Interview mit Dr. Peter Froese 

Wie könnte der Apothekenalltag mit dem E-Rezept aussehen?

Kiel - 19.08.2019, 17:45 Uhr

Peter Froese, Chef des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, im Gespräch mit DAZ.online über den Apothekenalltag mit dem E-Rezept. (Foto: DAZ)

Peter Froese, Chef des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, im Gespräch mit DAZ.online über den Apothekenalltag mit dem E-Rezept. (Foto: DAZ)


Ganz ohne Papier wird es nicht gehen

DAZ.online: Eines der meistgenannten Argumente für das E-Rezept ist die Vermeidung von Medienbrüchen. Wie wird dies den Alltag in den Apotheken verändern?

Froese: Die Erfahrung aus anderen Ländern zeigt, dass der vielbeschworene Medienbruch bei Lichte betrachtet auch künftig nicht zu vermeiden sein wird. Wegen der Haftung und der Nachvollziehbarkeit und für die Abwicklung der internen Prozesse mit körperlichen Waren wird das Papier nicht völlig verschwinden. Viele, die sich nicht vertieft mit dem Thema auseinandersetzen, tragen das Verhindern der Medienbrüche wie ein Mantra vor sich her. Man sollte aber nachdenken, ob das nicht eine pragmatische Lösung im Sinne der Menschen sogar verhindert. Ein konkretes Beispiel: Das „alte“ Papierrezept wird immer wieder als guter „Fall-Back“-Mechanismus gelobt. Soll heißen: Fällt die Telematik aus, bekommt der Patient ein Papierrezept. Aber: Woher bitteschön soll der Arzt ahnen, wann die Telematik ausfällt? Was ist, wenn sie nur auf Seiten der Apotheke ausfällt? Wird dann der Patient einfach nicht versorgt? Oder muss der Arzt bei der Ausstellung hellsehen können, ob dieser Fall eintritt? Vielleicht sogar nachts? Hier brauchen wir viel pragmatischere Überlegungen, um wirklich „rund um die Uhr“ wie jetzt versorgen zu können. Auch hier haben andere Länder Vorarbeit geleistet. Beispielsweise werden in Schottland elektronische Rezepte „dual“ transportiert, also einmal elektronisch und in einer Art „digitalen Quittung“ für den Patienten lesbar auf Papier. Das funktioniert prima.

DAZ.online: Wird das E-Rezept die Abrechnung vereinfachen?

Froese: Angesichts der komplexen Vorgänge in der Apothekenabrechnung wie Zahlungsmanagement, Inkassomanagement, Herstellerrabattinkasso, Apothekenabschlagsermittlung, Importquotenberechnung oder Teststreifenquoten werden noch lange die klassischen Abrechnungswege erhalten bleiben. Dazu kommen neue handfeste Anforderungen wie die sichere und zuverlässige Backup-Speicherung von Rezeptdatensätzen und vieles mehr. Die sollte man pragmatisch in den hochsicheren Rechenzentren durchführen und nicht dezentral in vielen tausend Apotheken. Zu den Kosten, zu denen Rechenzentren diese Dienstleistungen für Apotheken erbringen, werden die Apotheken sie so schnell nicht selbst erbringen können. Hier wird es aber im Laufe der Zeit Konzentrationsprozesse geben, da sind sich alle Experten einig.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Skepsis

von Torben Schreiner am 19.08.2019 um 23:02 Uhr

Wir hatten es die letzten Wochen leider hautnah erleben müssen, denn wir hatten ein paar stärkere Unwetter hier in der Nordpfalz. Alleine innerhalb des letzten Monats überstanden wir 2 längere Stromausfälle und heftige Überspannungsschäden. Im Notbetrieb kann man heute schon kaum mehr arbeiten, das müsste jeder, der in der "Praxis" lebt, wissen. Bis Telekom, Elektriker und Softwaregesellschaft entstrechend reagieren konnten, vergingen leider mehrere Tage, bis alles wieder einigermaßen geregelt lief!
Gäbe es heute schon die E Rezepte, hätte ich 3 bis 5 Tage lang die Apotheke schließen können, ebenso auch keinen Nachtdienst leisten können. Der Blitz schlug freitags am späteren Nachmittag ein, am gleichen Tag hatte ich noch Notdienst. Bedienerplätze, Checkpoint, Telefon, Router etc... alles hinüber. Die TELEKOM hat sofort ne Rufumleitung aufs Privathandy eingerichtet. Der Techniker kam Dienstags, die neuen Gerätschaften des Softwarehauses Mittwochs. Mehr sage ich zum Thema E-Rezept jetzt mal nicht.
Da kann ich uns künftig nur viel Spaß wünschen.

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E-Rezept

von Thomas Brackmann am 19.08.2019 um 21:45 Uhr

Geehrter Kollege Dr. Froese, ich danke Ihnen für die
Klarheit und Bestimmtheit Ihrer Aussagen, die Masstäbe
für die Abwicklung des E-Rp setzen könnten. Eine solche
Verwirklichung würde ich mir und uns wünschen.

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Es bleiben nur die Kosten sicher

von ratatosk am 19.08.2019 um 18:20 Uhr

Das mit der Menschlichkeit ist ja nett naiv, schwieriges wird uns dankend überlassen bleiben, das Brot und Buttergeschäft wird ans Großkapital gehen, sieht man ja überall schon. Der Kostenblock wird weiter steigen und weiter die normalen Apotheken strangulieren. Wenn mal ein größerer Internetausfall, warum auch immer, eintritt, kommt das gigantische Chaos. Nur Idioten können glauben, daß diese überkomplexe Struktur zuverlässig stabil sein könnte.

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