CHMP lehnt Osteoporose-Antikörper ab

Vorerst kein Romosozumab in der EU

Amsterdam / Stuttgart - 01.07.2019, 16:45 Uhr

Der CHMP bei der EMA erteilt dem neuen Sclerostin-Antikörper Romosozumab von Amgen und UCB keine Zulassungsempfehlung. Als Grund nennt der CHMP das kardiovaskuläre Risiko von Romosozumab (Evenitiy). ( r / Foto: Kateryna_Kon / stock.adobe.com)

Der CHMP bei der EMA erteilt dem neuen Sclerostin-Antikörper Romosozumab von Amgen und UCB keine Zulassungsempfehlung. Als Grund nennt der CHMP das kardiovaskuläre Risiko von Romosozumab (Evenitiy). ( r / Foto: Kateryna_Kon / stock.adobe.com)


Der Humanarzneimittelausschuss der EMA, CHMP, spricht sich gegen die EU-Zulassung von Romosozumab aus. Der Sclerostin-Antikörper zur Behandlung von Osteoporose senkte in den Studien FRAME und ARCH zwar die Frakturrate, jedoch hatten die mit Romosozumab behandelten Patienten ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko. Die FDA ließ Evenity erst im März 2019 zu – auch in den USA verlief die Zulassung nicht reibungslos.

Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA – respektive der dortige Ausschuss für Humanarzneimittel CHMP – empfiehlt, Romosozumab (Evenity®) in der EU nicht zuzulassen. Romosozumab sollte als einmal monatliche subkutane Injektion für ein Jahr angewendet werden.
Der CHMP begründet seine Entscheidung vom 28. Juni 2019 damit, dass die Ergebnisse der Romosozumab-Studien auf ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko unter dem Sclerostin-Antikörper hindeuten, wie Herzinfarkte oder Schlaganfälle. Zudem gab es bei über 75 Jahre alten Patienten mehr Todesfälle unter Romosozumab als in den Vergleichskollektiven. Nach Aussage des CHMP ist bislang unklar, warum Evenity® das kardiovaskuläre Risiko erhöht, auch gab es keine Patientengruppe, die ein geringeres kardiovaskuläres Risiko zeigte, weswegen auch Maßnahmen zur Risikominimierung nicht ohne weiteres ergriffen werden konnten. Der Ausschuss der EMA bestätigt zwar die positive Wirkung von Evenity® auf das Frakturrisiko bei Patienten mit schwerer Osteoporose, jedoch überwiegen nach Einschätzung des CHMP die kardiovaskulären Risiken diesen Nutzen, was bedeutet: Zulassungsempfehlung verweigert.

Hinweise auf das kardiovaskuläre Risiko von Romosozumab stehen schon seit einiger Zeit im Raum.

Auch der Marktzugang in den Vereinigten Staaten für den innovativen Osteoporose-Antikörper aus der gemeinsamen Forschungslinie von Amgen und UCB lief nicht reibungslos.

Romosozumab-Zulassung in den USA holprig

So ließ die FDA in den USA Romosozumab erst im April dieses Jahres zu. Nachdem Amgen und UCB die Zulassungsunterlagen zu Romosozumab eingereicht hatten, forderte die FDA bereits im Juli 2017 weitere Daten. Die Zulassungsunterlagen umfassten zunächst nur eine der drei Phase-III-Studien, FRAME (Fracture Study in Postmenopausal Women with Osteoporosis). Diese zeigte an 7.180 postmenopausalen Frauen mit Osteoporose, dass Romosozumab im Vergleich zu Placebo das relative Risiko einer neuen Wirbelfraktur um 73 Prozent senkte. Die Patientinnen erhielten Romosozumab (210 mg monatlich, subkutan) oder Placebo für zwölf Monate – gefolgt von Denosumab für weitere zwölf Monate. Jedoch machten Wirbelsäulenfrakturen nur einen geringen Anteil aller Frakturen aus. 85 Prozent der Knochenbrüche betrafen nicht die Wirbelsäule, und hier war der Unterschied mit nur 24 Prozent zugunsten von Romosozumab kleiner und nicht statistisch signifikant.

Höheres kardiovaskuläres Risiko unter Romosozumab

Die FDA forderte 2017 damals zusätzlich zu FRAME auch die Daten von zwei weiteren Studien ARCH (Active-Controlled Fracture Study in Postmenopausal Women with Osteoporosis at High Risk) und BRIDGE. ARCH war als direkte Vergleichsstudie von Romosozumab gegen das Bisphosphonat Alendronsäure konzipiert und umfasste 4.093 postmenopausale Frauen mit hohem Frakturrisiko. Head to head mit Alendronat überzeugte Romosozumab in ARCH auf den ersten Blick durchaus und schien die positiven Ergebnisse von FRAME zu bestätigen. Der Antikörper zeigte sich bei Wirbelkörper- und Hüftfrakturen dem Bisphosphonat überlegen. Die Patientinnen erhielten in dieser Phase-III-Studie entweder Romosozumab oder Alendronsäure in den ersten zwölf Monaten ihrer Osteoporosetherapie, gefolgt von einem weiteren Jahr, in dem alle Patientinnen Alendronsäure einnahmen. Romosozumab reduzierte das relative Risiko für vertebrale Frakturen um 48 Prozent (6,2 Prozent unter Romosozumab versus 11,9 Prozent unter Alendronsäure).

Romosozumab

Romosozumab verfolgt einen völlig neuen Therapieansatz bei Osteoporose. Der Antikörper richtet sich gegen Sclerostin, ein Protein das ausschließlich von Osteozyten gebildet und ein negativer Regulator der Knochenbildung ist: Es blockiert die knochenbildende (osteoanabole) Funktion der Osteoblasten. Bei Osteoporose überwiegt bekanntermaßen der Knochenabbau den Aufbau. Durch Blockade von Sclerostin mit Romosozumab soll der Knochenaufbau gefördert werden.

Allerdings förderte ARCH nicht nur weniger Frakturen an Hüfte und Rücken zutage, sondern auch Hinweise auf ein kardiotoxisches Potenzial von Romosozumab: Patientinnen mit Romosozumab erlitten häufiger ernsthafte kardiovaskuläre schwerwiegende Nebenwirkungen. In der 12-monatigen Behandlungsphase litten 50 Patienten (2,5 Prozent), die mit Evenity® behandelt wurden, an kardialen ischämsichen Ereignissen und zerebrovaskulären Ereignissen im Vergleich zu 38 Patienten (1,9 Prozent) unter einer reinen Alendronat-Behandlung.

Amgen und UCB können erneute Prüfung beantragen

Die pharmazeutischen Unternehmer haben nach Stellungnahme des CHMP nun 15 Tage Zeit, eine erneute Prüfung der Zulassungsantrages zu beantragen. Die EMA betont, dass ihre jetzige Entscheidung auf Patienten in aktuell laufenden Studien zu Romosozumab keinen Einfluss hat.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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