Niedersachsen

Gericht bestätigt Pflichtmitgliedschaft in Pflegekammer

Berlin - 26.08.2019, 15:14 Uhr

Pflegekräfte in Niedersachsen sind jetzt Pflichtmitglied der Pflegekammer. Nicht jeder versteht das. (Foto: WavebreakmediaMicro / stock.adobe.com)

Pflegekräfte in Niedersachsen sind jetzt Pflichtmitglied der Pflegekammer. Nicht jeder versteht das. (Foto: WavebreakmediaMicro / stock.adobe.com)


Auch Pflegekräfte sollen eine starke Interessenvertretung haben –  mit diesem Anliegen sind die ersten Pflegekammern in der Republik an den Start gegangen. Vor einem Jahr war es etwa in Niedersachsen so weit. Doch nicht jeder konnte sogleich die Vorzüge der neuen Pflichtmitgliedschaft erkennen. Die ersten Klagen ließen nicht lange auf sich warten. Nun hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in zwei Urteilen die Rechtmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft bestätigt. Auch Apotheker kennen derartige Auseinandersetzungen.

Die Pflichtmitgliedschaft in berufsständischen Kammern und ihre Folgen sind in verschiedenen Abwandlungen immer wieder ein Thema vor den bundesdeutschen Gerichten. Auch Pharmazeuten kämpfen zuweilen mit den Zwängen, die ihre Interessenvertretung ihnen abverlangt. Sogar manch eine Kammer oder ein Kammermitglied wünschte, sich der ABDA entledigen zu können.

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Während die Apotheker bereits viele Streitigkeiten ausgefochten haben, fangen andere verkammerte Berufe gerade erst damit an. Denn mittlerweile hat sich die Zahl der Berufskammern weiter vergrößert. So wurde in drei Bundesländern der Weg für Pflegekammern bereitet: In Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Diese neuen Kammern wollen für Pflegekräfte eintreten, ihre Arbeitssituation verbessern, für mehr Anerkennung sorgen und die Berufe weiterentwickeln.

In Niedersachsen waren Ende vergangenen Jahres allerdings einige der neuen Pflichtmitglieder sehr überrascht über ihre Beitragsbescheide – die Kammer besserte dann nach anhaltender Kritik ihre Beitragsordnung nach. Mitglieder, die weniger als 9.168 Euro pro Jahr verdienen, müssen nun gar keinen Beitrag zahlen.

Gericht: Weiter Einschätzungsspielraum

Eine Krankenschwester und eine Gesundheits- und Krankenpflegerin wollten es allerdings noch genauer wissen und gerichtlich feststellen lassen, dass sie nicht Mitglied der Pflegekammer Niedersachsen sind. Schon das Verwaltungsgericht Hannover wies in erster Instanz beide Klagen ab. Doch die Klägerinnen legten Berufung beim Oberverwaltungsgericht ein. Dort befasste man sich zum einen mit der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Pflichtmitgliedschaft nach dem niedersächsischen Kammergesetz für die Heilberufe in der Pflege. Zum anderen ging es um die Frage, ob die Tätigkeit im Aufnahmemanagement einer Klinik eine Berufsausübung im Sinne des Gesetzes ist. Ist also jemand mit pflegerischer Ausbildung, der jedoch Verwaltungsaufgaben ausführt, ebenfalls zwangsweise Kammermitglied?

Nun hat auch die Berufungsinstanz die beiden Klagen abgewiesen. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor. In einer Pressemeldung des Gerichts heißt es aber, der Gesetzgeber habe bei der Entscheidung, eine Pflegekammer einzurichten, einen sehr weiten Einschätzungsspielraum. Das Gericht prüfe nur, ob die Grenzen der Gesetzgebungsbefugnis eingehalten worden seien. Und bei dieser Prüfung kamen die Verwaltungsrichter zu dem Ergebnis: Das Land Niedersachsen hat seine Gesetzgebungskompetenz nicht überschritten. Den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Einführung einer Pflichtmitgliedschaft in einer Berufskammer sei Rechnung getragen worden. Die gesetzgeberische Einschätzung, dass die Förderung und Vertretung der Berufsinteressen und die berufliche Aufsicht durch die Pflegekammer in Selbstverwaltung einem legitimen öffentlichen Interesse diene, hält das Gericht für in Ordnung. Die Pflichtmitgliedschaft wahre auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Und die Belastung durch die Mitgliedschaft sei überdies nicht so schwerwiegend, dass der Gesetzgeber sie nicht anordnen dürfe. Das gelte auch für die Beitragspflicht an sich – wobei die Angemessenheit der Höhe des von der Pflegekammer festgesetzten Beitrags für die Frage, ob die Pflichtmitgliedschaft als solche rechtmäßig ist, keine Bedeutung hatte.

Was die Tätigkeit im Aufnahmemanagement einer Klinik angeht, hat das Gericht diese als Berufsausübung im Sinne des Pflegekammergesetzes angesehen. Denn die Klägerin könne bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihr nach der Stellenbeschreibung zugewiesen werden könnten, Kenntnisse aus der Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin einsetzen.

Die Präsidentin der Pflegekammer Niedersachsen, Sandra Mehmecke, freut sich über die Entscheidung: „Das Urteil ist richtungsweisend und stärkt die Profession Pflege. Die Pflegekammer ist angetreten, um die Situation aller beruflich Pflegenden zu verbessern“.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht hat das OVG nicht zugelassen.

Urteile des OVG Niedersachsen vom 22. August 2019, Az. 8 LC 116/18 und 8 LC 117/18



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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