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- 28.08.2019
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Gastkommentar
Gesundheitspolitik, nein danke – Wirtschaftspolitik, ja bitte!
Peter Altmaier ist ein Wirtschaftsminister alten Schlages. Er versteht sich als Lobbyist der deutschen Wirtschaft und gelegentlich seiner selbst. So gibt es schon mal Schlagzeilen wie am Wochenende „Die Saarland-Connection“. Jens Spahn dagegen gibt sich gerne als Macher. Die Süddeutsche Zeitung nannte ihn jüngst den Blitz-Heiler des deutschen Gesundheitssystems. Das kann man so sehen. Aber das grundlegende Problem ist, dass diese Regierung, wie viele davor, keine ernsthafte Gesundheitspolitik betreibt, sondern immer nur dem Primat/Diktat der Wirtschaftspolitik folgt, meint Dr. Franz Stadler.
Ein Musterbeispiel für diese These ist der Umgang mit dem ausufernden transnationalen Arzneimittelhandel. Mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) sollte unter anderem auf den „Lunapharm-Skandal“ reagiert werden. In der ersten öffentlichen Empörung über diesen Skandal, der zeigte, auf welchen dubiosen Wegen, unter teilweiser Nichteinhaltung der Lager- und Transportbedingungen mitunter gestohlene Ware in unseren regulären Arzneimittelhandel gelangen könnte, wurde über eine Abschaffung der Importquote diskutiert. Nicht wenige forderten sogar ein Verbot des gesamten Parallelimporthandels. So befürwortete unter anderem die Task Force, eine Gruppe namhafter Wissenschaftler, die vom Brandenburgischen Gesundheitsministerium zur Untersuchung des Lunapharm-Skandals eingesetzt worden waren, in ihrem Abschlussbericht ein Verbot des Parallelvertriebs von Arzneimitteln in der EU. Sie argumentierten dabei nicht nur mit der Arzneimittelsicherheit, mit einem deutlich erhöhten Risiko für die zu behandelnden Patienten, sondern auch mit moralisch-ethischen Gesichtspunkten. Aus ihrer Sicht werden durch diese Import-, Exporttätigkeit, dem abgebenden Land auch wichtige Arzneimittel vorenthalten und den dortigen Patienten so eine medizinisch begründete Behandlung unmöglich gemacht.
Irgendwie erinnern diese Formulierungen an die deutschen Lieferengpässe, deren Häufigkeit, auch wegen der durch die Rabattverträge stark gesunkenen Erstattungspreise, ständig zunimmt. Deutschland wird dadurch im transnationalen Arzneimittelhandel immer mehr zum Exportland.
Umsatzausweitung bei den Importeuren
Aber zurück zu den Importen und dem GSAV: Es gab Referentenentwürfe mit einer gestrichenen Importquote, Telefonate – unter anderem mit Bundesministern aus dem Saarland –, plötzlich (nach mehr als fünf Jahren ergebnislosem Verhandlungsmarathon) einen neuen Rahmenvertrag zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem DAV und am Schluss aller dieser Bemühungen – eine neue Importquote im verabschiedeten Gesetzentwurf. Sie wurde so verklausuliert formuliert, dass wahrscheinlich niemand bemerkte (oder bemerken wollte), dass diese Quote in der Konsequenz sogar zu einer Steigerung des Importanteils am Arzneimittelmarkt führen müsste. Profitorientierten Apothekern, die sich von den Importfirmen höhere Einkaufsrabatte versprechen, mitverdienenden Krankenkassenvertretern mit noch niedrigeren Arzneimittelausgaben und skrupellosen Lobbyisten, denen es nur um Umsatz- und Gewinnwachstum ihres Klientel geht, gelang es auf diese Wiese bereits im ersten Monat nach Inkrafttreten des neuen Rahmenvertrages (quasi in der Probezeit!), den Umsatz der Importindustrie zu steigern. Im Markt ist die Rede von gut 20 Prozent (Unterschied zwischen dem Durchschnitt der Monate August 2018 bis Juni 2019 und Juli 2019), einzelne Firmen sollen in der Spitze sogar Zuwächse bis zu fast 50 Prozent haben. Dagegen erklärte Kohlpharma gegenüber WDR, NDR und SZ, dass „die jetzige Regelung für die Importeure eine deutliche Verschlechterung ist“. Zugleich räumte Geschäftsführer Jörg Geller aber auch ein, dass die Neuerungen „wohl zu einer Umsatzausweitung führen“, weil sie so komplex seien, dass die Apotheker sie „wahrscheinlich übererfüllen“ werden. Man muss jetzt kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass nach Ablauf der Friedenspflicht (ab August 2019) die Prozentzahlen weiter steigen werden. Letztlich wurde das GSAV in diesem Punkt zu einem Konjunkturprogramm für die Importindustrie auf Kosten der Arzneimittelsicherheit!
Zufällig hat man dann bei der Schlusskorrektur des Gesetzentwurfes noch vergessen, dass Biologicals, die besonders transport- und temperaturempfindlich sind, gleich mit Inkrafttreten des GSAV aus der Berechnung der neuen Importquote ausgenommen werden sollten. Aber kein Problem – so das Bundesgesundheitsministerium – man wird diesen „redaktionellen Fehler“ so schnell wie möglich (bei einem der nächsten Gesetze) korrigieren. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Alle waren und sind zufrieden. Herr Altmaier muss nun zwar etwas Kritik an seiner Arbeit als oberster Lobbyist der Importfirmen durch die Medien aushalten, aber was ändert das schon? Herr Spahn gilt nach wie vor als durchsetzungsstark, die Regierung als voll handlungsfähig. Die Apotheker sind überwiegend zufrieden, schweigen, und die Importindustrie jubelt (intern, versteht sich).
Dabei bleibt die Arzneimittelsicherheit mal wieder auf der Strecke. Für die Öffentlichkeit reicht es, dem Gesetz einen klangvollen Namen zu geben, den Rest versteht ohnehin kaum mehr jemand. Der Zusammenhang mit den Lieferengpässen ist schwierig zu sehen und deshalb schnell abgestritten. Der eine Minister hat seinen Arbeitsnachweis, der andere für später was gut. Wen kümmern schon die Patienten? Wer braucht schon eine Gesundheitspolitik, die ihren Namen auch verdient? Hauptsache, unsere Wirtschafts- und Lobbypolitik funktioniert.
4 Kommentare
Unkenntnis
von Christian Schmitt am 28.08.2019 um 17:02 Uhr
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Importe
von Karl Friedrich Müller am 28.08.2019 um 10:59 Uhr
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So ist das ...
von Reinhard Herzog am 28.08.2019 um 10:06 Uhr
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Volle Zustimmung
von Landapotheker am 28.08.2019 um 9:24 Uhr
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