Österreich

Lieferengpässe: Apotheker fordern Frühwarnsystem 

Remagen - 08.07.2019, 14:30 Uhr

In Österreich wird derzeit vermehrt über Lieferengpässe bei Arzneimitteln diskutiert. Die Apothekerkammer hätte gerne ein Frühwarnsystem. (Foto: imago images / Eibner Europa)

In Österreich wird derzeit vermehrt über Lieferengpässe bei Arzneimitteln diskutiert. Die Apothekerkammer hätte gerne ein Frühwarnsystem. (Foto: imago images / Eibner Europa)


In Österreich kommt in diesen Tagen vermehrt Bewegung in das Thema Lieferengpässe. Die Apothekerkammer fordert ein Frühwarnsystem und liberalere gesetzliche Rahmenbedingungen, um das Problem besser händeln zu können.

Diverse Berichte in den Medien, wie der Nachrichten-Plattform der Tageszeitung „Kurier“, haben im Nachbarland Österreich heftige Diskussionen über die Ursachen, das Ausmaß und den Umgang mit Arzneimittel-Lieferengpässen losgetreten. Für besondere Empörung sorgt aktuell die Nichtverfügbarkeit von „Imurek“ und ähnlichen Produkten mit demselben Wirkstoff, die ein Abstoßen eines implantierten Organs im Körper verhindern sollen. Für Herz-, Nieren- oder Leber-transplantierte Patienten ist das Medikament lebensnotwendig

Bis zum Herbst sollen sie auf Nachschub warten müssen, ein unhaltbarer Zustand, über den sich vor allem Vertreter der Ärzteschaft öffentlich empören. Ähnlich problematisch sollen im Vorjahr die Produktionsverzögerungen des „EpiPen“ gewesen sein. Wespenallergiker brauchen diesen als lebensrettende Injektion.

Bis zu 50 Medikamente nicht lieferbar

Lieferschwierigkeiten bei Arzneimitteln seien längst keine Einzelfälle mehr, heißt es im „Kurier“. Die Zeitung verweist an dieser Stelle auf das digitale „Vertriebseinschränkungsregister“ auf der Webseite des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG). Dort können Zulassungsinhaber ihre Vertriebseinschränkungen seit dem 1. Februar 2018 melden. Seitdem haben sich dort mehr als hundert Einträge angesammelt. Rund 50 Arzneimittel sollen derzeit nicht lieferbar sein.

Ursachen liegen auf der Hand

Bei der Ursachenforschung sind sich die Beteiligten überwiegend einig. Laut Apothekerkammer und Patientenanwaltschaft reichen die Gründe für die Ausfälle und Verknappungen weit über Österreich hinaus. Der „Standard“ spricht von einer „komplexen Angelegenheit“, bei der Faktoren wie die Parallelimportproblematik, die Konzentration der Produktion vieler Wirkstoffe bei wenigen Herstellern, die mittlerweile hauptsächlich in China oder Indien sitzen, eine maßgebliche Rolle spielen. Bei Produktionsausfällen oder Rohstoffengpässen, seien die Auswirkungen direkt weltweit spürbar. Die Kritik der Ärzteschaft, dass der Medikamentenengpass ein hausgemachtes Problem sei, weil Österreich ein Billigpreisland sein soll, wiesen aus diesem Grund nicht nur das Gesundheitsministerium, sondern auch der Verband der pharmazeutischen Industrie „Pharmig“ zurück.

Apothekerkammer kritisiert die Gesundheitsbehörden

Die Präsidentin der österreichischen Apothekerkammer Ulrike Mursch Edlmayr kritisiert das zaghafte Handeln der zuständigen Stellen. „Von der Gesundheitsbehörde fordern wir die Etablierung eines zuverlässigen Frühwarnsystems, um rasch und flexibel auf drohende Medikamentenengpässe reagieren zu können“, so Mursch Edlmayr. „Die Behörden und die Gesetzgebung sind gefordert, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen.“ 

In einem Fernsehinterview versuchte die Kammerpräsidentin, die Öffentlichkeit zu beruhigen. In vielen Fällen von Lieferengpässen gebe es Alternativen, wenn ein konkretes Arzneimittel fehle. Außerdem seien die Apotheker durchaus in der Lage, Präparate im Notfall auch selbst als Rezeptur herzustellen, sofern der Wirkstoff verfügbar sei. „Wir sind ständig bemüht, individuelle Lösungen zu finden“, schildert Mursch-Edlmayr. „Jede Apotheke ist pro Woche mehr als zehn Stunden damit beschäftigt, solche Lieferengpässe auszugleichen. Die Apotheker wünschten sich aber ein bisschen mehr Liberalisierung, um die Probleme besser in den Griff zu kriegen.“

Taskforce plant Gesetz für Meldepflicht

Die Österreicher haben erst vor wenigen Wochen eine neue Task Force eingerichtet, die die Situation evaluieren und Lösungsansätze liefern soll. In die Arbeitsgruppe sind alle Player wie Behörden, Gesundheitseinrichtungen, Apotheker, Industrie und Patienten eingebunden. Hauptziele sind mehr Transparenz in der Distributionskette und eine Meldepflicht für fehlende Medikamente. Derzeit gilt diese nur bei mindestens vier Wochen Lieferverzug. Das soll in Zukunft mit Hilfe einer gesetzlichen Verschärfung strenger gehandhabt werden.

Außerdem wird über temporäre Export-Verbote nachgedacht, die durch das Gesundheitsministerium veranlasst werden könnten. Wann das neue Gesetz kommen könnte, ist allerdings noch unklar. Laut „Kurier“ rechnen Beteiligte der Task Force damit, dass erst die neue Regierung die Regelung auf den Weg bringen könnte.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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