext hieße dies, dass der Rx-Onlinehandel bereits 2022 bei etwa 9 Prozent liegen könnte und auch Zur Rose dann in dieser Größenordnung rangieren würde. Zum Vergleich: In Ländern wie Schweden und der Schweiz, die bereits E-Rezepte eingeführt haben, werden mehr als 10 Prozent der Rx-Umsätze per Onlinehandel erzielt. Bei jährlich etwa 500 Millionen Verschreibungen in Deutschland könnten damit bis zu 50 Millionen Rx-Rezepte online abgewickelt werden, so die Deutsche-Bank-Analysten.

Hilft den Versendern das E-Rezept überhaupt?

Beim BVDVA-Kongress hatte ein Experte des Marktforschungsunternehmens IQVIA am gestrigen Donnerstag versucht, die Frage zu beantworten: Inwiefern begünstigt die Einführung des E-Rezeptes überhaupt den Versandhandel? Dabei kam IQVIA zu einer komplexen Antwort. Den insbesondere mit Blick auf Dänemark und die Niederlande, wo es das E-Rezept bereits gibt, zeige sich, dass der Rx-Versand nicht in die Höhe geschnellt ist. In anderen Ländern mit E-Rezept ist der Rx-Anteil der Versender allerdings gestiegen. 

Die Deutsche Bank ist aber davon überzeugt, dass Zur Rose durch das E-Rezept wachsen wird. „Wir glauben, dass die Hauptattraktivität von Zur Rose in der Fähigkeit besteht, die europäische Pharmalandschaft aufzubrechen, indem das Unternehmen das traditionelle stationäre Geschäft mit Rx- und OTC-Arzneimitteln auf eine E-Commerce-Plattform überträgt“, so die Überzeugung der Deutsche-Bank-Analysten. Unterstützung komme dabei von der Politik – Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sei ein starker Förderer digitaler Gesundheitstechnologien. 

Vor diesem Hintergrund prognostiziert das Geldhaus für Zur Rose bis 2022 ein jährliches Umsatzwachstum, das mit gut 20 Prozent deutlich über dem Wachstum des gesamten Arzneimittelmarktes (stationärer und Online-Handel inklusive OTC und Rx) von 6 Prozent liegen dürfte. Damit würde das Unternehmen seine ohnehin starke Marktposition noch weiter ausbauen. In konkreten Zahlen bedeutet dies laut dem Kreditinstitut, dass das Unternehmen seinen Umsatz bis 2022 auf etwa 2,5 Milliarden Franken mehr als verdoppeln sollte. Zudem erwarten die Analysten ab 2019 ein stabiles positives Ergebnis. Diese Annahmen basierten auf einer konservativen Schätzung und sollten daher gut erreichbar sein. 

Bemerkenswert ist auch, dass die Analysten Zur Rose im Vergleich zum direkten Wettbewerber Shop Apotheke Europe bei mehreren Parametern klar vorne sehen: So hätten die Schweizer eine deutlich stärkere Position bei Logistik und Technologie. Zudem verfüge der Konzern über ein profitables heimisches Geschäft als Absicherung seiner Expansion in anderen Ländern. 

DocMorris will führende Gesundheitsapp herausbringen

DocMorris-Chef Olaf Heinrich bricht die auf der Roadshow genannten Ziele auf konkrete Projekte herunter: „Wir wollen nicht mehr in erster Linie nur ein Produkt verkaufen, sondern den Kunden auf einer elektronischen Plattform ein One-Stop-Shopping-Angebot mit Service bieten“, sagte er kürzlich der Schweizer Zeitung Finanz und Wirtschaft (FuW). Dazu zähle er Telematik-Dienstleistungen wie Onlinedoktor, Selbstdiagnose und Medikationsmanagement. Zudem sei er zuversichtlich, Apotheken an die Plattform anschließen zu können. Zur Erinnerung: DocMorris hatte beim E-Rezept erst kürzlich eine Kooperation mit dem Spitzenverband der Fachärzte angekündigt.

Begleitend zur Einführung des E-Rezeptes will DocMorris möglichst bald eine Gesundheitsapp herausbringen. Heinrich übt sich dabei nicht in Bescheidenheit, sondern formuliert, dass es die führende App für das Gesundheitssystem werden soll, wie FuW weiter ausführt. Demnach werde es in einigen Jahren nur einen großen Marktplatz geben in Europa. Was Heinrich laut der Zeitung nicht sage, aber meine: Dieser eine Marktplatz soll von DocMorris sein.

Um das Wachstum auch logistisch bewältigen zu können, baut DocMorris derzeit seine Lagerkapazitäten am holländischen Unternehmenssitz bei Heerlen kräftig aus. Nach mehreren Übernahmen anderer Versandapotheken in den zurückliegenden beiden Jahren sollen ab 2021 sämtliche Logistikaktivitäten an diesem einen Standort gebündelt werden. Die Kapazität soll dann von zehn- auf 30 Millionen Versandpakete pro Jahr steigen.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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5 Kommentare

Hasardeur mit Trittbrettfahrer auf E-Rezept ohne PZN ...

von Christian Timme am 28.06.2019 um 17:12 Uhr

Ob es Oberhänsli gelingt hier den „Ackermann“ zu machen ... darf bezweifelt werden. Im deutschen Gesundheitswesen sind schon etliche „Züge“ entgleist ... ob mit E- oder ohne ... mit den bekannten „Weichenstellern“ sind „Verspätungen“ noch das geringste Übel ... wir werden sehen ...

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Logistik

von dingeldangeldong am 28.06.2019 um 8:42 Uhr

"So hätten die Schweizer eine deutlich stärkere Position bei Logistik und Technologie."
Mwhahahahahaha *prust*

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AW: Logistik

von Roland Mückschel am 28.06.2019 um 8:53 Uhr

Ich bitte Sie um Mässigung.
Sie werden doch nicht den Analysten
widersprechen.
Von der Deutschen Bank.

Deutsche Bank und DocMorris

von Jochen Ebel am 28.06.2019 um 8:10 Uhr

Deutsche Bank und DocMorris - die passen zusammen. Mal gucken, ob die Deutsche Bank das noch erlebt oder bald auf Kosten des Steuerzahlers abgewickelt wird.

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!

von Anita Peter am 28.06.2019 um 8:10 Uhr

Spahn hat entschieden, den ausländischen Versendern einen Freifahrtschein zu erteilen, und die deutschen Vor Ort Apotheken am ausgestreckten Arm verhungern zu lassen. Von den versprochenen gleichlangen Spiessen wird einer immer kürzer und einer immer länger.

Rendite für ausländische Investoren vor flächendeckender vor Ort Versorgung in Deutschland.

Warum der Groll gegen die EU und die Abwanderung von CDU/SPD immer weiter zunimmt ist den Granden der Parteien bis dato immer noch ein Rätsel. Mir nicht.

Und die ABDA schaut tatenlos zu.

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